Chronobiologie
Definition
Die Chronobiologie befasst sich mit der zeitlichen Organisation von biologischen Systemen. Sie untersucht Regelmäßigkeiten und rhythmisch wiederkehrende Faktoren in der Lebensweise von Individuen. Das zugehörige Adjektiv lautet chronobiologisch.
Hintergrund
Die Chronobiologie legt ein besonderes Augenmerk auf physiologische Vorgänge und regelmäßig zu einer bestimmten Zeit auftretende Verhaltensmuster von Organismen. Sie stellt 3 elementare Fragestellungen in den Mittelpunkt ihrer Untersuchungen:
- die Frage nach dem Vorhandensein von verschiedenen biologischen Rhythmen und ihre Auswirkungen auf sämtliche biologische Abläufe in der Natur
- die Frage nach dem Taktgeber dieser Rhythmen: Ist er endogen lokalisiert, d. h. wird der Rhythmus z. B. durch Hormone beeinflusst?
- die Frage nach der Existenz von exogenen Faktoren, die die biologische Rhythmik der Lebewesen beeinflussen (Umweltfaktoren)
Arten von biologischen Rhythmen
- Zirkadiane Rhythmen: Rhythmen, die sich über 24 Stunden ziehen. Hier wäre als Beispiel der Schlaf-Wach-Rhythmus beim Menschen zu nennen. Ein weiteres Beispiel wären die Blattbewegungen bei Pflanzen.
- Infradiane Rhythmen: Hier unterscheidet man zunächst zwischen circannualen, semilunaren und circalunaren Rhythmen. Ein circannualer Rhythmus erstreckt sich über ein gesamtes Jahr und ist demnach eine Art saisonaler Rhythmus. Hierzu gehören z.B. der Winterschlaf, die Brunftzeit oder der Vogelzug. Der semilunare Rhythmus orientiert sich an dem Gezeitenrhythmus und spielt eine besondere Rolle für Fische und deren Laichgewohnheiten. Er dauert rund 14,25 Tage und liegt in der Regel zwischen zwei Springfluten. Der circalunarer Rhythmus folgt immer einem gesamten Mondzyklus, dauert also 28,5 Tage. Dieser Rhythmus entspricht z.B. dem weiblichen Zyklus.
- Ultradiane Rhythmen: Hierbei handelt es sich um biologische Rhythmen, die kürzer als 24 Stunden dauern. Beispiele sind hier die Fresszyklen bei Feldmäusen, die Freisetzung von Hormonen der Hypophyse oder der Schlafzyklus eines Erwachsenen.
- Zirkatidale Rhythmen: Sie dauern etwa 12,5 Stunden und orientieren sich an Ebbe und Flut. Sie sind für die Bewohner des Wattenmeeres von großer Bedeutung.
Die für den Menschen und seine Physiologie wichtigste Rhythmik ist die zirkadiane Rhythmik; aus diesem Grund ist diese auch chronobiologisch am besten erforscht.
Anwendung
Die moderne Chronobiologie arbeitet auf vielen verschiedenen Disziplinen, um die zeitlichen Regelmäßigkeiten in lebenden Systemen von allen Seiten genauestens erforschen und analysieren zu können. Neben der Viehzucht stellt die Chronobiologie auch im humanmedizinischen Bereich eine sehr wichtige Hilfswissenschaft dar, insbesondere im sozial-medizinischen Sektor. Hier geht es um die Untersuchung der Auswirkungen von Schichtarbeit, der Einnahme bestimmter, die Rhythmik beeinflussenden Psychopharmaka oder die Folgen von psychiatrischen Krankheitsbildern auf die circadiane Rhythmik.
Nutzen für den Menschen
- der moderne Lebensstil weicht immer mehr von der ursprünglichen biologischen Uhr ab
- viele Menschen leiden unter Lichtmangel
- die Schichtarbeit nimmt immer mehr zu
- sehr häufige Reisen durch verschiedene Zeitzonen bringen die circadiane Rhythmik ebenfalls durcheinander
Alle diese Faktoren begünstigen das Auftreten von Erkrankungen wie Depressionen oder sonstige psychiatrische Störungen. Aus diesem Grund ist es sehr wichtig, dass auf dem Gebiet der Chronobiologie Forschungen angestellt werden, die helfen können, das immer mehr von der natürlichen Rhythmik abweichende Leben besser meistern zu können.