Antikoagulation
von lateinisch: coagulare - gerinnen, stocken
Synonyme: Gerinnungshemmung, antikoagulierende Therapie, "Blutverdünnung" (umgangsspr.)
Englisch: anticoagulation
Definition
Als Antikoagulation bezeichnet man die prophylaktische oder therapeutische Hemmung der plasmatischen Blutgerinnung durch Gabe von gerinnungshemmenden Medikamenten (Antikoagulantien).
Von der Antikoagulation abgegrenzt wird die physiologische Gerinnungshemmung.
Hintergrund
Bei der Blutgerinnung kann prinzipiell zwischen der Thrombozytenaggregation und der plasmatischen Gerinnung unterschieden werden. Wird die plasmatische Gerinnung gehemmt, spricht man von einer Antikoagulation. Ziel ist in der Regel die Verhinderung einer Thrombusbildung im venösen Gefäßsystem oder im Herzen, bzw. die Verhinderung oder die Behandlung einer Embolie, z.B. bei frei flottierendem Thrombus, bei Gefäßdissektion oder nach einer Lungenembolie.
Die medikamentöse Hemmung der Thrombozygenaggregation hingegen verhindert primär die Anlagerung von Thrombozyten an der Gefäßwand oder auch an Fremdmaterial (Stent) und wird zur Verhinderung der Thrombusbildung im arteriellen System, z.B. bei Atherosklerose oder nach Stentimplantation eingesetzt.
Einteilung
Eine Antikoagulation kann nach verschiedenen Aspekten eingeteilt werden:
... nach Zeitrahmen der Behandlung
- Temporäre Antikoagulation
- periinterventionelle Antikoagulation
- postoperative Antikoagulation
- Langzeitantikoagulation
... nach Ziel der Behandlung
- prophylaktische Antikoagulation: eingesetzt zur Verhinderung einer Thrombusbildung bei erhöhtem Risiko, z.B. durch Immobilisation während eines Krankenhausaufenthalts
- therapeutische Antikoagulation: bei bestehender Thrombose bzw. Embolie zur Auflösung des Thrombus oder um ein weiteres Wachstum des Thrombus zu verhindern
Wirkstoffe
Zur Antikoagulation werden u.a. folgende Substanzgruppen eingesetzt:
Indikationen
Die wichtigsten Indikationen für eine Antikoagulation sind:
Weitere mögliche Indikationen sind z.B.:
- längere Immobilisation (z.B. postoperativ oder auf Flugreisen)
- Thrombophilie mit hohem Risiko
- Sekundärprävention bei Karotis- oder Vertebralisdissektion (z.B. bei flottierendem Thrombus oder embolischen Infarkten)
- Venenbypässe mit hohem Verschlussrisiko
- Sekundärprophylaxe nach Schlaganfall mit embolischer Genese (z.B. bei Vorhofflimmern)
- persistierendes Foramen ovale
- pulmonale Hypertonie
Die Dosierung und Dauer der Antikoagulation hängt von der zugrundeliegenden Indikation (prophylaktische vs. therapeutische Antikoagulation) und individuellen Faktoren (z.B. Alter und Nierenfunktion) ab.
Risikoabwägung
Dem Nutzen einer Antikoagulation steht immer das Risiko einer Blutungskomplikation gegenüber. Diese wird häufig als Nebenwirkung betrachtet, tatsächlich handelt es sich aber um die Hauptwirkung gerinnungshemmender Medikamente.
Es gibt verschiedene Herangehensweisen, um das Risiko einer Thrombose bzw. Thromboembolie gegen das Risiko der Antikoagulation abzuwägen, z. B. den HAS-BLED-Score im Vergleich mit dem CHA2DS2-Vasc-Score.