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Axonaler Transport

Synonyme: Axoplasmatischer Transport, axoplasmatischer Fluss, neuroaxonaler Transport, intraaxonaler Transport
Englisch: axoplasmic transport

1. Definition

Als axonalen Transport bezeichnet man die motorproteingekoppelten Transportprozesse zwischen dem Zellkörper (Perikaryon) und Axon von Neuronen.

2. Hintergrund

Aufgrund des Fehlens synthesefähiger und phagozytierender Zellorganellen im Axoplasma vollziehen sich die maßgeblichen Stoffwechselprozesse der Neurone innerhalb des organellenreichen Perikaryons. Hierzu zählen die Proteinbiosynthese von axonalen Komponenten (Zellmembranbestandteile und Axoplasma) und Neurotransmittern, sowie die Modifikation bzw. Phagozytose axonal aufgenommenen "Fremdmaterials" (z.B. enzymatisch deaktivierter Neurotransmitter).

3. Einteilung

Intraaxonale Transportprozesse können in zwei Richtungen laufen:

3.1. Anterograder Transport

Die Geschwindigkeit des anterograden Transportes ist vom jeweils transportierten Syntheseprodukt bzw. Zellorganell abhängig.

  • Der zentral gelegene, schnelle anterograde Transport von vesikulär verpackten Neurotransmittern erreicht Transportgeschwindigkeiten von 50 bis 400 mm/Tag.
  • Der langsame anterograde Transport dient u.a. dem Ausstausch von Proteinen, die im Axoplasma gelöst sind und der Bewegung von Bestandteilen des Zytoskeletts, z.B. Tubulin und Aktin. Er erreicht eine Geschwindigkeit von nur etwa 8 mm/Tag.
  • Der Transport von Mitochondrien entlang des Axons nimmt ein Mittelstellung zwischen dem langsamen und dem schnellen axonalen Transport ein.[1]

Neuere Studien lassen vermuten, dass diese Geschwindigkeitsunterschiede nicht durch grundsätzlich langsamere Abläufe, sondern durch häufigere Transportpausen verursacht werden. Eine Analogie ist der Unterschied zwischen einem ICE und einem Regionalzug.

3.2. Retrograder Transport

Retrograd werden Abbauprodukte zu den Lysosomen der Perikarya transportiert. Auf gleichem Wege gelangt der von Fibroblasten exprimierte neuronale Wachstumsfaktor (NGF) in den Zellkern, wo er die Expression verschiedener Zielgene induziert. Der schnelle retrograde Transport erreicht Geschwindigkeiten zwischen 100 und 200 mm pro Tag.

Weiterhin ist der retrograde Transport an der Pathogenese verschiedener Erkrankungen beteiligt, die durch neurotrope Erreger ausgelöst werden.

4. Biochemie

Das Transportsystem des axonalen Transportes besteht aus einer mikrotubulären Leitschiene, (Neurotubuli), an der die Motorproteine Kinesin und Dynein inserieren. Es ähnelt einem molekularen Förderband.

Die Motorproteine können rezeptorvermittelt spezifische Substanzen binden und diese mittels Konformationsänderung ihrer Molekülstruktur entlang der Leitschiene transportieren. Dabei wandert Kinesin vom instabilen, zellkernnahen minus-Ende der Mikrotubuli-Filamente zum stabilen plus-Ende (anterograder Transport). Dynein transportiert in die entgegengesetzte Richtung (retrograder Transport).

5. Pathophysiologie

Der axonale Transport spielt eine Rolle bei der Pathogenese verschiedener Krankheitsbilder:

5.1. Virale Infektionen

Herpes-Infektionen (Herpes simplex, Herpes zoster) beruhen auf retrogradem Transport des Virus in das Perikaryon sensibler Neurone. Auf eine zunächst asymptomatische Latenzzeit – innerhalb derer die Virus-DNA repliziert wird – folgt eine virale Invasion des innervierten Zielgebietes mit nachfolgender Entzündung. In ähnlicher Weise nutzen Rabies-Viren und Polio-Viren den retrograden Transport, um sich replizieren zu können.

siehe auch: Varizellen, Gürtelrose

5.2. Tetanus

Bei Wundinfektionen mit Clostridium tetani wird das Bakterientoxin Tetanospasmin neuroaxonal retrograd in die Perikarya der Alpha-Motoneurone des Rückenmarkvorderhorns transportiert. Im Rückenmark inhibiert Tetanospasmin die Ausschüttung von Glycin aus den motorisch hemmenden Renshaw-Zellen.

siehe auch: Tetanus, Renshaw-Zelle

5.3. Neurodegenerative Erkrankungen

Verschiedene neurodegenerative Erkrankungen werden mit einer Unterbrechung des axonalen Transports assoziiert, u.a. die Alzheimer-Krankheit und das idiopathische Parkinson-Syndrom.

6. Quellen

  1. Hollenbeck PJ, Saxton WM. The axonal transport of mitochondria. J Cell Sci. 2005 Dec 1;118(Pt 23):5411-9. doi: 10.1242/jcs.02745. PMID: 16306220; PMCID: PMC1533994.

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