Lithium
Englisch: lithium
Definition
Lithium ist ein Alkalimetall, das in Form von Salzen (z.B. Lithiumcarbonat) unter anderem in der Pharmakotherapie psychischer Störungen eingesetzt wird.
Chemie
Lithium ist ein chemisches Element mit der Ordnungszahl 3 und der Atommasse 6,9 u. Es gehört zur Gruppe der Leichtmetalle.
Wirkmechanismus
Der Wirkmechanismus ist bisher nicht abschließend aufgeklärt. Es wird angenommen, dass Lithium die Natriumkanäle aktiviert. Dadurch kommt es zu einer Abflachung des Na+-Gradienten. Die Aufnahme von Serotonin und Noradrenalin wird damit beeinträchtigt. Lithium diffundiert durch Natriumkanäle nach intrazellulär und reichert sich dort an, die Kaliumkonzentration nimmt ab. Zusätzlich hemmt Lithium die Inositolmonophosphat-Phosphatase und beeinträchtigt dadurch PLC-PIP2-gekoppelte Rezeptorsysteme sowie den Inositolphosphatzyklus.
Pharmakokinetik
Lithium wird unverändert über die Nieren ausgeschieden. Die Ausscheidung wird durch eine hohe Aufnahme von Natrium und Wasser verstärkt. Die therapeutische Breite ist gering, deshalb sind regelmäßig Blutspiegelkontrollen notwendig. Therapeutische Spiegel liegen zwischen 0,5 und 1,2 mmol/l. Deutlich höhere Blutspiegel führen zur Lithiumintoxikation. Ab einer Blutkonzentration von 3 - 3,5 mmol/l besteht potentiell Lebensgefahr. Im Plasma ist Lithium nicht an Proteine gebunden.
Plasmaspiegelkontrollen sollten zunächst wöchentlich, nach einem Monat monatlich, ab dem 6. Monat der Therapie dreimonatlich durch Blutabnahmen 12 Stunden (± 0,5 h) nach Einnahme der letzten Dosis erfolgen. Die biologische Halbwertszeit beträgt etwa 24 Stunden.
Indikationen
- Akutbehandlung der Manie
- Prophylaxe manisch-depressiver und unipolar verlaufender affektiver Psychosen
- Augmentation bei therapieresistenten Depressionen und als Rezidivprophylaxe bei chronischer Suizidalität
- Cluster-Kopfschmerzen
Unter der Langzeittherapie mit Lithium wurden zudem positive Langzeiteffekte beobachtet. Es wirkt antiviral und antidementiv.[1]
Nebenwirkungen
- Übelkeit
- Diarrhoe
- Gedächtnisstörung
- Feinschlägiger Tremor der Hände (Therapie mit nicht-kardioselektiven ß-Antagonisten z.B. Propranolol)
- Muskelschwäche und Müdigkeit
- Sinusbradykardie
- Euthyreote Struma (Lithium hemmt die Thyroxin-Freisetzung aus der Schilddrüse)
- Gewichtszunahme (häufigste Ursache für Therapieabbruch)
- Selten Gesichts- und Knöchelödeme
- Lithium-Akne
Nach jahrzehntelanger Einnahme kann es zu einer Lithium-Nephropathie kommen, die sich als nephrogener Diabetes insipidus mit Polyurie und Polydipsie manifestiert.
Wechselwirkungen
Wechselwirkungen betreffen vor allem Medikamente, welche die renale Lithium-Clearance beeinflussen und somit zu einer Erhöhung oder Verringerung der Lithiumkonzentration im Serum führen.
Medikamente, welche die Lithiumkonzentration erhöhen, sind u.a.:
- Diuretika (Thiazide, Spironolacton, Amiloride)
- ACE-Hemmer und Angiotensinrezeptorblocker
- Kalziumkanalblocker: erhöhen Lithiumtoxizität (Ausnahmen sind Nifedipin und Isradipin)
- NSAR: erhöhen die Reabsorption von Lithium (Ausnahme Acetylsalicylsäure)
Bei einer Hyponatriämie steigt der Lithiumspiegel durch vermehrte renale Resorption an, das Risiko einer Intoxikation ist erhöht.
Substanzen, welche die Lithiumausscheidung erhöhen, sind u.a.:
- Osmodiuretika (Mannitol)
- Carboanhydrasehemmer
- Natriumbikarbonat
- Nifedipin und Isradipin
- Theophyllin und Koffein
Kontraindikationen
- Akute oder schwere Nierenfunktionsstörung
- Akuter Myokardinfarkt
- Elektrolytstörungen, besonders schwere Hyponatriämie
- Hypersensitivitätssyndrom
Lithium ist teratogen. Es führt bei Einnahme während der Schwangerschaft zur Ebstein-Anomalie beim Neugeborenen. Darunter versteht man eine Fehlbildung des septalen und häufig auch des posterioren Segels der Trikuspidalklappe sowie die Verlagerung beider zur Herzspitze.
Labormedizin
Material
Für die Untersuchung wird 1 ml Serum benötigt.
Referenzbereiche
- antimanische Wirkung: 1,0 bis 1,2 mmol/l
- rezidivprophylaktische Wirkung: 0,6 bis 0,8 mmol/l
Hinweise
Lithium sollte in Retardform mit der Hauptdosis abends verabreicht werden. Eine abendliche Einmalgabe ist möglich, damit nebenwirkungsträchtige Plasmakonzentrationsspitzen vom Patienten "verschlafen" werden. Die tägliche Tabletteneinnahme richtet sich nach der Lithiumserumkonzentration. Grundsätzlich führt eine Verdopplung der Dosis zur Verdopplung der Lithiumkonzentration. Nach einer Woche sind Steady-state-Bedingungen erreicht. Bei älteren Patienten können niedrigere Dosen notwendig sein, da eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber neurotoxischen Wirkungen bekannt ist.
Geschichte
Lithium und Lithiumsalze (insbesondere Lithiumcarbonat und Lithiumcitrat) standen in den 1930er Jahren im Mittelpunkt der psychiatrischen Forschung zu Depressionen. Lithiumcarbonat wurde 1939 von der Firma Solvay zur Behandlung von Depressionen und Schizophrenie eingeführt. Im Jahr 2002 brachte die Firma Glaxo Lithiumcarbonat für die Behandlung der Manie auf den Markt.
ATC-Codes
- D11AX04 - Dermatika - Lithiumsuccinat
- N05AN01 - Psycholeptika - Antipsychotika - Lithium
Quellen
- ↑ Ferensztajn-Rochowiak E, Rybakowski JK. Long-Term Lithium Therapy: Side Effects and Interactions. Pharmaceuticals (Basel). 2023 Jan 3;16(1):74.
Weblinks
[1] - Lithium Wikipedia
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