Abkürzung: DOAK
Synonyme: Neue orale Antikoagulantien, NOAK
Englisch: new oral anticoagulants, NOAC
Direkte orale Antikoagulantien, kurz DOAK, ist der Oberbegriff für eine Gruppe von gerinnungshemmenden Arzneistoffen, die direkt gegen bestimmte Gerinnungsfaktoren wirken und oral eingenommen werden können. Da diese Substanzen zur Zeit (2018) erst seit einigen Jahren auf dem Markt sind, wird alternativ auch der Begriff Neue orale Antikoagulantien (NOAK) verwendet.
Bisher standen als gerinnungshemmende Medikamente zur oralen Einnahme nur Vitamin-K-Antagonisten (Cumarin-Derivate, in Deutschland vor allem das Marcumar®) zur Verfügung. "Orale Antikoagulation" war daher gleichbedeutend mit Marcumarisierung. Acetylsalicylsäure (Aspirin®) und andere Thrombozytenaggregationshemmer können zwar ebenfalls geschluckt werden, sind aber keine Antikoagulantien, da sie nicht in die plasmatische Gerinnung eingreifen.
Die Wirkungsweise der klassischen Antikoagulantien ist indirekt: Heparin wirkt, indem es die Affinität von Antithrombin zum Thrombin und zum Faktor Xa verstärkt. Vitamin K-Antagonisten hemmen die Produktion von Gerinnungsfaktoren in der Leber. Daher stellen die DOAK ein neues Wirkungsprinzip dar.
Eine Umdeutung des Akronyms NOAK ist "Nicht-Vitamin-K-antagonistische Orale Antikoagulantien" (non vitamin K antagonist oral anticoagulants, NOAC).
Als Hauptvorteile der DOAK sind die einfache Anwendung und der Wegfall regelmäßiger Gerinnungskontrollen zu nennen. Ob der Verzicht auf Gerinnungskontrollen medizinisch begründet ist oder den Teil einer Marketingstrategie darstellt, ist allerdings umstritten.[1]
Ein wesentlicher Nachteil war bisher das Fehlen eines Antidots, das zur Normalisierung der Gerinnung bei Blutungskomplikationen oder vor Notfalleingriffen verwendet werden kann. Substanzen, mit denen die Antikoagulation durch DOAK kurzfristig antagonisiert werden kann, sind aktuell (Mitte 2016) gerade zugelassen worden oder stehen in Zulassungsstudien (siehe Notfallmanagement). Die Erfahrung im Umgang mit diesen Mitteln ist noch begrenzt.
Labordiagnostische Methoden, die eine Restwirkung oder Akkumulation von DOAK nachweisen könnten, sind nicht weit verbreitet, auch dies kann sich nachteilig auswirken.
Da die Substanzen kurze Halbwertszeiten haben, kann bei nicht bedrohlichen Blutungen zugewartet werden. Bei schweren Blutungen wird versucht, das Gerinnungspotential durch Gabe von Prothrombinkomplex-Konzentraten (PPSB) oder gerinnungsaktivem Plasma allgemein anzuheben. Eine Übersichtsarbeit zum Vorgehen bei Notfällen unter DOAK-Therapie wurde 2012 im Deutschen Ärzteblatt veröffentlicht und 2021 aktualisiert.[2] Eine weitere Übersicht ist 2015 in Thrombosis and Haemostasis erschienen (frei zugänglich, englisch).[3]
Gegen Dabigatran wurde Anfang 2016 mit Idarucizumab ein spezifischer Antagonist zugelassen. Es handelt sich um ein humanisiertes Antikörperfragment, das Dabigatran mit hoher Affinität bindet.
Als Antagonisten gegen FXa-Inhibitoren wurden Andexanet alfa und Ciraparantag entwickelt. Bei Andexanet alfa handelt es sich um gentechnisch hergestelltes Faktor X-Fragment, das eine Bindungsstelle für die Inhibitoren aufweist, aber keine Gerinnungsaktivität hat. Es wurde im Mai 2018 in den USA und im April 2019 in der EU als Antidot für Rivaroxaban und Apixaban zugelassen[4].
Für Wirkungskontrollen der DOAK eignen sich Routine-Gerinnungstests nur wenig. Empfohlen werden
Durch die neuen oralen Antikoagulantien verliert die jahrzehntelang gültige Formel: Marcumar® = INR, Heparin = aPTT ihre Gültigkeit. Schon das niedermolekulare Heparin stellte diesbezüglich eine gewisse Herausforderung dar, da es auch in therapeutischer Dosierung (Vollheparinisierung) die aPTT nicht oder nur wenig verlängert.
Tags: Antikoagulans, Arzneistoff, Faktor-Xa-Inhibitor, Gerinnungsdiagnostik, Gerinnungshemmung, Thrombinhemmer
Fachgebiete: Hämostaseologie, Pharmakologie
Diese Seite wurde zuletzt am 8. Februar 2022 um 18:41 Uhr bearbeitet.
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