Hyperhidrose
von altgriechisch: ἱδρώς ("hidros") - Schweiß
Synonym: Hyperhidrosis
Englisch: hyperhidrosis
Definition
Mit dem Begriff Hyperhidrose, auch Hyperhidrosis, bezeichnet man eine unphysiologisch starke Schweißbildung.
Das Gegenteil der Hyperhidrose ist die Anhidrose.
Physiologie
Um lebenswichtige Körperfunktionen (z.B. Kreislauf, Atmung, Verdauung) aufrechtzuerhalten, muss ständig Energie aus Nährstoffen umgesetzt werden. Dadurch entsteht Wärme. Diese Verbrennungswärme wird teilweise durch Abstrahlung, überwiegend aber durch Schwitzen abgegeben. Schwitzen ist also im Rahmen der Thermoregulation überlebenswichtig.
Schweiß wird in den Schweißdrüsen produziert. Es gibt zwei Drüsenarten:
- ekkrine Schweißdrüsen, ca. 2 – 3 Millionen über den Körper verteilt. Diese Drüsen bestehen von Geburt an.
- apokrine Schweißdrüsen, diese Drüsen entwickeln sich erst in der Pubertät und sitzen an der Haarbasis, vorwiegend im Achsel- und Genitalbereich, aber auch im Gesicht.
Frischer Schweiß ist geruchlos. Der charakteristische Schweißgeruch kommt durch Hautbakterien zustande, die sich im feuchtwarmen Milieu, insbesondere dem der Achselhöhle, gut vermehren können. Unterschiedliche Hautbakterienarten sowie die Ausscheidung von Hormonabbauprodukten führen dazu, dass Frauen- und Männerschweiß unterschiedlich riecht. Inwieweit dem auch eine Bedeutung als Sexuallockstoff zukommt, ist umstritten.
Die produzierte Schweißmenge hängt nicht nur von Außentemperatur und körperlicher Aktivität, sondern auch von emotionalen Faktoren ab. Angst, Schmerzen, sexuelle Erregung erhöhen die apokrine Schweißbildung. Steuerungshormon ist hier vorwiegend das Adrenalin. Da Adrenalin auch gefäßverengend wirkt, sinkt die Hautdurchblutung.
Einteilung
Eine Hyperhidrose lässt sich nach mehreren Gesichtspunkten unterteilen:
...nach Lokalisation
- Lokale bzw. fokale Hyperhidrose: Gesteigerte Schweißbildung nur in bestimmten Körperregionen (z.B. Achseln, Hände, Füße)
- Generalisierte Hyperhidrose: Gesteigerte Schweißbildung am ganzen Körper
- Hemihyperhidrosis: gesteigerte Schweißbildung, die nur auf einer Körper- oder Gesichtshälfte auftritt.
...nach Ursache
- Primäre Hyperhidrose: Gesteigerte Schweißbildung ohne genau fassbare Ursache, d.h. idiopathisch. Sie tritt häufig schon im frühen Kindesalter auf.
- Sekundäre Hyperhidrose: Gesteigerte Schweißbildung als Begleitsymptom bei Vorliegen einer Grunderkrankung (siehe unten)
Eine Sonderform der Hyperhidrose mit besonders starker Geruchsbildung ist die Bromhidrose.
Ätiologie
Bei der primären Hyperhidrose lassen sich die genauen Ursachen zwar nicht feststellen, sie wird aber häufig durch die gleichen Faktoren getriggert wie das physiologische Schwitzen. Dafür ist jedoch ein deutlich geringerer Schwellenreiz notwendig. Mögliche Auslöser sind:
- Stress, Emotionen
- Nahrungsmittel (Gewürze)
- Hitze
- Körperliche Anstrengung
- Medikamente (Parasympathomimetika, SSRI, SNRI, Metamizol, Opioide, Methylphenidat, Nitrate, Betablocker, Kalziumkanalblocker, Denosumab, Hormone)
Die sekundäre Hyperhidrose kommt als Begleitsymptom bei einer Vielzahl internistischer und neurologischer Krankheitsbilder vor, z.B.:
- Diabetes mellitus
- Adipositas
- Herzinsuffizienz
- CRPS
- Fibromyalgie
- Apoplex
- Tumoren
- Maligne Tumoren
- Karzinoid
- Phäochromozytom
- Infektionskrankheiten
- Neurologische Erkrankungen
- Psychische Erkrankungen
- Endokrine Störungen
- Entzug, z.B. Opioidentzugssyndrom
Symptome
Bei der Beurteilung einer Hyperhidrose muss man berücksichtigen, dass die Übergänge zwischen normalem und gesteigertem Schwitzen fließend sind. Die individuelle Ausprägung und der Leidensdruck können sehr unterschiedlich sein. Eine Hyperhidrose kann sich diskret durch ein Gefühl unangenehmer Feuchtigkeit ausdrücken, oder durch auffälliges "nasses" Schwitzen mit Flecken auf der Kleidung.
Diagnostik
Bei der Diagnose der Hyperhidrose spielt die Anamnese eine wichtige Rolle. Eine schnelle Ersteinschätzung ist mithilfe des Hyperhidrosis Disease Severity Scale (HDSS) möglich. Eine Alternative ist der Hyperhidrosis Impact Questionnaire (HHIQ).
Objektive Diagnoseverfahren sind der Jod-Stärke-Test (Minor-Test) und die Gravimetrie.
Therapie
Die sekundäre Hyperhidrose wird durch Therapie der Grunderkrankung behandelt.
Bei primärer Hyperhidrose kommen folgende Maßnahmen in Betracht:
- Konservative Behandlung
- Leitungswasseriontophorese
- Regelmäßige kalt-warme Wechselduschen
- Salbei-Tee, 3x pro Tag eine Tasse
- Psychische Belastungen, wie z.B. Stress und Anspannung reduzieren
- Übergewicht vermeiden, bzw. kontrolliert reduzieren
- Vermeidung von Genusstoffen, wie z.B. Alkohol, Kaffee oder Nikotin
- Vorwiegend saugfähige Kleidung aus Naturfasern verwenden
- Medikamentöse Behandlung
- Anticholinergika, wie z.B. Methantheliniumbromid oder Oxybutynin
- Antitranspirantien, wie z.B. Aluminiumchlorid-Hexahydrat
- Betablocker, wie z.B. Propranolol
- Clonidin
- Gerbstoffe
- Injektionen mit Botulinumtoxin
- Sedativa
- Chirurgische Behandlung
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