Nucleus tractus solitarii
Synonyme: Nucleus solitarius, Geschmackskern, NTS
Englisch: nucleus of solitary tract, solitary nucleus
Definition
Der Nucleus tractus solitarii, kurz NTS, ist der einzige viszerosensible Hirnnervenkern in der Rautengrube (Fossa rhomboidea) des Hirnstammes.
Anatomie
Topographie
Der Nucleus tractus solitarii ist ein langgestreckter Hirnnervenkern, der in der Medulla oblongata in kraniokaudaler Richtung vom Colliculus facialis bis zur Pyramidenbahnkreuzung läuft. Lateral befindet sich der Nucleus spinalis nervi trigemini, medial grenzen die Wände des vierten Hirnventrikels und die Area postrema an. Weitere Nachbarstrukturen sind der Nucleus dorsalis nervi vagi und der Nucleus nervi hypoglossi.
Gliederung
Der Nucleus tractus solitarii kann in verschiedene kleinere Nervenzellcluster untergliedert werden. Dazu zählen u.a.:
- Nucleus parasolitarius
- Nucleus commissuralis
- Nucleus gelatinosus solitarius
- Nucleus intermedius solitarius
- Nucleus interstitialis solitarius
- Nucleus medialis solitarius
- Nucleus paracommissuralis solitarius
- Nucleus solitarius posterior
- Nucleus solitarius posterolateralis
- Nucleus solitarius anterior
- Nucleus solitarius anterolateralis
Funktion
Der Nucleus tractus solitarii ist zuständig für Geschmackswahrnehmung ("Geschmackskern"), Verarbeitung von viszeralen Afferenzen aus den Chemorezeptoren in der Arteria carotis und Aorta, Barorezeptoren (Dehnungsrezeptoren) in Carotis und Aorta (Barorezeptorenreflex), und ist beteiligt am Atemreflex, Würgereflex und Brechreflex.
Hier enden allgemein-viszerosensible und speziell-viszerosensible Fasern von
- Nervus facialis (VII): Geschmack aus den vorderen 2/3 der Zunge über die Chorda tympani
- Nervus glossopharyngeus (IX): Geschmack aus dem hinteren Zungendrittel, Dehnungssensoren des Sinus caroticus und Chemorezeptoren des Glomus caroticum
- Nervus vagus (X): Reize aus den peripheren Dehnungs- und Volumensensoren des Körpers, u.a. aus dem rechten Vorhof. Reize aus den Geschmacksrezeptoren der Epiglottis.
Die Efferenzen des Nucleus tractus solitarii ziehen über den Thalamus weiter zur Großhirnrinde. Darüber hinaus entsendet er Fasern in zahlreiche andere Hirnregionen, u.a. zum Nucleus paraventricularis des Hypothalamus und zu den Amygdala sowie zu verschiedenen anderen Kerngebieten des Hirnstamms.
Klinik
Läsionen des Nucleus tractus solitarii können z.B. durch Hirninfarkte in der Medulla oblongata entstehen. Sie führen typischerweise zu Störungen der Kreislaufregulation und der Atmung. Ferner können der Husten-, Würge- und Brechreflex betroffen sein.