Thromboembolie
Synonym: Thrombembolie
Englisch: thrombotic embolism
Definition
Unter einer Thromboembolie versteht man den Verschluss eines Blutgefäßes (Embolie) durch Verschleppung eines Blutgerinnsels (Thrombus) innerhalb des Gefäßsystems. Die klinischen Folgen sind zum Teil lebensbedrohlich und erfordern eine schnelle Intervention.
Hintergrund
Eine Embolie wird durch nicht-lösliches Material im Gefäßsystem ausgelöst. Der Embolus kann u.a. aus Blutzellen, Fett, Luft oder Tumorzellen bestehen. Thromben sind jedoch mit Abstand die häufigste Ursache für Embolien.
Einteilung
Man unterteilt Thromboembolien in erster Linie nach dem Entstehungsort des Thrombus:
- Venöse Thromboembolien (VTE): Der Embolus entsteht in einer Vene, z.B. bei der Lungenembolie, die meist auf eine tiefe Beinvenenthrombose zurückgeht.
- Arterielle Thromboembolien (ATE): Der Embolus entsteht im linken Herzen (80 % der Fälle) oder in einer Arterie, z.B. nach Dissektion oder Plaqueruptur
Ätiologie
Pathogenetisch stehen bei der Entstehung von Thromben, die zu einer Thromboembolie führen können, in der Regel lokale Störungen der Hämodynamik im Vordergrund. In Verbindung mit Entzündungsprozessen der Gefäßwand führen diese zu einer Aktivierung der Blutgerinnung. Die typischen Ursachen einer Thrombose werden unter dem Begriff Virchow-Trias beschrieben.
Mögliche Risikofaktoren für die Entstehung von Thrombosen und entsprechend Thromboembolien sind:
- APC-Resistenz (in Westeuropa häufigster Risikofaktor)
- Immobilisation (z.B. aufgrund von Operationen)
- Rauchen
- Vorhofflimmern
- Herzklappenersatz
- pAVK
- Aneurysmata
- Arteriitis
- allgemeine Hyperkoagulabilität, z.B. im Rahmen einer Polycythaemia vera
- Tumorerkrankungen
- Gefäßpunktionen
- Gefäßkatheter (z.B. ZVK)
- endovaskuläre Interventionen (PTCA)
- Hämolyse (z.B. Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie)
- Heparin-induzierte Thrombozytopenie
- Einnahme von oralen Kontrazeptiva und anderen gerinnungsfördernden Medikamenten
Pathomechanismus
Bei einer Thromboembolie entsteht an einer oder mehreren Stellen im Gefäßsystem ein Thrombus, der ganz oder teilweise mit dem Blutstrom weitergetragen wird und dadurch zu einem Gefäßverschluss an einer anderen Stelle führt.
Venöse Thromboembolien
Venöse Thromboembolien entstehen besonders häufig in den tiefen Beinvenen, den Beckenvenen oder auch in Venenplexus der Prostata und des Uterus. Manchmal entstehen auch in Hals- oder Armvenen Thromben, z.B. durch einliegende Venenkatheter. Der Anatomie des Gefäßsystems folgend, werden venöse Thromben mit dem Blutstrom über die Vena cava ins rechte Herz und von dort weiter in die Lungenarterien transportiert. Dort verlegen sie Gefäßäste, eine gesamte Lungenarterie oder den Truncus pulmonalis und führen zu einer Lungenarterienembolie. Manchmal kann ein venöser Thrombus auch zu einer Pfortaderembolie führen.
In seltenen Fällen kann ein venöser Thrombus über ein offenes Foramen ovale aus dem rechten Herz ins linke Herz gelangen und zu einer Embolie im arteriellen System führen. Man spricht dann von einer paradoxen Embolie.
Arterielle Thromboembolien
Arterielle Thromboembolien entstehen bevorzugt im linken Herz. Sie werden z.B. durch Wandbewegungsstörungen oder Herzrhythmusstörungen (Vorhofflimmern) begünstigt, die zu Verwirbelungen des Blutstroms führen. Von dort gelangen die Thromben über die Aorta in andere Abschnitte des arteriellen Systems, z.B. die zerebralen Gefäße, Nierenarterien oder Mesenterialarterien und verursachen dort Infarkte. Ist eine Extremitätenarterie betroffen, kommt es zum Absterben des minderperfundierten Gewebes mit Demarkation.
Symptome
Die Symptome unterscheiden sich je nach Lokalisation der Embolie. Bei einer Lungenembolie kommt es beispielsweise zu Dyspnoe, Brustschmerz und Zyanose. Embolische Hirninfarkte ziehen variable neurologische Defizite nach sich, Mesenterialinfarkte eine Durchwanderungsperitonitis mit Schock und akutem Abdomen. Die genaue Symptomatik ist unter den jeweiligen Krankheitsbildern aufgeführt.
Diagnostik
Die Diagnostik richtet sich ebenfalls nach der Form der Embolie und dem dadurch hervorgerufenen Symptombild. Wichtig ist die Identifizierung der Emboliequelle, um eine mögliche Grunderkrankung zu behandeln und eine geeignete Sekundärprophylaxe auszuwählen.
Die Basisdiagnostik umfasst die Erhebung der Vitalparameter Blutdruck, Herzfrequenz, Atemfrequenz und spO2.
Bei der klinischen Untersuchung von Patienten mit VTE können eine Halsvenenstauung und Beinschwellung auffallen. Der Wells-Score hilft dabei, die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Lungenembolie abzuschätzen.
Die Bildgebung (Röntgen, CT, MRT) unter Einsatz von Kontrastmitteln ist die wichtigste Maßnahme zur Lokalisation einer Thrombembolie.
Abhängig vom Alter des Patienten und den Begleitumständen (Thrombose ohne Auslöser oder jüngeres Alter) sollte im Anschluss eine Thrombophiliediagnostik oder eine Tumorsuche erwogen werden.
Prophylaxe
Prophylaktisch werden individuell folgende Maßnahmen eingesetzt:
Allgemeinmaßnahmen
- postoperative frühe Mobilisation
- aktive Krankengymnastik
- Anti-Thrombose-Strümpfe (ATS) oder Kompressionsverbände
- Aussetzen gerinnungsfördernder Medikamente (z.B. Östrogene)
Antikoagulantien
- Heparin: wirkt mit Antithrombin III im Komplex und potenziert dessen gerinnungshemmende Wirkung. Der Komplex hemmt Thrombin und Faktor Xa und greift so in die sekundäre Hämostase ein (sog. Low-dose-Heparinisierung).
- Fondaparinux: Heparinanalogon, das den Faktor Xa hemmt
- Cumarin-Derivate: Vitamin-K-Antagonisten, welche die Bildung der Gerinnungsfaktoren X, IX, VII, und II und der Proteine C und S hemmt (sog. Marcumarisierung).
- Direkte orale Antikoagulanzien (DOAKs): Sie hemmen Thrombin oder den Faktor Xa
siehe auch: Antikoagulans
Thrombozytenaggregationshemmer
- Acetylsalicylsäure: ASS hemmt irreversibel die Cyclooxygenase und somit die Bildung von Thromboxan A2, welches die Thrombozytenaggregation fördert.
- ADP-Hemmer: zu ihnen zählen Prasugrel, Ticagrelor, Cangrelor oder Clopidogrel. Sie hemmen selektiv den P2Y12-Rezeptor auf der Thrombozytenoberfläche.
- Glykoprotein-IIb/IIIa-Rezeptorantagonisten: Sie verhindern die Bindung von Fibrinogen an den aktivierten thrombozytären Rezeptor GP IIb/IIIa, z.B. Abciximab, Eptifibatid oder Tirofiban
Quiz
Bildquelle
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Literatur
- Böcker et al., Pathologie, Urban und Fischer, 5. Auflage, 2012