Kardiorenales Syndrom
Abkürzung: KRS
Englisch: cardiorenal syndrome (CRS)
Definition
Das kardiorenale Syndrom, kurz KRS, bezeichnet das gleichzeitige Erscheinen einer Herz- und Niereninsuffizienz, wobei die Funktionseinschränkung des einen Organs die Funktion des anderen Organs in Mitleidenschaft zieht.
Einteilung
Das kardiorenale Syndrom lässt sich nach Ronco in fünf verschiedene Typen einteilen.[1]
| Typ | Grunderkrankung | Folgeerkrankung |
|---|---|---|
| Typ 1: akutes kardiorenales Syndrom | akute kardiale Dysfunktion | akute Niereninsuffizienz |
| Typ 2: chronisches kardiorenales Syndrom | chronische Herzinsuffizienz | chronische Niereninsuffizienz |
| Typ 3: akutes renokardiales Syndrom | akutes Nierenversagen | akute Herzinsuffizienz |
| Typ 4: chronisches renokardiales Syndrom | chronische Niereninsuffizienz | chronische Herzinsuffizienz |
| Typ 5: sekundäres kardiorenales Syndrom | systemische Erkrankung | Herz- und Niereninsuffizienz |
Epidemiologie
Sowohl Herzinsuffizienz als auch Niereninsuffizienz weisen eine hohe Prävalenz auf und treten insbesondere im höheren Lebensalter häufig gemeinsam auf. In Deutschland liegt die Prävalenz der Herzinsuffizienz bei 4,7 %, mit einem deutlichen Anstieg bis auf rund 24 % in der Altersgruppe der 80- bis 84-Jährigen. Die weltweite Prävalenz chronischer Nierenerkrankungen wird auf 9–11 % geschätzt. Etwa die Hälfte der Patienten mit Herzinsuffizienz weisen auch eine chronische Niereninsuffizienz auf. Eine eingeschränkte glomeruläre Filtrationsrate gilt als starker unabhängiger Prognosefaktor bei Herzinsuffizienz; die kardiovaskuläre Mortalität steigt mit abnehmender Nierenfunktion deutlich an.[2]
Pathogenese
Die Pathophysiologie des kardiorenalen Syndroms beruht auf komplexen Wechselwirkungen zwischen Herz und Niere, die über verschiedene Mechanismen vermittelt werden. Hämodynamisch führt eine verminderte Herzleistung zu einer reduzierten Nierenperfusion, was die Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS), eine Volumenretention und venöse Stauung nach sich zieht. Erhöhte zentrale Venendrücke und ein gesteigerter intraabdomineller Druck begünstigen zusätzlich eine renale venöse Hypertonie und damit eine Durchblutungsstörung der Niere.
Neuroendokrin wird dieser Prozess durch die kombinierte Aktivierung des RAAS, die Stimulation des sympathischen Nervensystems und die Freisetzung des antidiuretischen Hormons (ADH) verstärkt, wodurch Natrium und Wasser vermehrt rückresorbiert werden und die kardiale Belastung weiter zunimmt.
Darüber hinaus spielen Entzündungsprozesse eine wesentliche Rolle: Proinflammatorische Zytokine wie TNF-α und Interleukine (IL-1, IL-6) fördern strukturelle und funktionelle Schäden an Herz und Niere. Chronische Inflammation und oxidativer Stress tragen zur Entwicklung von Myokardfibrose, renaler Schädigung und Endotheldysfunktion bei.
Diagnostik
Die Diagnose des kardiorenalen Syndroms orientiert sich an den standardisierten Kriterien für Herz- und Nierenerkrankungen. Für die Herzinsuffizienz gelten die Kriterien der NYHA-Klassifikation bzw. die Einteilung der American Heart Association (AHA). Eine akute Niereninsuffizienz wird anhand der KDIGO-Kriterien, eine chronische Niereninsuffizienz anhand der CGA-Klassifizierung eingestuft.
Biomarker
- Herz: Troponine (cTn), BNP und NT-proBNP gehören zu den verlässlichen Markern für Myokardschädigung, Herzhypertrophie und Prognose
- Niere: Kreatinin und Cystatin C liefern Informationen zur glomerulären Filtration. Eine Albuminurie weist auf glomeruläre Schäden hin. Tubuläre Nierenschäden können mit Biomarkern wie NGAL, KIM-1 und IL-18 frühzeitig detektiert werden
Bildgebung
Die Echokardiographie dient zur Beurteilung der kardialen Funktion, der Füllungsparameter und des Volumenstatus. Renale Ultraschall- bzw. Doppleruntersuchungen sind hilfreich, um venöse Flussmuster zu analysieren sowie renale Stauung und perfusionsbedingte Einschränkungen zu erkennen. Ergänzend kann die kardiale Magnetresonanztomographie Myokardfibrose und strukturelle Veränderungen darstellen.
Ein Pulmonalarterienkatheter kann bei schwer behandelbaren Patienten mit kardiorenalem Syndrom sinnvoll sein, um Volumenüberladung, rechtsventrikuläre Funktionsstörungen und hämodynamische Druckverhältnisse präzise zu erfassen. Studien zeigen bislang (2025) jedoch keinen generellen Überlebensvorteil durch den routinemäßigen Einsatz.
Therapie
Die Behandlung zielt vorrangig auf die Vermeidung weiterer Hospitalisierungen durch konsequente Kontrolle der Hypervolämie ab. Trotz eingeschränkter Evidenz bei schwerer Niereninsuffizienz sollte die leitliniengerechte Herzinsuffizienztherapie (nach ESC und KDIGO) fortgeführt werden. Bei persistierender Volumenüberlastung kann eine Dialyse notwendig werden.[2]
Diuretikatherapie
Die Diuretikatherapie ist zentral, aber schwierig zu steuern: Zu hohe Dosen verbessern die Symptomatik nicht, zu niedrige begünstigen Rehospitalisierungen. Torasemid wird wegen besserer Bioverfügbarkeit Furosemid vorgezogen. Bei unzureichender Wirkung kann eine Kombination mit einem Thiaziddiuretikum erfolgen. Eine engmaschige Überwachung der Elektrolyte ist erforderlich.
RAAS-Hemmung
Die Inhibition des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems mit ACE-Hemmern oder Angiotensinrezeptorblockern bleibt eine Basistherapie, auch bei eingeschränkter GFR. Ein Absetzen erhöht die Mortalität und sollte vermieden werden. Mineralokortikoidrezeptor-Antagonisten (Spironolacton, Eplerenon, Finerenon) verbessern die Prognose, erfordern jedoch eine sorgfältige Kontrolle des Kaliumspiegels.
Angiotensinrezeptor-Neprilysin-Inhibitor (ARNI)
Sacubitril/Valsartan reduziert bei HFrEF kardiale und teilweise auch renale Ereignisse. Der Therapiebeginn sollte erst nach hämodynamischer Stabilisierung erfolgen.
SGLT-2-Inhibitoren
SGLT-2-Inhibitoren (z.B. Empagliflozin, Dapagliflozin) wirken kardioprotektiv, nephroprotektiv und fördern die Natriurese. Sie sind integraler Bestandteil der Herz- und Niereninsuffizienztherapie und können mit ARNI kombiniert werden.
Literatur
- "Nephrologie: Pathophysiologie - Klinik - Nierenersatzverfahren" - Ulrich Kuhlmann, Joachim Böhler et. al., Thieme-Verlag, 6. Auflage
Quellen
- ↑ Ronco et al. Cardiorenal Syndrome. J Am Coll Cardiol; 2008
- ↑ 2,0 2,1 Schwenger, Remppis (DGIM): Kardiorenales Syndrom. SpringerMedizin, e.Medpedia, 2023. Zuletzt abgerufen am 27.10.2025