Kerley-Linien
nach dem englischen Radiologen Peter James Kerley (1900 - 1978), ehemaliger Leiter der Radiologie am Westminster Hospital, London
Englisch: Kerley-Lines
Definition
Die Kerley-Linien sind ein radiologisches Phänomen, welches im Röntgenbild des Thorax typischerweise bei einem interstitiellen Lungenödem, sowie auch bei diversen anderen Krankheitsbildern der Lunge vorkommt.
Morphologie
Im Röntgenbild stellen sich die Kerley-Linien als feine, horizontal verlaufende Linien dar. Sie sind das pathologische Korrelat zu verdickten interlobulären Septen bei interstiellem Ödem. Je nach Verschattungsmuster und Lokalisation unterscheidet man:
- Kerley-A- und Kerley-B-Linien: streifige Verschattungen
- Kerley-C-Linien: feinretikuläre Verschattungen
Kerley-A-Linien
Kerley-A-Linien sind längere (2 bis 5 cm), meistens apikal (A) gelegene Linien, welche charakteristisch horizontal oder diagonal in Richtung des Lungenhilus verlaufen. Ihr morphologisches Korrelat sind dilatierte Lymphgefäße, welche zentrale und periphere Lymphbahnen verbinden. Kerley-A-Linien sind seltener als Kerley-B-Linien, werden jedoch öfter als Kerley-C-Linien beobachtet.
Kerley-B-Linien
Kerley-B-Linien sind kürzere (bis zu 2 cm), meist basal (B) und stets horizontal verlaufende, feine Linien. Sie nehmen ihren Anfang meist an der Pleura und verlaufen von hier aus horizontal und parallel zueinander in Richtung Mediastinum bzw. Körpermitte. Ihr morphologisches Korrelat sind interlobuläre Septen, welche von der Pleura oder von Fissuren der Lunge ausgehen. Ihr Kaliber entspricht in etwa dem der Kerley-A-Linien. Sie sind die am häufigsten vorkommenden Kerley-Linien.
Kerley-C-Linien
Kerley-C-Linien stellen netzförmige Verdichtungen dar, die in der ganzen Lunge und gehäuft zentral (C) in der Nähe der Hili vorkommen. Sie entstehen durch überlagernde verdickte Interlobulärsepten. Sie sind die am seltensten beobachteten Kerley-Linien.
Pathophysiologie
Die Kerley-Linien können zum einen durch einen erhöhten Flüssigkeitsaustritt aus dem Intravasalraum ins Interstitium, zum anderen durch eine vermehrte Lymphproduktion oder einen verminderten Lymphabfluss in der Lunge entstehen. Bei erhöhtem hydrostatischem oder erniedrigtem onkotischen Druck kann die Flüssigkeit nicht optimal innerhalb der Gefäße gehalten werden. Bei Passage der Lunge gelangt somit freie Flüssigkeit aus dem Blut, zunächst ins Interstitium, später auch in die Alveolen der Lunge (alveoläres Lungenödem). Die bis dahin bindegewebigen Interlobulärsepten werden nun mit Flüssigkeit gefüllt, weiten sich auf und werden im Röntgenbild als feine Linien sichtbar.
Assoziierte Krankheitsbilder
Am häufigsten kommen Kerley-Linien bei kardial bedingtem Lungenödem im Rahmen einer Herzinsuffizienz vor. Weitere, nicht kardiale Ursachen können eine Lungenfibrose, eine Lymphangiosis carcinomatosa, eine CMV-Pneumonie sowie Hämosiderin-Ablagerungen im Rahmen einer Hämosiderose oder Hämochromatose sein.