Synonym: Dickdarmkrebs, "Darmkrebs"
Englisch: colorectal carcinoma, colon carcinoma
Das kolorektale Karzinom, kurz KRK oder CRC, ist eine bösartige Neoplasie des Dickdarms (Kolon) oder des Mastdarms (Rektum). Es stellt eine der häufigsten Krebserkrankungen in den westlichen Industrienationen dar. Über 90% der kolorektalen Tumoren sind Adenokarzinome, die übrigen verteilen sich auf sehr seltene Entitäten wie zum Beispiel Karzinoide und Lymphome.
Unter dem übergeordneten Begriff "kolorektales Karzinom" werden maligne Tumoren des Kolons (Colon ascendens, transversum, descendens und sigmoideum) und des Rektums zusammengefasst. Kolonkarzinome und Rektumkarzinome haben eine sehr ähnliche Klinik. Aufgrund von anatomischen Besonderheiten (u.a. Lage, Peritonealverhältnisse und Gefäßversorgung) bestehen jedoch Unterschiede hinsichtlich Diagnostik, Therapie und Prognose.
Die Inzidenz für kolorektale Karzinome liegt bei 30-35/100.000 bei einer kontinuierlichen Steigerung bei zunehmendem Alter. Die meisten Fälle treten im 8. Lebensjahrzehnt auf. Das mediane Erkrankungsalter liegt bei Männern bei 73 Jahren, bei Frauen bei 75 Jahren.
Kolorektale Karzinome sind bösartige, das heißt eine lokal infiltrierende und potentiell metastasierende Neubildungen des Dickdarmdrüsenepithels. Im Besonderen wurde für kolorektale Karzinome eine lineare Pathogenese, die Adenom-Karzinom-Sequenz postuliert, welche von einem progredienten Entartungsvorgang über das kolorektale Adenom ("Polypen") bis zum Karzinom führt.
Ein Großteil der kolorektalen Karzinome entsteht auf dem Boden epithelialer Dysplasien. Man vermutet eine Kombination aus endogenen und exogenen Ursachen und Risikofaktoren.
Aufgrund des niedrigen Turnovers der Dickdarmepithelien und der relativ langen Verweildauer von kanzerogenen Noxen im Colon, besteht eine größere Vulnerabilität im Vergleich zum Dünndarm, welcher wesentlich seltener von Neoplasien betroffen ist.
Zum einen konnte man molekularbiologische Veränderungen indentifizieren, welche die Entstehung eines Karzinoms begünstigen, andererseits scheinen eine fettreiche und balaststoffarme Kost ein Tumorleiden wahrscheinlicher zu machen. Zu den molekularen Veränderungen, zählen der Verlust von Tumorsuppressorgenen (APC-Tumorsuppressorgen, DCC-Tumorsuppressorgen) und die Aktivierung von Onkogenen (K-Ras-Onkogen). Das vulnerable Epithel reagiert daher mit einer höheren Wahrscheinlichkeit auf schädigende Einflüsse.
Folge ist eine Entartung im Sinne einer Dysplasie, einer zunehmenden Entdifferenzierung der Zellen, bis es schließlich über das Adenom zu einen invasiven Karzinom kommt. Chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie zum Beispiel die Colitis ulcerosa oder der Morbus Crohn erhöhen das Risiko, an einem kolorektalen Karzinom zu erkranken.
In sehr wenigen Fällen kommt es aufgrund einer erblichen Erkrankung zu einem Tumorleiden, im Falle der kolorektalen Karzinoms wären die familiäre adenomatöse Polyposis (FAP) sowie das Lynch-Syndrom (HNPCC) zu nennen.
Auch im Rahmen anderer Erkrankungen und Syndrome kommt es gehäuft zum Auftreten von kolorektalen Karzinomen. Beim Cowden-Syndrom entwickelt sich als Vorstufe zunächst eine intestinale Polypose, die meist den Dickdarm betrifft. Beim Peutz-Jeghers-Syndrom sind es eher Dünndarmpolypen, das Kolon ist verhältnismäßig selten betroffen. Auch beim Cronkhite-Canada-Syndrom und beim Turcot-Syndrom zeigt sich ein vermehrtes Auftreten von Polypen und Karzinomen des Kolons.
Neben den allgemeinen Symptomen konsumierender Erkrankungen (B-Symptomatik) wie Gewichtsverlust, reduzierter Allgemeinzustand, subfebrile Temperaturen kommt es bei kolorektalen Karzinomen, insbesondere in den frühen Stadien, leider kaum zu einer signifikanten Symptomatik.
Verdauungsbeschwerden wie paradoxe Diarrhoen, Obstipation, Subileus/Ileus durch stenosierende Tumore und peranale Blutungen sind Resultate eines bereits fortgeschritten Tumorleidens.
Insbesondere Tumore des tiefen Rektums können der digitalen Untersuchung zugänglich sein. Möglicherweise lässt sich der Tumor im Zuge der Palpation ertasten. Im Labor zeigt sich recht unspezifisch eine Eisenmangelanämie, welche dann auf den latenten Blutverlust durch den Tumor zurückzuführen ist und zu Adynamie und genereller Leistungsminderung führt. In gravierenden Fällen kann ein stenosierendes kolorektales Karzinom zu einem akuten Abdomen und damit zu einem Notfall führen.
Am häufigsten treten kolorektale Karzinome im Bereich des Rektums und des Colon sigmoideum auf (ca. 70%), in absteigender Häufigkeit sind auch das Colon ascendens und die restlichen Dickdarmabschnitte betroffen. Oftmals treten mehere Karzinome gleichzeitig auf, sodass im Rahmen einer Koloskopie immer eine Betrachtung des gesamten Kolons angestrebt werden sollte.
Aus der Lokalisation eines kolorektalen Karzinoms ergeben sich klinische Konsequenzen, insbesondere trifft dies für das Rektumkarzinom zu. Zum einen liegt das Rektum extraperitoneal, ferner unterliegt es einer besonderen Gefäßversorgung. Während die anderen Abschnitte des Colons ihr Blut aus den mesenterialen Gefäßen erhalten, erfolgt dies im Falle des Rektums über die Leistengefäße (Arteria iliaca interna), ebenso verhält es sich beim venösen Abfluß.
Kolorektale Karzinome metastasieren hämatogen über die Vena portae in die Leber und daraufhin in die Lunge und das Gehirn, während tiefe Rektumkarzinome primär über die Vena cava inferior in die Lunge metastasieren. Ähnliche Aspekte ergeben sich für den Lymphabfluß. Die lokale Ausbreitungstendenz wird maßgeblich durch die Lageverhältnisse zum Peritoneum bestimmt.
Ein metastasiertes kolorektales Karzinom wird mit der Abkürzung "mCRC" bezeichnet.
Man kann bei kolorektalen Karzinomen sowohl makroskopisch als auch mikroskopisch verschiedene Wachstumsformen unterscheiden:
Bei nicht durchführbarer Koloskopie (z.B. Verlegung des Darmlumens durch den Tumor) wird zunächst der zugängliche Darmabschnitt endoskopiert und eine virtuelle Koloskopie durchgeführt. Wenn präoperativ keine komplette Koloskopie erfolgt ist, sollte diese innerhalb von 6 Monaten nach der OP nachgeholt werden.
Zur Bestimmung des Tumorstadiums (Staging) und die Therapieplanung sind folgende Untersuchungen erforderlich:
Neben der Klassifikation der UICC und der Dukes-Klassifikationen ist die TNM-Klassifikation gängig. Aufgrund der unterschiedlichen Stadien und des Allgemeinzustandes ergibt sich die unterschiedlich Prognose der Tumore.
Je nach Stadium, beinhaltet die Therapie initial eine primäre lokale chirurgische Sanierung, die adjuvante Chemotherapie, neuerdings auch neoadjuvante Chemotherapie sowie radioonkologische Verfahren. Auch den palliativen Maßnahmen kommt große Bedeutung zu.
Die Operation kann offen oder laparoskopisch durchgeführt werden. Art und Ausmaß der Resektion werden durch die Lokalisation, die versorgenden Gefäße und das entsprechende Lymphabflussgebiet vorgegeben. Die Operationstechnik ist abhängig von der Lokalisation des Primärtumors.[1] Onkologische Grundsätze für die Operation sind:
Lokalisation | Operation |
---|---|
Zäkum | Hemikolektomie rechts |
Colon ascendens | Hemikolektomie rechts |
rechte Flexur | erweiterte Hemikolektomie rechts |
Colon transversum, proximal | erweiterte Hemikolektomie rechts |
Colon transversum, mittleres Drittel | Transversumresektion, ggf. erweiterte Hemikolektomie rechts |
Colon transversum, distal | erweiterte Hemikolektomie links |
linke Flexur | erweiterte Hemikolektomie links |
Colon descendens | Hemikolektomie links |
Sigma, proximal | Hemikolektomie links |
Sigma, mittel und distal | onkologische Sigmaresektion |
Bei der medikamentösen Therapie kolorektaler Karzinome kommen verschiedene Zytostatika und Biologicals zum Einsatz, u.a.:
Der dosislimitierende Faktor von Oxaliplatin ist eine Neurotoxizität (z.B. Polyneuropathie), wohingegen Irinotecan schwere Diarrhoen verursachen kann.
Die Daten der randomisierten klinischen Studien können folgendermaßen zusammengefasst werden:[1]
Rechtzeitig erkannt, ist ein kolorektales Karzinom operativ heilbar. Die wichtigste Vorsorgeuntersuchung ist die Koloskopie. Im Rahmen dieser Untersuchung können Vorstufen des kolorektalen Karzinoms (wie z.B. Darmpolypen) entfernt werden. Zur Früherkennung kolorektaler Karzinome wird ab dem 50. Lebensjahr alle zehn Jahre eine Koloskopie empfohlen, bei familiärer Belastung auch früher. Alternativ kann alle fünf Jahre eine Sigmoidoskopie und ein labormedizinischer Test (s.u.) durchgeführt werden. Ist eine konventionelle Koloskopie nicht möglich oder wird sie abgelehnt, kann alternativ eine Kapselendoskopie des Dickdarmes ("Kapselkoloskopie") erfolgen.
Wenn endoskopische Maßnahmen abgelehnt werden, kommt der alleinige Einsatz von labormedizinischen Methoden in Frage. Deren Sensitivität und Spezifität ist jedoch deutlich geringer als die der Koloskopie:
Als protektive Faktoren, welche der Entstehung eines kolorektalen Karzinoms vorbeugen gelten:
Fachgebiete: Gastroenterologie, Onkologie, Proktologie, Viszeralchirurgie
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Stellungnahme zu Ramucirumab bei kolorektalen Karzinomen
Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie
04.07.2016