Methylphenidat
Synonyme: Methylphenidatum, 2-Phenyl-2-(2-piperidyl)essigsäure-methylester
Englisch: methylphenidate
Definition
Methylphenidat, kurz MPH, ist ein stimulierender Wirkstoff aus der Gruppe der indirekten Sympathomimetika. Das Hydrochlorid von Methylphenidat ist der Hauptwirkstoff im Arzneimittel Ritalin®.
Strukturformel
Geschichte
Methylphenidat wurde 1944 vom Italiener Leandro Panizzon synthetisiert. Leandro Panizzon war Mitarbeiter der Firma Ciba (heute Novartis) und hat mit seiner Frau die Wirkung im Selbstversuch mehrfach getestet. Der Name Ritalin® leitet sich von "Rita", dem Spitznamen seiner Ehefrau, ab. Leandro Panizzon fiel bei seiner Frau auf, dass sie unter der Einnahme von Methylphenidat viel besser Tennis spielen konnte. Daraus resultierend entdeckte er auch den konzentrationsfördernden und antriebssteigernden Effekt von Methylphenidat.
Handelsnamen
Wirkmechanismus
Wie alle indirekten Sympathomimetika bindet Methylphenidat im ZNS nicht an Rezeptoren für Neurotransmitter. Der Wirkstoff hemmt vielmehr die Dopamintransporter (DAT) und Noradrenalintransporter (NAT) der Nervenzellen. So kommt es über einen verminderten Reuptake in die Präsynapse zu einer Erhöhung von Dopamin und Noradrenalin im synaptischen Spalt. Durch die verzögerte Wiederaufnahme wird der Sympathikus stimuliert, was unter anderem die Aufmerksamkeit und den Muskeltonus steigert.
Indikationen
Methylphenidat wird aufgrund seiner aufmerksamkeitsteigernden und zugleich paradoxerweise beruhigenden Wirkung bei Kindern ab dem 6. Lebensjahr zur Behandlung von ADHS eingesetzt. Eine weitere Zulassung hat Methylphenidat zur Therapie von Narkolepsie.
Nebenwirkungen
Die Einnahme von Methylphenidat kann zu einer Vielzahl verschiedener Nebenwirkungen führen. Bei Patienten mit Narkolepsie treten häufig Konzentrationsschwäche, Schwitzen und Geräuschempfindlichkeit auf. Ansonsten kann es unter anderem zu Blutdruckschwankungen, Tachykardie, Anorexie, Übelkeit und Erbrechen kommen. In seltenen Fällen treten Hirnblutungen oder Schlaganfälle auf. Die Einnahme muss überwacht werden, da bei Missbrauch die Gefahr einer Abhängigkeit besteht.
Sehr häufig
- Anorexie
- Appetitverlust
- Gewichtsabnahme
- Verminderung des Längenwachstums bei Kindern nach längerer Anwendung
- Schlaflosigkeit
- Nervosität
Häufig
- Abnormes Verhalten
- Aggression
- Affektlabilität
- Erregung
- Ängstlichkeit
- Depression
- Reizbarkeit
Gelegentlich
- Psychosen
- Verstimmungen
- Ruhelosigkeit
- Suizidgedanken
- Weinerlichkeit
- Halluzinationen
- Tics des Tourette-Syndroms
- Kreislaufstörungen
- Euphorie/Dysphorie
Selten
- Desorientiertheit
- Libidostörungen
Sehr selten
- Vollendete Suizide
- Suizidversuche
- Depressionen
- Apathie
- Repetitives Verhalten
- Übermäßiges Fokussieren
Nebenwirkungen ohne Häufigkeitsangaben
- Leukopenie
- Thrombozytopenie
- Anämie
- Purpura
- Panzytopenie
- angioneurotisches Ödem
- anaphylaktische Reaktionen
- Urtikaria
- Pruritus
- Exantheme
Langzeitnebenwirkungen
Über die Nebenwirkungen von Methylphenidat bei langzeitiger Einnahme ist wenig bekannt. Wie andere Stimulantien steht Methylphenidat bei Langzeitanwendung im Verdacht, Medikamentenabhängigkeit, Paranoia oder Schizophrenien auslösen zu können.[1] Bei einer klinischen Studie mit 100 Kindern unter Methylphenidat über 5 Jahre traten bei 6 % der Kinder Psychosen auf.[2]
Kontraindikationen
Quellen
- ↑ Dafny N, Yang PB.: The role of age, genotype, sex, and route of acute and chronic administration of methylphenidate: a review of its locomotor effects. Brain Res Bull. 2006 Feb 15;68(6):393-405. Epub 2005 Oct 27.
- ↑ Cherland E, Fitzpatrick R (1999). Psychotic side effects of psychostimulants: a 5-year review (PDF). Can J Psychiatry 44 (8): 811–3.