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Tiefe Venenthrombose

(Weitergeleitet von Phlebothrombose)

Synonym: Phlebothrombose
Englisch: phlebothrombosis, deep vein thrombosis, DVT

1. Definition

Unter einer tiefen Venenthrombose, kurz TVT, versteht man einen thrombotischen Verschluss tiefer Venen, der mit der Gefahr einer Lungenembolie oder der Entwicklung einer chronisch venösen Insuffizienz einhergeht.

2. Epidemiologie

Die tiefe Venenthrombose ist ein häufiges Krankheitsbild und die jährliche Inzidenz wird auf 1 bis 2 Fälle pro 1.000 Einwohner geschätzt. Da viele tiefe Thrombosen stumm verlaufen und erst Jahre später diagnostiziert werden, kann über die wahre Häufigkeit keine verlässliche Aussage gemacht werden.

3. Lokalisation

Am häufigsten sind Thrombosen in der Unterschenkelregion lokalisiert. In der unteren Extremität ist häufiger das linke Bein betroffen, da die linke Vena iliaca communis von der rechten Arteria iliaca communis überkreuzt wird. Dadurch können das Gefäß eingeengt und die Strömungseigenschaften verändert werden.

4. Pathogenese

Wie bei allen Thrombosen ist auch bei der tiefen Venenhrombose die Kombination aus Verlangsamung der Strömungsgeschwindigkeit, Wandveränderungen und Blutgerinnungsstörung (sogenannte Virchow-Trias) entscheidend.

Immobilisierung des Patienten oder Traumatisierung der Vene führen zur Stase. Beschädigung der Gefäßwand beruhen auf Verletzungen, Operationen oder Entzündungen. Als Ursache für die Gerinnungsstörung kommen hämatologische und neoplastische Erkrankungen in Frage. Patienten, die sich einem chirurgischen Eingriff im Bauch- oder Beckenbereich unterziehen mussten, sind in der postoperativen Phase besonders gefährdet, eine TVT zu entwickeln. Auch bei Wöchnerinnen ist das Risiko erhöht.

5. Pathohistologie

6. Einteilung

7. Symptomatik

Kleinere TVTs können asymptomatisch verlaufen. Typische Symptome bei ausgeprägten Venenthrombosen sind:

Weitere Warnhinweise sind eine Erweiterung der oberflächlichen Venen am Unterschenkel, ein Kletterpuls und subfebrile Temperaturen.

8. Komplikationen

In 10 bis 30 % der Fälle führt eine TVT nachfolgend zur Lungenembolie, die selten tödlich endet, und in 50 % der Fälle zum postthrombotischen Syndrom.

Je proximaler eine Thrombose lokalisiert ist, desto höher ist das Embolie- und Rezidivrisiko.

9. Sonderform

Die Phlegmasia coerulea dolens ist eine Sonderform der tiefen Venenthrombose, die durch Störung der Mikrozirkulation mit einer kompletten Verlegung des venösen Abflusses einer Extremität einhergeht. Die betroffene Extremität ist schmerzhaft zyanotisch, nachfolgend entwickelt sich eine Gangrän, die unbehandelt zum lebensbedrohlichen Schock führt.

10. Diagnostik

Die Diagnostik anhand der klinischen Untersuchung der Schmerzpunkte (z.B. Homans-Zeichen, Payr-Zeichen, Meyer-Zeichen, Lowenberg-Zeichen) kann Hinweise auf die Lokalisation der TVT liefern, ist aber unzuverlässig.

Zur Beurteilung eines TVT-Verdachts der unteren Extremität hat sich in den letzten Jahren der Wells-Score etabliert. Ergänzend erfolgt die Bestimmung des D-Dimers. Ein normales D-Dimer schließt eine tiefe Venenthrombose in der Regel aus, sodass sich weitere Untersuchungen erübrigen. Umgekehrt kann aus einem erhöhten D-Dimer jedoch nicht automatisch auf das Vorliegen einer TVT geschlossen werden.

10.1. Bildgebung

Die Diagnosesicherung der TVT erfolgt durch die Bildgebung. Gängige Verfahren sind:

Weitere Verfahren, die derzeit (2024) nicht routinemäßig zur Anwendung kommen, sind:

11. Differentialdiagnose

12. Therapie

12.1. Konservative Therapie

Nach der Diagnosestellung sollte unverzüglich eine therapeutische Antikoagulation begonnen werden. Ziel ist es, das Auftreten eines postthrombotischen Syndroms zu verhindern. Die Behandlung gliedert sich dabei in eine Initialphase, die einige Tage andauert, gefolgt von einer Erhaltungsphase über 3 bis 6 Monate. Zur Antikoagulation werden niedermolekulare Heparine (NMH) und Fondaparinux eingesetzt. Bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz wird stattdessen unfraktioniertes Heparin (UFH) verwendet.

Zur Erhaltungstherapie eignen sich Vitamin-K-Antagonisten (z.B. Phenprocoumon) oder direkte orale Antikoagulanzien (z.B. Rivaroxaban, Apixaban oder Edoxaban). Verlängernd kann eine Thromboseprophylaxe mit Acetylsalicylsäure erfolgen.

Zudem ist eine Kompressionstherapie des betroffenen Beins indiziert. Hierbei eignet sich ein Kompressionsverband (Typ Fischer) oder ein angepasster Kompressionsstrumpf (Klasse II).

Außerdem sollte der Patient so früh wie möglich mobilisiert werden. Immobilisierungen kommen nur zur Linderung starker Schmerzen infrage.

Generell wird die systemische Thrombolyse wegen eines hohen Blutungsrisikos nicht mehr angewandt, kann jedoch bei Rechtsherzbelastung oder progredienter Dyspnoe (Lungenembolie-Risiko) verordnet werden.

12.2. Chirurgische Therapie

Bei tiefen Venenthrombosen im Becken- und Leistenbereich kann bis maximal fünf Tage nach dem Akutereignis eine Thrombektomie in Betracht gezogen werden. An die Operation schließt sich eine Heparinisierung und eine zusätzliche Kompressionstherapie der betroffenen Extremität an.

Als Operationstechniken kommen u.a. in Betracht:

  • Ballonkatheter: Eröffnung der betroffenen Vene, Einbringen eines Ballonkatheters und Entfernung des Thrombus nach distal durch Zurückziehen des Katheters
  • Offene Thrombektomie: Eröffnung der betroffenen Vene und Entfernung des Thrombus unter Sicht. Nur durchführbar bei geeigneter Lokalisation und kurzen Thromben
  • Kompressionsthrombektomie: Eröffnen der Vene und Herauspressen des Thrombus

Nach der Entfernung des Thrombus kann die Gefahr eines erneuten Venenverschlusses durch eine passager angelegte arteriovenöse Fistel vermindert werden. Dadurch wird der Blutfluss in der Vene deutlich erhöht, was ggf. eine erneute Verschlussbildung verhindert.

13. Quiz

14. Bildquelle

  • Bildquelle für Flexikon-Quiz: © Jens Herrndorff / Unsplash

15. Quelle

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