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Lungenembolie

Abkürzung: LE, LAE, PAE
Synonyme: Lungenthrombembolie, Lungenarterienembolie, Pulmonalarterienthrombembolie
Englisch: pulmonary embolism

1. Definition

Als Lungenembolie bezeichnet man die Verlegung bzw. Verengung einer Lungenarterie oder einer Bronchialarterie durch einen Embolus.

2. Ätiologie

Es gibt verschiedene Formen der Lungenembolie, die sich durch die Art und Herkunft des eingeschwemmten Materials unterscheiden:

In über 90 % der Fälle handelt es sich bei dem Embolus um einen abgelösten Thrombus aus dem Einzugsgebiet der Vena cava inferior. Meistens ist die Emboliequelle eine Phlebothrombose der Beinvenen. Selten entstammt der Embolus dem Einzugsgebiet der Vena cava superior, wobei zentrale Venenkatheter und Schrittmachersonden die Entstehung von Thrombosen begünstigen.

3. Risikofaktoren

Zu den Risikofaktoren einer Lungenembolie zählen u.a.:

Die Lungenembolie ist eine Hauptursache für die Letalität nach Krankenhausaufenthalten, insbesondere nach chirurgischen Eingriffen mit Immobilisation. Bei entsprechender Prädisposition geht jede Form der Immobilisation, die zu einer verminderten Flussgeschwindigkeit des Blutes in den unteren Extremitäten führt, mit einem erhöhten Lungenembolierisiko einher, z.B. Bettlägerigkeit oder Langstreckenflüge (Economy-Class-Syndrom).

4. Einteilung

Nach dem zeitlichen Verlauf unterteilt man in:

Schwere akute Verläufe werden als fulminante Lungenembolie bezeichnet.

Aus etwa jeder 100sten akuten Lungenembolie wird eine chronische Lungenembolie. Im Folgenden wird die akute Lungenembolie besprochen. Die Darstellung der chronischen Lungenembolie erfolgt in einem eigenen Artikel.

5. Pathophysiologie

Eine Lungenembolie führt zu einem Anstieg des pulmonalen Widerstandes und somit zu einer erhöhten Nachlast für das rechte Herz. Das Ventrikelseptum wird nach links verschoben, die linksventrikuläre Vorlast sinkt und es kommt zu einem Abfall des Herzzeitvolumens. Infolge der Totraumventilation mit reduzierter Oxygenierung des Blutes kommt es zu einer Myokardischämie, die zu einer akuten Dekompensation des rechten Herzens führen kann (Rechtsherzinsuffizienz).

Bei Verlegung kleiner Segmentarterien entstehen Lungeninfarkte, die sich infolge zu keilförmigen Infarktpneumonien entwickeln. Bei Verlegung größerer Lungenarterienäste ist ein Infarkt selten, da die Bronchialarterien in diesen Bereichen ausgleichend versorgen können.

6. Klinik

Die Lungenembolie wird sehr häufig nicht diagnostiziert. Die wichtigsten klinischen Zeichen sind Dyspnoe und Brustschmerz. Ferner können auftreten:

Die klinischen Zeichen eine Lungenembolie sind jedoch nicht immer in voller Ausprägung festzustellen.

Eine größere Lungenembolie folgt meist erst nach mehreren kleineren Lungenembolien. Kleine Lungenembolien sind klinisch dezent und führen in der Regel zu relativ unspezifischen Symptomen wie Schwindel, Tachykardie und Fieber (Infarktpneumonie !).

6.1. Schweregrade

  Grad I Grad II Grad III Grad IV
Klinik Hämo­dyna­misch stabil ohne RV-Dys­funktion Hämo­dyna­misch stabil mit RV-Dys­funktion Schock, RRsyst. < 100 mmHg, Puls > 100/min Reanimations­pflicht
PA-Mitteldruck Normal < 20 mmHg Meistens normal 25 - 30 mmHg > 30 mmHg
Pa O2 > 75 mmHg ev. ↓ < 70 mmHg < 60 mmHg
Gefäß­obliteration Periphere Äste Segment­arterien Ein PA-Ast oder mehrere Lappen­arterien Ein PA-Ast und mehrere Lappen­arterien (PA-Stamm)
Letalität gering < 25 % > 25 % > 50 %

Eine alternative Schweregradeinteilung ist die der European Society of Cardiology (ESC) von 2008. Sie klassifiziert die Lungenembolie anhand ihrer Frühsterblichkeit:

  niedrig (< 1 %) mittel (3–15 %) hoch (> 15 %)
Schock oder Hypotonie nein nein ja (-> Therapie)
RV-Dysfunktion nein nein/ja* möglich
Troponin erhöht nein nein/ja* möglich
Therapie frühe Entlassung stationäre Behandlung Thrombolyse oder Embolektomie

*mind. eines der beiden Kriterien

7. Diagnostik

Die Diagnostik bei Verdacht auf Lungenembolie ist abgestuft. Zunächst kann mit dem Wells-Score oder dem Geneva-Score und der Bestimmung des D-Dimer-Spiegels eine orientierende Diagnostik erfolgen. Bei der klinisch häufig vorkommenden Fragestellung einer postoperativen Lungenembolie sind die D-Dimere allerdings nicht verwertbar, da sie aufgrund der Wundheilung physiologisch für mehrere Wochen erhöht sind! Auch bei Tumorpatienten, Patienten mit schweren Infektionen und Schwangeren finden sich erhöhte D-Dimere, ohne das eine Thrombose bzw. Embolie vorliegt.

In der arteriellen Blutgasanalyse zeigen sich verminderte Partialdrücke für Sauerstoff und auf Grund einer kompensatorischen Hyperventilation meist auch für Kohlendioxid. Somit kann eine respiratorische Alkalose ausgelöst werden.

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7.1. Bildgebung

Ist nach den Voruntersuchungen eine Lungenembolie wahrscheinlich, sollte ein Embolusnachweis angestrebt werden. Die CT-Angiographie ist hierbei das Verfahren der 1. Wahl. Alternativ können eine MR-Angiographie, Lungenperfusionsszintigraphie oder eine Pulmonalisangiographie erfolgen.

Im Röntgen-Thorax können unspezifische Zeichen eines Lungeninfarkts festgestellt werden: In der Frühphase zeigen sich azinäre Verschattungen oder Konsolidierungen, die meist peripher lokalisiert und keilförmig konfiguriert sind. Später kommt es zu einem Volumenverlust im Sinne einer Adhäsionsatelektase. Aus der keilförmigen Verschattung wird im Verlauf eine rundliche, pleuraständige, homogene Verdichtung (Hampton hump). Weitere unspezifische Zeichen der Lungenembolie sind:

In der Echokardiographie kann eventuell eine Rechtsherzbelastung dargestellt werden ("D-Zeichen").

7.2. EKG

Ergänzende Befunde sind im EKG zu erheben. Im EKG können ein Rechtstyp, die SI/QIII-Konfiguration, ein P-pulmonale, T-Negativierungen in V1-3 und/oder ein (neu aufgetretener) Rechtsschenkelblock vorliegen. Die Sensitivität und Spezifität sind hierbei jedoch gering. Als unspezifisches EKG-Zeichen kann ebenso das McGinn-White-Syndrom herangezogen werden, das die SI/QIII-Konfiguration beinhaltet.

8. Differentialdiagnosen

  Lungenembolie Herzinfarkt
Anamnese Längere Bettruhe (z.B. postoperativ, Thrombose, Herzerkrankung) Angina pectoris, bekannte KHK
Beginn Schlagartig Allmählich
Schmerz Inspiratorisch verstärkter pleuritischer Schmerz Atemunabhängiger Schmerz mit Ausstrahlung (Schulter, Arm, Hals, Oberbauch)
Dyspnoe Schlagartig, intensiv Leicht
Labor Troponin I/T positiv und BNP ↑ bei schwerer LE CK-MB ↑ und Troponin I/T positiv
EKG SIQIII-Typ, T-Inversionen, gelegentlich Bild ähnlich wie bei Hinterwandinfarkt Meist Infarkttypische EKG-Veränderungen
Echo Rechtsventrikuläre Dysfunktion bei schwerer LE Hypo- oder akinetische Infarktareale (meist linksventrikulär)

9. Therapie

9.1. Übersicht

Die Therapie einer Lungenembolie richtet sich nach dem Schweregrad. Bei einer schweren Lungenembolie mit Hypotonie, Schocksymptomen, stark erhöhtem Pulmonalarteriendruck und deutlich vermindertem Sauerstoffpartialdruck muss zusätzlich zu einer Antikoagulation eine Reperfusionstherapie angestrebt werden.

Allgemeine Maßnahmen sind:

Zur Messung des ZVD und des Wedge-Druckes sollte nach Möglichkeit ein zentralvenöser Katheter gelegt werden.

9.2. Antikoagulation

Die Antikoagulation teilt sich nach der aktuellen Leitlinie (Stand 2023) in drei Phasen auf:[1]

  • Initialtherapie (meist 5-21 Tage)
  • Erhaltungstherapie (mindestens 3 Monate)
  • Sekundärprophylaxe (ggf. zeitlich unbefristet)

9.2.1. Initialtherapie

Das therapeutische Vorgehen wird dabei individuell an der hämodynamischen Stabilität der Patienten orientiert. Eine orale Initialtherapie wird für hämodynamisch stabile Patienten mit geringem Risiko empfohlen. Patienten, die ein hohes Risiko für eine hämodynamische Verschlechterung haben und ggf. eine Therapieeskalation bzw. Reperfusionstherapie brauchen, sollten eine parenterale Therapie erhalten.

Soll eine anschließende Erhaltungstherapie mit Dabigatran, Edoxaban oder Vitamin-K-Antagonisten (VKA) erfolgen, ist eine parenterale Initialtherapie erforderlich. Nach einer Therapiedauer von ≥ 5 Tagen wird dann auf Edoxaban oder Dabigatran umgestellt. Bei Antikoagulation mit VKA wird überlappend therapiert und die parenterale Antikoagulation beendet, sobald der INR-Zielbereich erreicht ist.

9.2.2. Erhaltungstherapie

Nach der Initialtherapie folgt regelhaft eine Erhaltungstherapie mit einer Dauer von mindestens 3 Monaten. Für diese werden vorzugsweise DOAKs in folgenden Dosierungen eingesetzt:

  • Apixaban: 2 x 5 mg/d
  • Rivaroxaban: 1 x 20 mg/d
  • Dagibatran: 2 x 150 mg/d
  • Edoxaban: 1 x 60 mg/d

Bestehen Kontraindikationen gegen DOAKs, kommt alternativ die traditionelle sequenzielle Therapie mit NMH oder Fondaparinux, gefolgt von Vitamin-K-Antagonisten, in Frage. Letztere werden nach INR-Ziel individuell dosiert.

Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.

9.3. Reperfusion

Zur Reperfusion kann bei schwerer Lungenembolie eine Fibrinolyse mit rt-PA erfolgen. Alternative Verfahren sind die Thrombolyse mittels Rechtsherzkatheter oder die chirurgische Embolektomie.

10. Quiz

11. Bildquelle

  • Bildquelle für Flexikon-Quiz: © Jens Herrndorff / Unsplash

12. Quellen

  1. S2k-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und Lungenembolie. AWMF-Register Nr. 065/002 065/002 Klasse: S2k vom 14.2.2023, abgerufen am 22.3.2023

13. Literatur

  • Fandler M, Böhm L. Lungenembolie – Diagnostik und Therapie. Notaufnahme up2date 2023; 05(03): 214-217

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