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Angioödem

(Weitergeleitet von Angioneurotisches Ödem)

nach Heinrich Irenaeus Quincke (1842 bis 1922), deutscher Internist
Synonyme: Angioneurotisches Ödem, Quincke-Ödem, Urticaria profunda
Englisch: angio(o)edema, Quincke's edema

1. Definition

Ein Angioödem oder Quincke-Ödem ist eine akut auftretende und 1 bis 7 Tage andauernde Schwellung (Ödem) der Dermis, der Subkutis oder der Submukosa.

2. Einteilung

2.1. ...nach Manifestationszeitpunkt

2.2. ...nach Pathomechanismus

Manifestationszeitpunkt Bei/Durch Mediator Gendefekt C1-INH-Konzentration C1-INH-Aktivität C4 C1q Quaddeln
Erworben Histamin - Normal Normal Normal Normal Mit/ohne
Bradykinin - Normal Normal Normal Normal Ohne
Bradykinin - Erniedrigt Erniedrigt Erniedrigt Erniedrigt  Ohne
Hereditär
  • HAE Typ I
Bradykinin C1-INH-Gen Erniedrigt Erniedrigt Erniedrigt Normal Ohne
  • HAE Typ II
Bradykinin C1-INH-Gen Normal oder erhöht Erniedrigt Erniedrigt Normal Ohne
  • HAE Typ III
Bradykinin FXII-Gen Normal Normal oder > 50 % Normal Normal Ohne

3. Klinik

Angioödeme treten als prall-elastische Schwellungen plötzlich auf und können prinzipiell an beliebigen Körperstellen auftreten. Auffällig sind vor allem die Ödeme im Gesichtsbereich (Lippe, Wangen, Stirn), da sie zu einem entstellten Erscheinungsbild führen. Betroffene Patienten klagen über ein Spannungsgefühl in den betroffenen Hautpartien, bei ausgeprägten Schwellungen gelegentlich auch über Schmerzen.

Ein wichtiges Differenzierungskriterium ist der Juckreiz. Beim Histamin-vermitteltes Angioödem ist er häufiger vorhanden, beim Bradykinin-vermittelten Angioödem fehlt er dagegen meist.

Im Gastrointestinaltrakt können Angioödeme zu uncharakteristischen Beschwerden führen (z.B. Bauchschmerzen, Diarrhö). Ein Larynxödem ist wegen drohender Einschränkung der Atmung eine Notfallsituation.[1]

Die Beschwerden können durch bestimmte Trigger ausgelöst werden. Dazu gehören z.B. Belastungssituationen, bestimmte Nahrungsmittel, Medikamente (z.B. ACE-Hemmer), aber auch physikalische Reize, wie Wärme, Kälte oder Druck. Ein auslösender Faktor lässt sich in vielen Fällen aber nicht eindeutig identifizieren.

4. Diagnostik

Wesentlich ist eine ausführliche Anamnese, in der unter anderem Zeitpunkt des Auftretens, Dauer, Veränderung und Lokalisation der Angioödeme erfragt werden. Diagnostisch wegweisend ist es, einen Zusammenhang zwischen der Einnahme bestimmter Medikamente oder Lebensmittel bzw. der Ausübung bestimmter Tätigkeiten und dem Auftreten des Angioödems zu sichern.

An die Anamnese können je nach Bedarf folgende Untersuchungen angeschlossen werden:

5. Differenzialdiagnosen

6. Therapie

Die Therapie richtet sich nach der auslösenden Ursache.

Bei medikamentenbedingtem Angioödem sollte das auslösende Medikament abgesetzt werden, auch andere Auslöser sollten nach bester Möglichkeit gemieden werden.

Bei Histamin-vermittelten Angioödemen hat sich die Kombination aus einem H1-Rezeptorantagonisten (z.B. Clemastin) und einem Glukokortikoid (z.B. Methylprednisolon) bewährt. Sie wirkt aber kaum gegen ein Glottisödem bzw. einen Laryngospasmus. In Notfallsituationen kann zusätzlich Adrenalin gegeben werden.

Hereditäre bzw. Bradykinin-vermittelte Angioödeme sprechen auf Antihistaminika oder Glukokortikoide nicht an. Sie werden u.a. durch die Gabe von C1-Esterase-Inhibitor-Konzentrat oder Bradykininrezeptorantagonisten (Icatibant) therapiert.

7. Klinische Forschung

Die Behandlung des hereditären Angioödems mit der CRISPR/Cas9-Genschere NTLA-2002 befindet sich in Phase 2 der klinischen Testung. Nach einmaliger Infusion wird die in Lipid-Nanopartikel verkapselte Genschere, die aus einer Single Guide RNA (sgRNA) und der Endonuclease Cas9 besteht, über den LDL-Rezeptor von Hepatozyten aufgenommen und intrazellulär freigesetzt. Nach Bindung an das Gen KLKB1 auf Chromosom 4, das die Synthese von Präkallikrein steuert, zerschneidet die Nuklease dieses Gen, so dass in der Folge kein intaktes Präkallikrein mehr gebildet werden kann und damit auch die Bildung von Bradykinin verhindert wird.[2][3]

8. Quellen

  1. Yang J, Liu W. Angioedema of the Intestines. N Engl J Med. 2024 - Fallbericht mit Abb.
  2. Longhurst HJ et al. CRISPR-Cas9 In Vivo Gene Editing of KLKB1 for Hereditary Angioedema. N Engl J Med. 2024
  3. Cohn DM et al. CRISPR-Based Therapy for Hereditary Angioedema. N Engl J Med. 2024

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