Panzytopenie
von altgriechisch: πᾰν ("pan") - alles, ganz, völlig
Synonym: Trizytopenie
Englisch: pancytopenia
Definition
Die Panzytopenie ist eine starke Verminderung aller drei Blutzellreihen. Entsprechend liegt gleichzeitig eine Anämie, eine Leukopenie und eine Thrombopenie vor.
- ICD10-Code: D61
Hintergrund
Die Panzytopenie stellt den schwersten Grad einer Knochenmarkinsuffizienz dar. In einigen Fällen kann auch nur isoliert eine Blutzellreihe geschädigt werden. Dann unterscheidet man;
- isolierte Aplasie der Granulozyten: Pure white cell aplasia, idiopathische oder sekundäre Agranulozytose, Kostmann-Syndrom, Shwachman-Diamond-Syndrom, retikuläre Dysgenesie, LGL-Leukämie
- isolierte Aplasie der Thrombozyten: Amegakaryozytäre Thrombozytopenie, Thrombozytopenie mit Radiusaplasie, idiopathische amegakaryozytäre oder sekundäre Thrombozytopenie
- isolierte Aplasie der Erythrozyten: Pure red cell aplasia incl. Blackfan-Diamond-Syndrom
Ursachen
Ursache ist ein Funktionsverlust der hämatopoetischen Stammzellen des Knochenmarks durch genetische Defekte oder eine sekundäre Schädigung nach Infektionen, Entzündungen oder Krebserkrankungen.
Klassifikation
Eine Panzytopenie kann anhand der mit ihr einhergehenden Knochenmarkveränderungen eingeteilt werden. Die genauen Ursachen sind oft nicht eindeutig zu ermitteln. Des Weiteren können bei manchen Patienten phänotypisch mehrere Erkrankungen gleichzeitig vorliegen oder eine Erkrankung im Verlauf in eine andere übergehen. Vielen der Syndrome liegen gemeinsame pathophysiologische Mechanismen zu Grunde.
Panzytopenie bei hypozellulärem Knochenmark
- aplastische Anämien
- hereditär: Fanconi-Anämie, Dyskeratosis congenita
- sekundär: idiopathisch, durch Medikamente (z.B. Chloramphenicol, Methotrexat, Zytostatika), Toxine (z.B. Benzol), ionisierende Strahlen, oder Virusinfekte (z.B. Hepatitisviren, EBV, HIV, CMV, Parvovirus B19)
- Infektionskrankheiten (Q-Fieber, Legionellose, Mykobakterien)
- Anorexia nervosa bzw. massive Unterernährung
- hämophagozytische Lymphohistiozytose (HLH)
- myelodysplastische Syndrome (MDS)
- Lymphome mit Knochenmarkbefall
- einige Formen der akuten lymphathischen Leukämie (ALL)
- selten bei aleukämischer akuter myeloischer Leukämie (AML)
- Kupfermangel
- Leberzirrhose
Panzytopenie bei normo- oder hyperzellulärem Knochenmark
- Myelodysplastische Syndrome
- paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH)
- Myelofibrose
- aleukämische Leukämien
- Panmyelophthise
- Lymphome mit Knochenmarkbefall, insbesondere Haarzellenleukämie
- sekundär bei Systemerkrankungen: SLE, Hypersplenismus, Vitamin-B12-Mangel, Folsäuremangel, Kupfermangel, Sarkoidose, Alkohol, Brucellose, Sarkoidose, Tuberkulose, Viszerale Leishmaniose, Sepsis
- Evans-Syndrom (selten)
Klinik
Die Symptome entstehen durch Mangel der einzelnen Blutelemente:
- Eine Anämie führt entsprechend zu Abgeschlagenheit, verminderter Leistungsfähigkeit, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Belastungsdyspnoe, Tachykardie und Schwindel.
- Die verminderte Zahl an Leukozyten bedingt eine erhöhte Infektanfälligkeit. Dabei finden sich häufig Nekrosen und Mykosen.
- Die Thrombozytopenie manifestiert sich mit Petechien und anderen Blutungen (z.B. Zahnfleisch- und Nasenbluten).
Diagnostik
Die diagnostischen Maßnahmen dienen der Identifikation der Ursache. Entscheidend sind eine gründliche Anamnese (Infektionen, Medikamente, Strahlentherapie) und eine sorgfältige körperliche Untersuchung.
- Blutbild: Panzytopenie (Anämie, Leukozytopenie bzw. Granulozytopenie, Thrombozytopenie)
- peripherer Blutausstrich: je nach Ursache können z.B. Blasten auftreten
- Durchflusszytometrie zum Ausschluss einer PNH
- Virusdiagnostik: Hepatitisviren A, B und C, HIV, evtl. CMV
- Vitamin B12, Folsäure, Eisenstatus
- Antinukleäre und dsDNA-Antikörper
- Abdomen-Sonographie, Röntgen-Thorax
- Knochenmarkspunktion mit Pathohistologie und Mutationsanalysen: Meist zur definitiven Diagnose notwendig
Therapie
Je nach Ursache unterscheidet sich die Behandlung des Patienten. Supportiv können gegebenenfalls Erythrozyten- (EK) und Thrombozytenkonzentrate (TK) verabreicht werden. Bei schwerer Neutropenie ist eine Infektionsprophylaxe notwendig (keimarmer Raum, Mundpflege, Antibiotika, Antimykotika, evtl. G-CSF). In einigen Fällen kann kausal eine allogene hämatopoetische Stammzelltransplantation durchgeführt werden. In anderen Situationen ist z.B. eine immunsuppressive Behandlung angezeigt.
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