Nervus glossopharyngeus
von altgriechisch: γλῶσσα ("glossa") - Zunge und φάρυγξ ("pharynx") - Rachen
Synonyme: 9. Hirnnerv, Nervus IX
Englisch: glossopharyngeal nerve
Definition
Der Nervus glossopharyngeus ist der 9. Hirnnerv. Er versorgt die Rachenmuskulatur speziell-viszeromotorisch und führt darüber hinaus allgemein-somatosensible, allgemein-viszeromotorische, allgemein-viszerosensible und speziell-viszerosensible Fasern.
Embryologie
Der Nervus glossopharyngeus wird zu den Kiemenbogennerven gerechnet und entwickelt sich aus dem Nerven des 3. Kiemenbogens. Er innerviert deshalb alle Muskeln, die sich aus der Muskelanlage dieses Kiemenbogens gebildet haben.
Verlauf
Der Nervus glossopharyngeus tritt lateral der Olive aus und zieht dann durch das Foramen jugulare. An der Schädelbasis kommt es zur Ausbildung des rein sensiblen Ganglion superius und - unterhalb des Foramen jugulare - des sensorischen und sensiblen Ganglion inferius. Der Nervus glossopharyngeus zieht an der Rückseite des Musculus stylopharyngeus nach kaudal und liegt dabei anterolateral zur Arteria carotis interna. Zwischen dem Musculus stylopharyngeus und dem Musculus styloglossus gelangt er nach kaudal zum hinteren Teil der Zunge, an dem die Aufteilung in seine Endäste erfolgt.
Äste
Nervus tympanicus
Der Nervus tympanicus entspringt aus dem Ganglion inferius. Er enthält allgemein-somatosensible und allgemein-viszeromotorische (parasympathische) Fasern. Letztere gehen aus dem Ganglion ab, ohne dort verschaltet zu werden. Er versorgt allgemein-somatosensibel das Mittelohr und die Ohrtrompete, sowie als Nervus petrosus minor über das Ganglion oticum sekretorisch die Ohrspeicheldrüse.
Ramus sinus carotici
Der Ramus sinus carotici versorgt allgemein-viszerosensibel die Chemorezeptoren des Glomus caroticum und die Pressorezeptoren des Sinus caroticus.
Rami pharyngei
Über diese Äste werden die Schlundmuskulatur und große Teile der Gaumensegelmuskulatur, die Drüsen des Rachens sowie die Schleimhaut des Rachens versorgt. Sie bilden zusammen mit Fasern des Nervus vagus den Plexus pharyngeus.
Rami linguales
Der Endast führt allgemein-somatosensible und speziell-viszerosensible Fasern für das hintere Drittel der Zunge.
Rami tonsillares
Diese Äste werden im Ganglion oticum umgeschaltet und versorgen die Gaumenmandel und ihre Schleimhaut.
Ramus musculi stylopharyngei
Versorgt den Musculus stylopharyngeus
Ramus communicans cum ramo auriculare nervi vagi
Kleiner Verbindungsast zum Ramus auricularis nervi vagi des Nervus vagus
Kerngebiete
Allgemein-somatosensible Fasern
Der sich in Medulla oblongata und Medulla spinalis befindende Nucleus spinalis nervi trigemini stellt den Kern für die allgemein-somatosensiblen Fasern des Nervus glossopharyngeus dar.
Allgemein-viszeromotorische Fasern
Der Kern dieser Fasern wird als Nucleus salivatorius inferior bezeichnet und liegt an der Grenze von Pons und Medulla oblongata.
Speziell-viszeromotorische Fasern
Der Nucleus ambiguus, der sich in der Medulla oblongata befindet, ist der Kern für die speziell-viszeromotorischen Fasern.
Allgemein- und speziell-viszerosensible Fasern
Diese Fasern terminieren im Nucleus tractus solitarii, der ebenfalls in der Medulla oblongata zu finden ist.
Klinik
Nervenausfall
Der Nervus glossopharyngeus fällt selten isoliert aus. Meistens sind der Nervus vagus und der Nervus accessorius mit betroffen, die zusammen mit dem Nervus glossopharyngeus durch das Foramen jugulare ziehen. Durch den Ausfall des Nerven entfällt die sensible Innervation des Rachens, so dass der Würgereflex nicht mehr auslösbar ist. Ein weiteres Kennzeichen ist die fehlende Geschmacksempfindung im hinteren Drittel der Zunge sowie die Abweichung des Gaumensegels zur gesunden Seite. Der Ausfall der Rami pharyngei führt ebenfalls dazu, dass aufgenommene Nahrung häufig durch die Nase austritt.
Ein gemeinsamer Ausfall des Nerven mit dem Nervus vagus kommt zum Beispiel beim Avellis-Longhi-Syndrom vor.
Neuralgie
Die Neuralgie des Nervus glossopharyngeus bezeichnet man auch als Collet-Sicard-Syndrom. Sie ist durch anfallsweise auftretende Schmerzen am Gaumenbogen gekennzeichnet, die u.a. beim Schlucken, bei lautem Sprechen oder beim Gähnen auftreten. Sie strahlen in Zunge, Kieferwinkel und Halsregion aus.