Mitralstenose
Synonym: Mitralklappenstenose
Englisch: mitral stenosis
Definition
Die Mitralstenose ist ein Herzklappenfehler, bei dem die Öffnung der Mitralklappe eingeengt ist. Dadurch kommt es während der Diastole zu einer gestörten Füllung des linken Ventrikels.
Epidemiologie
Die Mitralklappenstenose ist eine der häufigsten erworbenen Herzklappenfehler und betrifft Frauen häufiger als Männer. Durch den konsequenten Einsatz von Penicillin bei Infektionen mit Streptokokken konnte die Inzidenz in der Vergangenheit deutlich abgesenkt werden.
In etwa 40 % der Fälle liegt bei einer Mitralstenose zusätzlich eine Aortenstenose vor.
Ätiologie
Die mit Abstand häufigste Ursache einer Mitralstenose ist rheumatisches Fieber und die damit verbundene Endokarditis.
Seltener treten als Ursache auf:
Pathophysiologie
Die Stenose der Mitralklappe ist durch entzündliche und degenerative Veränderungen der Klappensegel und der Chordae tendineae bedingt. Fibrosen und Kalzifikationen führen zu einer fortschreitenden Einschränkung der Dehnungs- und Bewegungsfähigkeit des Klappenapparates.
Die normale Klappenöffnungsfläche liegt bei 4-6 cm2. Verkleinert sich diese Öffnungsfläche um mehr als die Hälfte kommt es zu hämodynamischen Störungen.
Auswirkungen der Stenose
Es kommt zur Ausbildung eines Druckgradienten zwischen linkem Vorhof und der linker Kammer. Daraus resultiert zum einen eine Dilatation des linken Vorhofs (begünstigt das Auftreten von Vorhofflimmern) und zum anderen eine pulmonale Hypertonie.
Durch die pulmonale Hypertonie kommt es bei fortschreitender Erkrankung zu einer Druckbelastung des rechten Herzen und infolge einer Rechtsherzdilatation auch zu einer Rechtsherzinsuffizienz.
Klinik
Ein Leitsymptom ist die Dyspnoe, bedingt durch den Rückstau von Blut in die Lungen. Die Dyspnoe tritt meist erst bei Belastung auf, wenn das Herzminutenvolumen gesteigert wird. Bei schwergradigen Stenosen kann auch eine Ruhedyspnoe auftreten. Ein weiteres Symptom schwergradiger Mitralstenosen können Hämoptysen sein, die insbesondere nachts bei intensiver Dyspnoe auftreten. Generell ist die körperliche Leistungsfähigkeit betroffener Patienten vermindert.
Bei langjährigem unbehandeltem Verlauf kann sich eine sogenannte Facies mitralis ("rote Bäckchen") mit peripherer Zyanose und Zeichen der Rechtsherzinsuffizienz einstellen.
Manchmal fällt der Blick auf eine Mitralstenose erst durch die Diagnose einer Tachyarrhythmia absoluta bei Vorhofflimmern. Diese tritt bei fortgeschrittenen Mitralstenosen regelmäßig auf und kann diagnostisch wegweisend sein.
Diagnostik
Die Verdachtsdiagnose ergibt sich aus Anamnese und Klinik. Der nächste Schritt besteht in der Auskultation.
Auskultationsbefund
Das Leitgeräusch bei der Auskultation ist ein niederfrequentes Diastolikum mit Decrescendo-Charakter. Das Punctum maximum liegt im 4. oder 5. ICR links, oft auch in der Nähe der Herzspitze.
Weitere bei der Auskulation erfassbare Geräuschphänomene können sein:
- paukender 1. Herzton
- Mitralklappenöffnungston vor dem Diastolikum
- 4. Herzton am Ende der Diastole
Audiodatei freundlicherweise zur Verfügung gestellt von 3M Littmann
Apparative Diagnostik
Die weiteren diagnostisch verwertbaren Veränderungen umfassen unter anderem:
- Röntgen-Thorax: Im Röntgen-Thorax (p.a.) zeigt sich eine Vergröberung der linksseitigen Herztaille, die durch eine Vorbuchtung des linken Vorhofs und des linken Herzohres verursacht wird. Im seitlichen Bild kann nach Ösophagus-Breischluck eine Einengung des Ösophagus durch den linken Vorhof zeigen. Eventuell sind als Zeichen der pulmonalen Hypertonie basal Kerley-B-Linien und eine Verengung des retrosternalen Raumes festzustellen.
- EKG: Im EKG zeigt sich häufig ein P-mitrale als Ausdruck der Vorhofdilatation. Ein Vorhofflimmern oder Vorhofflattern können ebenfalls vorliegen. Zeichen der Rechtsherzbelastung treten in Form eines Steiltyps bzw. Rechtstyps der Herzachse erst im fortgeschrittenen Verlauf auf.
- Echokardiographie: Die Echokardiographie und Doppler-Echokardiographie erlauben sowohl die Bestimmung der Klappenöffnungsfläche, als auch die Berechnung des Druckgradienten sowie der Druckhalbwertszeit. Zudem kann eine eventuell begleitend vorliegende Mitralinsuffizienz gesichert werden.
- Rechtsherzkatheteruntersuchung: Bei der Rechtsherzkatheteruntersuchung und zusätzlicher ergometrischer Belastung steigt der pulmonale Druck über das normale Maß hinaus an.
- Linksherzkatheteruntersuchung: Die Linksherzkatheteruntersuchung erlaubt eine direkte Bestimmung des Druckgradienten und der Klappenöffnungsfläche. Dazu kann der Druck im linken Ventrikel und zusätzlich der Wedge-Druck (Pulmonaliskatheter) bestimmt werden.
Klassifikation des Schweregrades
Eine Mitralstenose kann nach Bestimmung des Druckgradienten und der Klappenöffnungsfläche in vier Schweregrade eingeteilt werden.
- Grad I: Klappenöffnungsfläche über 2,5 cm2, mittlerer Druckgradient < 5 mmHg
- Grad II: Klappenöffnungsfläche zwischen 1,5 und 2,5 cm2, mittlerer Druckgradient > 5 mmHg
- Grad III: Klappenöffnungsfläche zwischen 1,0 und 1,5 cm2, mittlerer Druckgradient > 10 mmHg
- Grad IV: Klappenöffnungsfläche < 1 cm2, mittlerer Druckgradient > 20 mmHg
Therapie
Die therapeutischen Optionen umfassen die konservative Kontrolle der Komplikationen und die operative oder interventionelle Korrektur der Stenose.
Bei leichter Mitralstenose kann eine konservative Therapie durch körperliche Schonung und die Gabe von Diuretika erfolgen (Vorlast absenken). Liegt zusätzlich ein relevanter pulmonaler Hypertonus vor, kann eine Therapie mit Vasodilatantien (z.B. Nitrate) hilfreich sein.
Liegt ein rezidivierendes Vorhofflimmern mit Risiko einer kardialen Embolie vor, sollte eine Antikoagulation mit Vitamin-K-Antagonisten erfolgen. Bei schneller Überleitung des Vorhofflimmerns auf die Kammern kann die Gabe von Digitalisglykosiden und Betablockern zur Frequenzkontrolle eingesetzt werden. Nach ausreichend langer Antikoagulation kann eine Elektrokardioversion zur Rhythmuskontrolle angestrebt werden.
Vor blutigen Eingriffen und bei fieberhaften Infekten sollte im Sinne einer Endokarditisprophylaxe konsequent antibiotisch behandelt werden.
Eine operative oder interventionelle Therapie ist in jedem Fall bei starker Symptomatik und Schweregraden ab II indiziert. Eine Intervention sollte nicht zu lange hinausgezögert werden, da die Prognose einer Mitralstenose durch Schädigungen des Myokards auch nach operativer Therapie erheblich verschlechtert wird.
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Als operative/interventionelle Verfahren stehen zur Verfügung:
Bildquelle
- Bildquelle Auskultationsgeräusch: ©Pavel Danilyuk/Pexels