Gravimetrie
Englisch: gravimetry
Definition
Die Gravimetrie ist eine Methode zur Quantifizierung der Masse von Substanzen mittels Auswaage. Da dies in den meisten Fällen nicht direkt möglich ist, muss die zu bestimmende Substanz (Analyt) z.B. mithilfe einer chemischen Reaktion in eine Verbindung überführt werden, die als Feststoff gewogen werden kann.
Hintergrund
Die Gravimetrie findet in der chemischen und pharmazeutischen Analytik Anwendung, um anorganische Bestandteile oder Verunreinigungen von Arzneimitteln zu bestimmen.
Mithilfe der Gravimetrie wird ähnlich wie bei einer Titration die Menge einer Substanz bestimmt. Für die Gravimetrie wird der Analyt in eine sogenannte Wägeform überführt. Dabei handelt es sich um eine Substanz, die im Vergleich zum Analyten ein niedriges Löslichkeitsprodukt hat. Sie fällt aus der Lösung aus (Fällungsreaktion) und kann anschließend gewogen werden.
Da die chemische Zusammensetzung der Wägeform bekannt ist, kann aus der Masse der Wägeform die Masse des ursprünglich vorliegenden Analyten berechnet werden.
Durchführung
Bei der Durchführung einer Gravimetrie gibt es prinzipiell vier Arbeitsschritte:
- Fällung: Der Analyt wird in eine schwerlösliche Form überführt. Dies erfolgt z.B. durch Zugabe eines Fällungsreagenz oder durch elektrischen Strom. Das Fällungsreagenz sollte langsam zugegeben werden, damit wenige große Kristalle anstatt vieler kleinerer entstehen, da diese leichter abfiltriert werden können.
- Filtration: Der Niederschlag wird filtriert und mehrmals gewaschen, um Fremdstoffe und Verunreinigungen zu entfernen. Dabei darf man jedoch nicht zu häufig waschen – andernfalls gehen Teile des Niederschlages wieder in Lösung.
- Trocknen: Da die Fällung aus Lösung erfolgt, enthält der Niederschlag beträchtliche Mengen Wasser. Um beim Wägen nur den Niederschlag zu erfassen, muss das Wasser entfernt werden. Das Trocknen erfolgt bei anorganischen Verbindungen bei bis zu 1.000 °C, bei organischen Verbindungen bei 110 °C, damit keine Zersetzung stattfindet.
- Wiegen: Der Niederschlag wird gewogen und mit dem gravimetrischen Faktor multipliziert, um die Masse des Analyten zu erhalten. Der gravimetrische Faktor ist die molare Masse des Analyten geteilt durch die molare Masse der Wägeform und entspricht somit dem Massenanteil des Analyten an der Wägeform.
Verfahren
Die Wägeform des Analyten kann mit verschiedenen Methoden erzeugt werden. Es werden daher drei Verfahren der Gravimetrie unterschieden.
Fällungsanalyse
Bei der Fällungsanalyse wird einer Lösung des Analyten ein Fällungsreagenz zugegeben. Das Fällungsreagenz reagiert mit dem Analyten zu einer schwerlöslichen Verbindung, die ausfällt. Beispiele hierfür sind:
- Barium (Ba2+) wird bei Zugabe von Sulfationen als Bariumsulfat (BaSO4) gefällt
- Magnesium (Mg2+) wird bei Zugabe von Ammoniumphosphat als Magnesiumammoniumphosphat (Mg(NH4)PO4) gefällt. Der Niederschlag wird bei 1.000 °C getrocknet, wobei er in die Wägeform Magnesiumdiphosphat (Mg2P2O7) überführt wird.
- Aluminium (Al3+) wird bei Zugabe von 8-Hydroxychinolin als Aluminiumoxinat gefällt
- Zink (Zn2+) wird bei Zugabe von Chinolin-2-carbonsäure als Zinkchinaldinat gefällt
- Nickel (Ni2+) wird bei Zugabe von Dimethylglyoxim als Nickeldimethylglyoximat gefällt
Die Bestimmungen können in beide Richtungen ausgeführt werden, d.h. wenn Barium durch Zugabe von Sulfationen bestimmt werden kann, kann auch Sulfat durch Zugabe von Bariumionen bestimmt werden.
Beispielrechnung
Angenommen, eine Probe enthält eine unbekannte Menge an Bariumionen. Wenn die Probe mit Sulfationen versetzt wird, bildet sich die Wägeform Bariumsulfat, die als weißer Niederschlag sichtbar wird. Die ablaufende Reaktion wird durch folgende Reaktionsgleichung beschrieben:
Der Niederschlag wird filtriert, gewaschen, getrocknet und gewogen. Das Gewicht des Niederschlags muss anschließend mit dem gravimetrischen Faktor f multipliziert werden. Dieser ergibt sich aus der molaren Masse M des Analyten und der Wägeform:
- f = gravimetrischer Faktor
- M = molare Masse
Die Masse an Barium in der Probenlösung berechnet sich als Produkt aus dem gravimetrischen Faktor und der Masse der Wägeform. Bei einer gewogenen Masse von Bariumsulfat von z.B. 853 mg ergibt sich:
wobei
- f = gravimetrischer Faktor
- m = Masse
Elektrogravimetrie
Bei der Elektrogravimetrie wird der Analyt an einer Elektrode abgeschieden. Als Fällungsreagenz dienen dabei sozusagen die Elektronen aus dem elektrischen Strom. Metalle werden an der Kathode abgeschieden, die wegen der geringen Überspannung meist aus Platin gefertigt ist. Sie werden je nach ihrem elektrochemischen Potential als elementares Metall oder als Metalloxid gefällt. Wenn sich das Normalpotential der verschiedenen Analyten in der Lösung ausreichend unterscheidet, können manche Metalle durch stufenweise Erhöhung der angelegten Spannung aus einer Probenlösung bestimmt werden. Für die Auswertung wird die Elektrode, an der das Metall abgeschieden wurde, mit Wasser gewaschen, getrocknet und gewogen. Die Masse des abgeschiedenen Metalls ist die Differenz des Elektrodengewichts vor und nach der Messung.
Thermogravimetrie
Bei der Thermogravimetrie wird eine Probe erwärmt und ihr Gewicht vor und nach der Erwärmung gemessen. In der pharmazeutischen Analytik wird dieses Verfahren vor allem zur Bestimmung des Wassergehalts verwendet. Die Probe wird hierbei so lange erwärmt, bis sich das Gewicht der Probe nicht mehr ändert und somit der gesamte Wassergehalt aus der Probe entfernt wurde. Außerhalb der Pharmazie wird die Thermogravimetrie zur Untersuchung von Kunst- und Werkstoffen eingesetzt.
Literatur
- Eberhard Ehlers: Analytik II - Kurzlehrbuch quantitative und instrumentelle pharmazeutische Analytik, Deutscher Apotheker Verlag Stuttgart, 2002, 10. Auflage
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