Glitazon
Synonym: Thiazolidindione, Insulin-Sensitizer
Englisch: glitazones
Definition
Glitazone sind zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 eingesetzte Medikamente. Sie gehören zur Klasse der oralen Antidiabetika.
Wirkmechanismus
Glitazone aktivieren den PPARγ (peroxisomal proliferator-activated receptor gamma) im Zellkern. Dadurch wird die Genexpression von Genen des Glukose- und Lipidstoffwechsels gesteigert. Zu diesen Genen gehört unter anderem GLUT4, sodass die Glukoseaufnahme der Zellen steigt. Weiterhin werden vermehrt Genprodukte synthetisiert, welche die Neubildung und Differenzierung von Fettzellen fördern.
Die physiologische Funktion des Insulins wird damit verbessert, der Blutzucker sinkt, die beim Diabetes mellitus Typ 2 vorhandene Insulinresistenz wird geringer, die Insulinsekretion wird vermindert.
Zusätzliche Wirkungen
Einige ältere Studien offenbaren eine über den Glucosestoffwechsel hinausgehende Wirksamkeit von Glitazonen:
- Eine bei Typ-2-Diabetikern häufig vorhandene Dyslipoproteinämie bessert sich unter Glitazonen. HDL steigt an, das atherogene LDL sinkt ab.
- Eine Umverteilung des Fettgewebes mit Verringerung des viszeralen und Zunahme des subkutanen Fettes wurde in mehreren Studien beobachtet. Im viszeralen Fett werden atherogene Faktoren wie TNF-α und Plasminogen-Aktivator-Inhibitor 1 sezerniert.
- Der Blutdruck sinkt unter Glitazon-Therapie moderat ab.
- Die Mikroalbuminurie (Indikator für diabetische Nephropathie und erhöhtes kardiovaskuläres Risiko) nimmt ab. Dieser Effekt wird auf die Verbesserung der Funktion des Endothels durch Glitazone zurückgeführt.
Eine eindeutige Aussage über den Einfluss von Glitazonen bezüglich der kardiovaskulären Morbidität und Mortalität kann wegen fehlender Endpunktstudien noch nicht getroffen werden. Diesbezüglich sind Glitazone derzeit Gegenstand von wissenschaftlichen Studien.
Indikation
Glitazone sind für eine Monotherapie des Diabetes mellitus Typ 2 und eine Kombinationstherapie mit Sulfonylharnstoffen oder Metformin zugelassen. Eine Kombination mit Insulin ist kontraindiziert.
Glitazone werden daher in den meisten Fällen als Zweitlinientherapie bei nicht zufriedenstellender Einstellung des Stoffwechsels unter Metformin oder Sulfonylharnstoffen als zusätzliches Medikament angeordnet.
Substanzen
In Deutschland ist derzeit (2019) aus der Gruppe der Glitazone nur noch Pioglitazon zugelassen. Rosiglitazon wurde 2010 vom Markt genommen, da es in Studien das Risiko für Myokardinfarkte signifikant erhöhte.[1]
Pioglitazon darf seit 2011 nur noch in begründeten Einzelfällen zu Lasten der GKV verordnet werden. Das BfArM empfiehlt, Pioglitazon wegen einer Risikoerhöhung für Blasenkarzinome nicht mehr zu verschreiben.[2]
Nebenwirkungen
- Wasserretention und Neubildung von Fettzellen bewirken eine Gewichtszunahme und Ausbildung peripherer Ödeme
- leichte Anämie
- Kopfschmerzen
Pioglitazon begünstigt die Entstehung von Blasenkrebs. Das Risiko war in einer Analyse, die im Britischen Ärzteblatt erschien, ab einer Behandlungsdauer von 2 Jahren und einer kumulativen Dosis von 28.000 mg signifikant erhöht.[3] Aus diesem Grund besteht zur Zeit eine Kontraindikation bei aktivem Blasenkarzinom oder einem Blasenkarzinom in der Vorgeschichte oder bei bisher nicht abgeklärter Makrohämaturie.
Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen
Für die Behandlung mit Glitazonen liegen keine Langzeiterfahrungen vor. Troglitazon, das erste in den USA zugelassene Glitazon wurde aufgrund einer Häufung von Fällen tödlich verlaufender Leberinsuffizienz zügig vom Markt genommen. Diese Gefahr scheint bei den derzeit erhältlichen Glitazonen von Einzelfällen abgesehen nicht zu bestehen.
Dennoch sollte unter der Therapie mit Glitazonen regelmäßig die Leberfunktion überprüft werden. Bei Anstieg der Transaminasen ist das Medikament abzusetzen.
Eine bestehende Herzinsuffizienz kann durch Glitazone verschlechtert werden. Die Kombination von NSAR und Glitazonen führt vermehrt zur Ausbildung von Ödemen.
Quellen
- ↑ Aufstieg und Niedergang des Glitazons Rosiglitazon (Avandia) a-t 2010; 41: 85-90
- ↑ Pioglitazon - Europäische Arzneimittelagentur empfiehlt neue Kontraindikationen und Warnhinweise für pioglitazonhaltige Arzneimittel aufgrund eines leicht erhöhten Blasenkrebsrisikos, abgerufen am 7.6.2019
- ↑ BMJ 2012; 344: e3645