Stuhlinkontinenz
Synonym: incontinentia alvi
Englisch: incontinence of feces
Definition
Mit dem Begriff Stuhlinkontinenz bezeichnet man den ungewollten Abgang von Stuhl bzw. Kot zwischen den Toilettengängen.
Probleme einer einheitlichen Definition und Klassifikation
Bei dem Thema Stuhlinkontinenz handelt es sich um ein sehr komplexes, schwer zu erfassendes und einzugrenzendes Thema. Die Ätiologie ist äußerst heterogen, diverse notwendige Schritte bei Anamnese und Diagnostik sind den Patienten außerordentlich unangenehm und zum Teil hat dieses Symptom für die Patienten niederschmetternde psychosoziale Auswirkungen.
Aufgrund dieser Komplexität ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass bis heute noch keine einheitliche Definition der Stuhlinkontinenz in der wissenschaftlichen Literatur zu finden ist und dieses Thema gegenwärtig noch immer Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion ist.
Die Körperfunktion der anorektalen Kontinenz beschreibt ein automatisch gesteuertes, willkürlich zu beeinflussendes Verschlusssystem des Enddarms, das die ort- und zeitgerechte Absetzung des Darminhaltes ermöglicht. Miteinbezogen im weiteren Sinne ist dabei auch die Fähigkeit, Stuhl und Gase voneinander zu unterscheiden. Inkontinenz bedeutet dementsprechend das krankhafte Versagen dieser Körperfunktion.
Epidemiologie
Die Stuhlinkontinenz ist eine häufige Erkrankung. Nach Untersuchungen von Enck ist mit einem Auftreten bei 1,5% bis 5,3% in der deutschen Bevölkerung zu rechnen (Enck, 1991; Psychologische und physiologische Untersuchungen zur Stuhlinkontinenz Erwachsener).
Der Wert von 5% in der deutschen Bevölkerung entspricht dabei einer Zahl von ca. 4 Mio. Betroffenen, die an einer unterschiedlichen Ausprägung der Stuhlinkontinenz leiden. Die Häufigkeitsangaben decken sich vollständig mit denen, die bei Untersuchungen in England und den USA gefunden wurden.
Die Häufigkeit der Stuhlinkontinenz nimmt mit dem Alter zu, bei geriatrischen und psychiatrischen Patienten ist mit bis zu 30% Stuhlinkontinenz zu rechnen (Madoff, 1992 Fecal incontinence).
Ätiologie
Einer Stuhlinkontinenz können sehr unterschiedliche Ursachen zugrunde liegen, welche die verschiedenen Elemente des Kontinenzorgans, aber auch den Stuhl selbst betreffen. Nach Herold (2001) lässt sich folgende Einteilung vornehmen:
- Veränderte Stuhlkonsistenz: Chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, Diarrhö, Malabsorption
- Gestörte Kapazität: Verändertes Rektumreservoir (Operation), Kollagenosen, Rektumtumoren, Externe Rektumkompression
- Störungen im Beckenboden: Beckenbodendenervation (Pudendusneuropathie, Beckenbodensenkung), kongenitale Schäden (Analatresie, Spina bifida, Myelomeningozele), Rektumprolaps
- Störungen des Sphinkters: Sphinkterdefekt (Geburtstrauma, anorektale Chirurgie, Pfählungsverletzung), Sphinkterdegeneration (Internussklerose, Hypothrophie), Tumor (infiltrierendes Rektumkarzinom, Analkarzinom), lokale Entzündungen (Morbus Crohn)
- Gestörte Sensibilität: Neurologische Ursachen (Demenz, Neuropathie, Trauma, Tumor) Überlaufinkontinenz (Koprostase, Enkopresis, Medikamente)
- Kombinationen: z.B. Alter + Multipara + Deszensus + Diabetes
Einteilung
Die Ausprägung der Stuhlinkontinenz und damit der psychische Druck, der auf dem Patienten lastet, kann stark variieren. Man unterscheidet nach dem klinischen Bild drei Grade:
- Grad 1: Winde werden nicht zurückgehalten
- Grad 2: Flüssiger Stuhl wird nicht zurückgehalten
- Grad 3: Normaler Stuhl wird nicht zurückgehalten
um diese Funktion zu nutzen.