Fatigue
von französisch: fatigue - Erschöpfung
Synonyme: Fatigue-Syndrom (FS), Erschöpfungssyndrom
Definition
Fatigue ist ein Syndrom (eine Ansammlung unterschiedlicher Symptome), das als Begleiterscheinung verschiedener chronischer Krankheiten auftritt, insbesondere im Rahmen von Tumorerkrankungen.
Nach David Cella bedeutet Fatigue "eine außerordentliche Müdigkeit, mangelnde Energiereserven oder ein massiv erhöhtes Ruhebedürfnis, das absolut unverhältnismäßig zu vorausgegangenen Aktivitätsänderungen ist." Fatigue ist somit eine krankhafte Erschöpfung, die sich nicht durch normale Erholungsmechanismen beheben oder den Betroffen durch Schlaf effektiv regenerieren lässt.
In der Palliativmedizin und in der Onkologie wird Fatigue zunehmend auch als eigenständige Krankheitsentität verstanden.
Von der Fatigue abgegrenzt wird das chronische Fatigue-Syndrom (CFS).
siehe auch: Fatigue bei Tumorpatienten
Symptome
- Gefühl generalisierter Schwäche
- Konzentrationsstörungen
- Mangel an Motivation, den normalen Aktivitäten des Alltags nachzugehen
- Gestörtes Schlafmuster
- Emotionale Reaktionen wie z.B. Frustration oder Reizbarkeit
- Sozialer Rückzug, Isolation
- Verlust der körperlichen Belastbarkeit
Die Beschreibung der Symptomatik durch den Betroffenen hängt zusätzlich ab von anderen Faktoren, wie beispielsweise dem Erleben der Krankheit und der Therapie oder der entsprechenden Tagesgestaltung.
Ätiologie
Fatigue ist ein multikausales bzw. multifaktorielles Phänomen. Als mögliche Ursachen einer Fatigue kommen in Frage:
- Die (Tumor-)Erkrankung selbst (Gewichtsabnahme, Stoffwechselstörungen, Anämie)
- Therapiemaßnahmen (OP, Strahlentherapie, Chemotherapie, Zytokine, allg. Medikation wie z.B. Opiate)
- Hormonmangelerscheinungen (Schilddrüsenhormone, Geschlechtshormone, Nebennierenhormone)
- Psychische Auswirkungen der Erkrankungen (Angst, Stress, Depressionen)
- Schlafstörungen, Mangelernährung
- Chronische Infekte
- Mangel an körperlichem Training und der einhergehende Muskelabbau
Ein Großteil der Symptomatik des akuten Fatigue-Syndroms im Rahmen einer Tumorerkrankung lässt sich durch die Tumorerkrankung selbst oder die Tumortherapie erklären:
- Beeinträchtigung der Hämatopoese: Die Behandlung durch Strahlen- und vor allem Chemotherapie beeinträchtigt die Blutbildung im Knochenmark. Durch einen Mangel von Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten kommt es zur Anämie mit Schwäche und Dyspnoe bei geringer Belastung sowie zu erhöhter Infektanfälligkeit und Blutungen (Hämorrhagien). Die Anämie kann auch die Folge eines Erythropoetinmangels sein.
- Beeinträchtigung der Lebensqualität: Die Tumorerkrankung und die mit ihr einhergehende Therapie führt bei vielen Betroffenen zu einem stetig steigenden Verlust der Lebensfreude und zu zunehmender Antriebslosigkeit.
- Medikamente: Die kontinuierliche Einnahme von hohen Medikamentendosierungen, insbesondere Schmerzmitteln (Analgetika) führen als Nebenwirkung oft zu einer beeinträchtigten Aufmerksamkeit, sowie zu Müdigkeit und Abgeschlagenheit und fördern damit eine Fatigue.
Diagnose
Die Diagnose einer Fatigue kann aufgrund der mangelnden Abgrenzbarkeit und der großen Anzahl ähnlicher Erkrankungen (z.B. Burnout-Syndrom) schwierig sein. Für die Diagnosestellung ist umfangreiche Anamnese und die professionelle Beurteilung des physischen, psychischen bzw. kognitiven Zustandes des Betroffenen notwendig.
Zur Diagnosefindung existiert eine Vielzahl an standardisierten Fragebögen. Hierbei steht meist auch die Fatigue bei Tumorerkrankungen im Vordergrund. Die Fragebögen erfassen u.a. Symptome wie Erschöpfung, Energiemangel sowie ein gesteigertes Bedürfnis nach Erholung nach relativ geringer Belastung.
Nach internationaler Definition leidet der Betroffene unter Fatigue wenn die genannten Symptome im Vormonat täglich oder fast täglich, in zwei aufeinanderfolgenden Wochen aufgetreten sind und zusätzlich mindestens fünf oder mehr der folgenden Punkte erfüllt werden:
- Leiden unter allgemeiner Schwäche
- Schweregefühl in den Gliedern
- Nachlassen der Konzentration oder Aufmerksamkeit
- Motivationsverlust und fehlendes Interesse an der Ausführung normaler Aktivitäten
- Schlafstörungen oder erhöhtes Schlafbedürfnis
- Erschöpfung und Müdigkeit auch nach dem Schlafen
- große Mühe bei der Überwindung der Untätigkeit
- Stimmungsschwankungen in Form von Trauer oder Reizbarkeit
- Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis
- Stundenlang anhaltende, starke Erschöpfung nach schweren Tätigkeiten
Therapie
Die Therapie ist abhängig von der Ursache. Mögliche Maßnahmen sind:
- Angepasste Schmerztherapie
- Psychotherapie
- Medikamente (Antidepressiva, Neuroleptika)
- Hormonsubstitution (z.B. Erythropoetin)
- Ernährungsberatung
- Erythrozytenkonzentrate (bei Anämie)
- Körperliches Training unter medizinischer Kontrolle
- Autogenes Training, Entspannungstechniken
- Atemübungen