Antidiuretisches Hormon
Synonyme: ADH, AVP, Adiuretin, Vasopressin, Arginin-Vasopressin
Englisch: antidiuretic hormone(ADH), vasopressin
Definition
Das antidiuretische Hormon ist ein Nonapeptid mit einer Disulfidbrücke und wirkt als Effektorhormon des Hypothalamus zur Regulation des Wasserhaushalts.
Physiologie
ADH wird überwiegend im Nucleus supraopticus, in geringen Mengen auch im Nucleus paraventricularis translatiert – zusammen mit Neurophysin II von derselben mRNA. Das Hormon wird an sein Neurophysin gebunden, über den Tractus supraopticohypophysialis zum Hypophysenhinterlappen transportiert, dort gespalten und in die Blutbahn abgegeben (glanduläres Hormon). Die ADH-Ausschüttung wird im Rahmen des osmoregulatorischen Systems gesteuert.
ADH besitzt antidiuretische Wirkung, indem es die Wasserrückresorption in den Sammelrohren und Verbindungstubuli der Niere über V2-Rezeptoren fördert. Die Stimulation dieser Rezeptoren führt zu einer verstärkten Expression von Aquaporin-2 (AQP2) in der luminalen Membran der Sammelrohrzellen. Dadurch geht dem Körper möglichst wenig Wasser verloren. Die vasopressorische Wirkung des ADH an der glatten Gefäßmuskulatur über V1-Rezeptoren führt zur arteriellen Vasokonstriktion und damit zu einer Blutdruckerhöhung.
ADH-abhängig wird auch der Einbau des luminalen UT-A1-Transporters für Harnstoff im medullären Sammelrohr reguliert. Somit hat ADH auch eine essentielle Rolle in der Harnstoffrezirkulation der Niere und dessen Akkumulation im inneren Nierenmark. Dadurch wird dem Urin nochmals Wasser entzogen.
Des Weiteren reguliert ADH zusammen mit Angiotensin II, Aldosteron und dem atrialen natriuretischen Peptid das Trinkverhalten im Hypothalamus und stimuliert durch V3-Rezeptoren die Freisetzung von ACTH aus der Adenohypophyse.
Pathophysiologie
Der Ausfall der ADH-Produktion führt zum Krankheitsbild des Diabetes insipidus, eine Überproduktion zum Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH).
Ethanol hemmt die Freisetzung von ADH und damit den Einbau von Aquaporinen, was in einer verstärkten Ausscheidung von Wasser resultiert.
Nikotin erhöht die Freisetzung von ADH und damit den Einbau von Aquaporinen. Dadurch verringert sich bei Nikotinabusus das Harnzeitvolumen, während das Plasmavolumen und der Blutdruck steigen.
Klinik
ADH-Analoga werden zur akuten Behandlung der Ösophagusvarizenblutung verabreicht.
Labormedizin
Material
Es werden 5 ml EDTA-Plasma benötigt. Die Probe muss gekühlt transportiert werden.
Referenzbereich
- 6 - 12 pg/ml
Hinweis: Referenzwerte sind häufig vom Messverfahren abhängig und können von den o.a. Werten abweichen. Ausschlaggebend sind die Referenzwerte, die vom Labor angegeben werden, das die Untersuchung durchführt.
Interpretation
Erhöhtes ADH
Die ADH-Konzentration im Plasma ist erhöht bei:
- Schwartz-Bartter-Syndrom (SIADH = Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion), verursacht durch:
- maligne Tumoren (meist kleinzelliges Bronchialkarzinom)
- Lungenerkrankungen
- zentralnervöse Störungen
- Medikamente (Barbiturate, Cholinergika, Morphin, Vincristin)
- Hypothyreose
- akuter intermittierender Porphyrie (AIP)
- nephrogenem Diabetes insipidus
- Nikotin
- Blutverlust
- Angst
Erniedrigtes ADH
Die ADH-Konzentration im Plasma ist erniedrigt bei:
- zentralem Diabetes insipidus
- Entzündungen und Tumoren des ZNS
- Traumata
- Medikamenten (Phenytoin, Atropin)
- Alkoholkonsum
Quellen
- Laborlexikon.de, abgerufen am 19.1.2021
- Bommas-Ebert et al. Kurzlehrbuch Anatomie und Embryologie, Thieme-Verlag, 3. Auflage