Finerenon
Synonym: BAY-94-8862
Handelsname: Kerendia®
Englisch: finerenone
Definition
Finerenon ist ein nicht-steroidaler Aldosteronantagonist, der zur Behandlung einer chronischen Nierenerkrankung in Verbindung mit Diabetes mellitus Typ 2 bei Erwachsenen zugelassen ist.
Chemie
Finerenon hat als Grundgerüst eine Dihydropyridin-Struktur, ähnlich wie bei L-Typ-Calciumkanalblockern des Nifedipin-Typs. Somit unterscheidet es sich strukturell von anderen Aldosteronantagonisten wie Eplerenon und Spironolacton, die ein Steroidgerüst aufweisen.
Die Summenformel von Finerenon lautet C12H22N4O3; die molare Masse beträgt 378,4 g/mol.[1]
Wirkmechanismus
Finerenon blockiert den Mineralkortikoidrezeptor und hemmt somit die Wirkung des Hormons Aldosteron. Die Expression der ROMK-Kanäle und der ENaC-Kanäle in der Niere wird reduziert, was zu einer verringerten Rückresorption von Natriumionen und zu einer erhöhten Diurese führt. Die verminderte Natriumresorption zieht eine geringere Kaliumsekretion nach sich, sodass Finerenon zu den kaliumsparenden Diuretika zählt. Die resultierende Senkung der Vorlast des Herzens ist vorteilhaft für Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz. Des Weiteren weist Finerenon eine nephroprotektive Wirkung auf, da es u. a. die Expression von pro-inflammatorischen und pro-fibrotischen Mediatoren reduziert.
In vitro bindet Finerenon im Vergleich zu Spironolacton spezifischer und im Vergleich zu Eplerenon mit einer höheren Affinität an den Mineralokortikoidrezeptor.[2] Dadurch sollen Nebenwirkungen, die durch Bindung an andere Steroidrezeptoren entstehen (Gynäkomastie, Libidoverlust, Impotenz) reduziert werden.
Pharmakokinetik
Die Bioverfügbarkeit von Finerenon beträgt 43,5 %.[3] Es hat eine Plasmahalbwertszeit von ca. 2 Stunden, jedoch eine lange Wirkdauer aufgrund einer Distribution ins kardiale und renale Gewebe.
Indikationen
- Behandlung von chronischen Nierenerkrankungen (Stadium 3 und 4 mit Albuminurie) in Verbindung mit Diabetes mellitus Typ 2 bei Erwachsenen.
Dosierung
Nebenwirkungen
Häufige (≥ 1/100, < 1/10) oder sehr häufige (≥ 1/10) Nebenwirkungen von Finerenon sind:
- Hyperkaliämie
- Hyponatriämie
- verringerte GFR
- Hypotonie
- Pruritus
Wechselwirkungen
Finerenon wird via CYP3A4 (90 %) und CYP2C8 (10 %) metabolisiert. Die gleichzeitige Anwendung von Arzneistoffen, die ebenfalls über CYP3A4 verstoffwechselt werden, führt zu Wechselwirkungen:
- Die gleichzeitige Anwendung starker CYP3A4-Inhibitoren ist kontraindiziert. Schwache und moderate CYP3A4-Inhibitoren sollten mit Vorsicht eingesetzt werden.
- Die gleichzeitige Einnahme starker oder moderater CYP3A4-Induktoren wird nicht empfohlen, ebensowenig die Einnahme von Arzneistoffen, die das Serumkalium erhöhen, z.B. von kaliumsparenden Diuretika (Amilorid, Triamteren) oder Mineralkortikoid-Rezeptorantagonisten (MRA), wie Eplerenon, Esaxerenon, Spironolacton und Canrenon.
- Der gleichzeitige Verzehr von Grapefruitsaft sollte eingestellt werden.
- Parallel eingenommene Antihypertensiva verstärken das Risiko eines Blutdruckabfalls.
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen sonstigen Bestandteil
- Gleichzeitige Behandlung mit starken CYP3A4-Inhibitoren, z.B. Itraconazol, Ketoconazol, Ritonavir, Nelfinavir, Cobicistat, Clarithromycin, Telithromycin oder Nefazodon
- Morbus Addison
- Schwangerschaft (Reproduktionstoxizität)
Klinische Studien
In der kleinen Phase-II-Studie ARTS-HF wurde Finerenon gegen Eplerenon bei herzinsuffizienten Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 und/oder chronischer Nierenerkrankung untersucht. Dabei zeigte sich bei kein Unterschied im primären Endpunkt (Abfall von NT-proBNP um mindestens 30 %). Der sekundäre Endpunkt (Kombination aus Tod, Krankenhausaufnahme oder Notfallbehandlung wegen Herzinsuffizienz) war bei Finerenon um 44 % niedriger als unter Eplerenon.[5]
Darüber hinaus wurden zwei Phase-III-Studien durchgeführt:
- FIDELIO-DKD: Beurteilung der Sicherheit und Wirkung von Finerenon zusätzlich zur Standardtherapie auf die Progression der Nierenerkrankung bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 und Nephropathie bzw. Proteinurie[6]
- FIGARO-DKD: Einfluss von Finerenon auf das kardiovaskuläre Risiko bei Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 und chronischer Nierenerkrankung[7]
Zulassung
Finerenon ist seit Februar 2022 in der EU zugelassen.
Literatur
- Ruilope LM, Tamargo J Renin–angiotensin system blockade: Finerenone, Néphrologie & Thérapeutique, Volume 13, Supplement 1, April 2017, Pages S47-S53, abgerufen am 23.04.2020
- Bakris GL et al. Effect of Finerenone on Albuminuria in Patients With Diabetic Nephropathy: A Randomized Clinical Trial, JAMA. 2015;314(9):884–894, abgerufen am 23.04.2020
- Fachinformation Kerendia, abgerufen am 21.10.2022
Quellen
- ↑ Pubchem-Datenbank Finerenon, abgerufen am 23.04.2020
- ↑ Dirk Einecke Neuer Mineralkortikoid-Rezeptor-Antagonist qualifiziert sich für Phase-III-Studien, Kardiologie.org, abgerufen am 23.04.2020
- ↑ Heinig R. Pharmacokinetics of the Novel, Selective, Non-steroidal Mineralocorticoid Receptor Antagonist Finerenone in Healthy Volunteers: Results from an Absolute Bioavailability Study and Drug-Drug Interaction Studies In Vitro and In Vivo, Eur J Drug Metab Pharmacokinet. 2018 Dec;43(6):715-727, abgerufen am 23.04.2020
- ↑ Hui Pei et al. The use of a novel non-steroidal mineralcorticoid receptor Antagonist Finerenone for the Treatment of chronic heart failure. A systematic review and meta-Analysis, Medicine (Baltimore) 2018 Apr; 97(16): e0254, abgerufen am 23.04.2020
- ↑ Filippatos G et al. A randomized controlled study of finerenone vs. eplerenone in patients with worsening chronic heart failure and diabetes mellitus and/or chronic kidney disease, Eur Heart J. 2016 Jul 14;37(27):2105-14, abgerufen am 23.04.2020
- ↑ clinicaltrials.gov Efficacy and Safety of Finerenone in Subjects With Type 2 Diabetes Mellitus and Diabetic Kidney Disease (FIDELIO-DKD), abgerufen am 23.04.2020
- ↑ clinicaltrials.gov Efficacy and Safety of Finerenone in Subjects With Type 2 Diabetes Mellitus and the Clinical Diagnosis of Diabetic Kidney Disease (FIGARO-DKD), abgerufen am 23.04.2020