Cluster-Kopfschmerz
von englisch: cluster - Gruppe, Häufung
Synonym: Bing-Horton-Syndrom, Horton-Syndrom, Erythroprosopalgie
Englisch: cluster headache
Definition
Der Cluster-Kopfschmerz ist ein Kopfschmerz, der durch sehr starke, anfallsartige und konstant einseitig auftretende Kopfschmerzattacken gekennzeichnet ist. Die Kopfschmerzattacken treten periodisch stark gehäuft im Wechsel mit beschwerdefreien Intervallen unterschiedlicher Länge auf.
- ICD10-Code: G44.0
Hintergrund
Der Cluster-Kopfschmerz gehört zur Gruppe der trigemino-autonomen Kopfschmerzerkrankungen (TAK) (Headache Classification Committee der International Headache Society 2004), zu der auch die paroxysmale Hemikranie und das SUNCT-Syndrom gehören. Diese unterscheiden sich in Dauer, Frequenz, Rhythmik und Intensität der Schmerzattacken.
Ätiologie
Die Ätiologie ist derzeit (2024) noch unklar. Das Auftreten und die Häufigkeit der Schmerzattacken werden scheinbar durch tages- und jahreszeitliche Einflüsse beeinflusst. Aufgrund dieses Phänomens und der Ergebnisse bildgebender Verfahren (PET) werden die auslösenden neuronalen Vorgänge in den chronobiologischen Steuerungszentren des Hypothalamus angesiedelt.
Der Genuss von Alkohol, Nikotin und die Gabe von Nitroglycerin können einen Anfall provozieren. Darüber hinaus sind viele weitere mögliche Auslöser ("Trigger") des Cluster-Kopfschmerzes bekannt. Die Reaktion auf diese Auslöser ist individuell sehr unterschiedlich. Eine umfangreiche Liste findet sich unter "Kopfschmerz-Trigger".
Epidemiologie
Der Cluster-Kopfschmerz ist eine seltene Erkrankung, die bevorzugt Männer zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr betrifft. Das Verhältnis von erkrankten Männern zu erkrankten Frauen beträgt 3:1.
Symptomatik
Der Cluster-Kopfschmerz ist einseitig frontotemporal lokalisiert - mit einer maximalen Schmerzprojektion auf den Raum hinter der Orbita - und sehr stark. Die Attacken können bis zu 8-mal täglich auftreten und dauern dann jeweils zwischen 15 Minuten und 3 Stunden. Typischerweise treten die Beschwerden nachts oder in den frühen Morgenstunden auf. Häufig ist auch ein wiederkehrendes Auftreten zu einer bestimmten Zeit.
Betroffene Patienten erwachen beim Einsetzen der Schmerzen aus dem Schlaf und verspüren den Schmerz sehr intensiv und qualvoll. Der Schmerz setzt oft einen starken Bewegungsdrang während der Attacken in Gang.
Während der Kopfschmerzphasen treten auf der gleichen Seite ("ipsilateral") charakteristische vegetative Begleitsymptome auf, die diagnostisch wegweisend sind:
- verstärkte Gefäßzeichnung der Konjunktiva
- verstärkter Tränenfluss (Lakrimation)
- Horner-Syndrom
- Anschwellen der Nasenschleimhaut, Rhinorrhö
- Hyperhidrosis im Gesicht (betont an der Stirn)
- Lidödem
Die Mehrzahl der Krankheitsfälle verläuft episodisch (zeitliche "Cluster"), d.h. über Wochen bis Monate hinweg treten Anfälle regelmäßig (täglich) auf, gefolgt von einem Monate bis Jahre andauernden beschwerdefreien Intervall. Bleiben nennenswerte beschwerdefreie Intervalle aus, liegt ein chronischer Cluster-Kopfschmerz vor.
Diagnostik
Die Diagnose stützt sich auf Anamnese (Schilderung der Attacke? Provozierbarkeit?) und nach Möglichkeit auf direkte Beobachtung des Anfallsgeschehens. Ein Anfall kann durch Anwendung von Nitroglycerin (z.B. sublingual) provoziert werden, eine Provokation ist jedoch im besten Fall bei der Hälfte der Patienten erfolgreich.
Therapie
Im Anfall hat sich die Gabe von 100%igem Sauerstoff (8-15 l/min für 15 Minuten) über eine Hochkonzentrationsmaske bewährt. Eine schwere COPD stellt eine Kontraindikation für diese Therapie dar. Die Benutzung einer Nasensonde wurde bei Cluster-Patienten als wirkungslos beschrieben, da die benötigte Durchflussmenge nicht erreicht wird. Alternativ kann ein Lokalanästhetikum (z.B. Lidocain) als Nasenspray angewendet werden.
Zur Kupierung des Anfalls wird auch Sumatriptan oder Zolmitriptan eingesetzt. Diese Substanzen sollten subkutan oder nasal appliziert werden, da die Wirkung bei oraler Medikation zu spät eintritt.
Während der Episoden oder bei der chronischen Verlaufsform ist eine Prophylaxe mit Verapamil und/oder Kortikoiden indiziert. Falls diese nicht wirksam sind, kommen als Mittel der zweiten Wahl Lithium, Methysergid oder Topiramat infrage. Andere vorbeugende therapeutische Optionen sind Melatonin, lange wirksame Triptane (z.B. Naratriptan und Frovatriptan), Valproinsäure, Dihydroergotamin (DHE) i.v. oder Pizotifen. Wenn eine Substanz allein nicht wirkt, sollte unter ärztlicher Kontrolle eine Kombination ausgetestet werden.
Hilfe verspricht eine Behandlungsmethode mit dem Namen SPG-Stimulationstherapie. Hierbei wird ein etwa mandelgroßer Neurostimulator von oral durch die Mundschleimhaut hindurch in unmittelbare Nachbarschaft des Ganglion sphenopalatinum implantiert. Obwohl die Entstehung des Cluster-Kopfschmerzes bisher unbekannt ist, weiß man, dass alle Schmerzreize über diesen Nervenknoten weitergeleitet werden. Der Patient kann mittels einer Fernbedienung, die er sich an den hinteren Teil des Wangenknochens hält, das Gerät aktivieren. Dieses sendet elektrische Impulse an das Ganglion und reizt dieses. Folgt dann eine Cluster-Attacke, sind die Nerven von den vorherigen elektrischen Impulsen überreizt und vermitteln die Schmerzreize vorerst nicht weiter.
Weblinks
Auf dem Themen-Board Cluster-Kopfschmerz Wissen finden sich weiterführende Videos und Informationen zum Thema.