Neurohypophyse
Synonym: Hypophysenhinterlappen
Abkürzung: HHL
Englisch: posterior pituitary, neurohypophysis
Definition
Die Neurohypophyse bzw. der Hypophysenhinterlappen ist Teil der Hypophyse, in dem Axone von hypothalamischen Neuronen enden. Im Gegensatz zur Adenohypophyse, bei der es sich um eine endokrine Drüse handelt, ist die Neurohypophyse entwicklungsgeschichtlich ein Teil des Gehirns.
Embryologie
Die Neurohypophyse entwickelt sich aus einer Ausbuchtung des Bodens des dritten Ventrikels (Processus infundibularis). Ab dem dritten Entwicklungsmonat differenzieren sich die epithelialen Zellen in spezifische Gliazellen (Pituizyten). Parallel dazu wachsen unmyelinisierte Axone aus den Kernen des Hypothalamus ein.
Anatomie
Die Neurohypophyse wird unterteilt in:
- Infundibulum: bildet den Hypophysenstiel
- Lobus nervosus: bildet den Hypophysenhinterlappen (HHL)
Der HHL steht über den Tractus hypothalamohypophysialis mit dem Hypothalamus in Verbindung.
Gefäßversorgung
Im Bereich des Infundibulums befindet sich die Eminentia mediana, ein Bereich mit Kapillarschlingen, die v.a. der Arteria hypophysialis superior entspringen. Als zirkumventrikuläres Organ besitzen die Kapillaren ein fenestriertes Endothel, sodass hier keine Blut-Hirn-Schranke vorliegt. Aus diesem ersten Kapillarnetz fließt das Blut über Portalvenen zu Kapillaren der Adenohypophyse. Dieses hypophysäre Portalgefäßsystem bildet die Grundlage für die funktionelle Verknüpfung von Hypothalamus und Adenohypophyse.
Die Pars nervosa der Neurohypophyse wird überwiegend aus der Arteria hypophysialis inferior und einzelnen Ästen der Arteria hypophysialis superior versorgt. Sie bilden ebenfalls einen dichten Kapillarplexus mit fenestriertem Endothel ohne Blut-Hirn-Schranke.
Histologie
Die Neurohypophyse besteht zu über 70 % aus unmyelinisierten Axonen mit Perikarya im Hypothalamus. Neben Axonen, die zur Adenohypophyse verlaufen, finden sich hier Axone magnozellulärer Neurone des Nucleus supraopticus und des Nucleus paraventricularis, die zum Lobus nervosus ziehen (magnozelluläres neuroendokrines System).
Außerdem kommen in der Neurohypophyse spezielle Gliazellen (Pituizyten) vor, die ca. 25 % des Volumens des Lobus nervosus ausmachen. Sie enthalten oft Lipidtröpfchen und zeichnen sich durch Pigmentgranula und dicht gepackte Intermediärfilamente aus. Ihre Fortsätze bilden ein Netzwerk und ein Grundgerüst für die Axone. Zudem stehen sie über Gap junctions in Verbindung.
Der Lobus nervosus weist ebenso wie die Eminentia mediana viele sinusoidale Kapillaren mit fenestriertem Endothel auf.
Die magnozellulären hypothalamischen Neurone bilden Oxytocin und ADH. Sie werden als Prohormon synthetisiert, aus dem außerdem ein weiteres Peptid hergestellt wird, das Neurophysin I bzw. II. Die Hormone werden an ihre Neurophysine gebunden in sekretorische Vesikel verpackt und über einen axonalen Transport in den Lobus nervosus befördert. Größere Ansammlungen der Hormongranula lassen sich als sog. Herring-Körper nachweisen. Als Antwort auf neuronale Erregungen kommt es zur proteolytischen Abspaltung des Hormons vom Neurophysin, wobei die Pituizyten hierbei eine wichtige Rolle spielen. Anschließend werden die Hormone über die fenestrierten Endothelzellen in die Blutbahn sezerniert (Neurosekretion).
In den Axonen kommen zudem diverse Neurotransmitter und Neuropeptide vor, z.B. Galanin, Dynorphin, Enkephaline und Katecholamine.
Physiologie
Zu den Hormonen, die von der Neurohypophyse freigesetzt werden, zählen:
- ADH: fördert in distalen Tubuli und in den Sammelrohren der Niere die Wasserrückresorption durch Einbau von Aquaporin 2 in die apikale Membran.
- Oxytocin: führt zu Uteruskontraktionen und löst die Wehentätigkeit aus, postnatal bewirkt es eine Milchejektion aus der laktierenden Mamma durch Kontraktion der Myoepithelzellen. Die Rolle beim Mann ist aktuell (2019) nicht endgültig geklärt.
Die Aktivität der magnozellulären neuroendokrinen Neurone des Hypothalamus wird durch humorale und neuronale Informationen gesteuert:
- Die ADH-Sekretion wird primär durch die Osmolarität des Blutes reguliert. Dabei vermitteln neuronale Afferenzen aus den osmosensitiven zirkumventrikulären Organen und aus den autonomen Zentren des Hirnstamms (z.B. Nucleus solitarius) Informationen über den Wasser- und Elektrolythaushalt sowie über den Zustand des kardiovaskulären Systems.
- Die Oxytoxin-Ausschüttung wird durch Afferenzen aus sensorischen Systemen und limbischen Arealen reguliert; beispielsweise führen taktile Reize der Brust sowie das Schreien des Babys zur Sekretion.
Podcast
Bildquelle
- Bildquelle Podcast: © Rachael Gorjestani / Unsplash
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