Rektumkarzinom (MRT)
Definition
Die Magnetresonanztomographie beim Rektumkarzinom ist das entscheidende bildgebende Verfahren für das lokale Staging und die anschließende Therapiewahl. Weiterhin wird das Rektum- bzw. Becken-MRT für Nachuntersuchungen verwendet.
Hintergrund
Beim primären Staging hilft die MRT:
- die Lage und Morphologie des Tumors zu beschreiben,
- die T- und N-Kategorien der TNM-Klassifikation zu bestimmen,
- das Vorhandensein einer extramuralen Veneninvasion (EMVI) zu erkennen und
- die Beziehung des Tumors zu umgebenden Strukturen wie Sphinkterapparat und mesorektaler Faszie (MRF) zu beurteilen.
Diese Merkmale sind hilfreich bei der Diagnose von lokal-fortgeschrittenen Rektumkarzinomen (LARC), bei denen eine neoadjuvante Radiochemotherapie (RCT) indiziert ist. Das LARC entspricht weitgehend den UICC-Stadien II und III:
- T3c, T3d oder T4, N0
- jedes T, N1 oder N2
Weiterhin hilft die MRT in der präoperativen Situation dabei, den Chirurgen bei der Operationsplanung zu unterstützen und schlechte prognostische Faktoren (EMVI, Mucingehalt, Beziehung zur MRF) zu erkennen. Die Diagnosegenauigkeit der hochauflösenden rektalen MRT bei der Beurteilung der T-Kategorie beträgt etwa 85 %. Die Sensitivität und Spezifität des Verfahrens werden mit ca. 87 bzw. 75 % angegeben.
Nach neoadjuvanter RCT dient das Rektum-MRT der Neubewertung der erwähnten Merkmale sowie der Beurteilung des Therapieansprechens. Als kurativer Ansatz folgt in der Regel eine tiefe anteriore Rektumresektion (TAR) mit totaler mesorektaler Exzision (TME). Die Prognose des Rektumkarzinoms steht in direktem Zusammenhang mit dem Eindringen des Tumors in das Mesorektum und der Möglichkeit, einen zirkumferentiellen Resektionsrand (CRM) > 1 mm zu erreichen.
Während der Nachsorge ist das Rektum-MRT für die frühzeitige Erkennung eines Lokalrezidivs von Bedeutung.
Durchführung
Nach erfolgter Aufklärung wird der Patient möglichst bequem in Rückenlage gelagert. Eine Magnetfeldstärke von 3,0 Tesla kann die räumliche Auflösung verbessern, jedoch im Vergleich zu 1,5 Tesla zu vermehrten Suszeptibilitätsartefakten in der DWI-Sequenz führen. Empfohlen werden Phased-Array-Oberflächenspulen für den Beckenbereich.
Primär werden FSE-T2w-Sequenzen ohne Fettsuppression mit großem Field-of-View (FOV) in zwei Ebenen angefertigt:
- axial: von der Aortenbifurkation bis zum Schließmuskel (z.B. zur Beurteilung distanter Lymphknoten)
- sagittal: Aufnahme des gesamten Beckens (zur Lokalisierung des Primärtumors, Messung der Höhe und Beziehung zu Mittellinnienstrukturen)
Anschließend werden zweidimensionale FSE-T2w-Sequenzen ohne Fettsuppression mit einem kleinen FOV und einer Schichtdicke < 3 mm angefertigt. Diese Sequenzen sollten in drei Ebenen aufgenommen werden:
- schräg axial: senkrecht zum Tumor
- sagittal: bestimmt durch die Längsachse des Tumors
- schräg coronal: parallel zum Analkanal
Die Verabreichung von Spasmolytika wie Glucagon oder Butylscopolamin kann durch Darmperistaltik verursachte Bewegungsartefakte reduzieren. Die endorektale Füllung hilft zwar bei der Erkennung kleiner Tumore, kann aber das Staging aufgrund der Kompression des mesorektalen Fettgewebes verfälschen.
Eine optionale Sequenz ist die DWI-Sequenz mit hohem b-Wert (≥ 800 sec/mm2), insbesondere beim Restaging. Auch beim primären Staging kann sie die Erkennung von Tumor und Lymphknoten verbessern. Die Verwendung eines Abführmittels 15 Minuten vor der Durchführung der DWI kann dazu beitragen, rektale Luft zu entfernen und Artefakte zu reduzieren. Dies ist insbesondere für die Beurteilung des Resttumors beim Restaging hilfreich. Weitere Optionen sind:
- dreidimensionale T2w-Sequenzen: nützlich für die Beurteilung des Ansprechens auf eine neoadjuvante Therapie
- T1w-Sequenzen mit großem FOV: Beurteilung der parailiakalen und paraaortalen Lymphknoten sowie der Knochen. Weiterhin hilfreich bei muzinösen Neoplasien.
- T1w-Sequenzen mit Kontrastmittel: verbessern nicht die diagnostische Genauigkeit des lokalen Stagings, können jedoch beim Restaging hilfreich sein, um ein Lokalrezidiv als heterogenes Enhancement zu erkennen.
Befundung
Anatomische Landmarken
Grundlage für die Befundung des Rektum-MRTs sind bestimmte anatomische Landmarken. Insbesondere in der schräg axialen T2w-Sequenz beurteilt man:
- rektale Wandschichten: Die Mukosa erscheint als hypointenses Areal, die Submukosa ist leicht hyperintens und die Tunica muscularis hypointens. Je nach Eindringtiefe des Tumors unterscheidet man:
- T1: Infiltration der Submukosa
- T2: Infiltration der Tunica muscularis ("Muscularis propria")
- T3: außerhalb der Tunica muscularis
- Mesorektum: Bezeichnet das umgebende Fettgewebe des Rektums. Es enthält Lymphknoten und Lymphgefäße. Wenn der Tumor die Tunica muscularis durchbricht, befindet er sich im Mesorektum (T3). Je nach Tiefe unterscheidet man zwischen
- T3a: < 1 mm
- T3b: 1 bis 5 mm
- T3c: 5 bis 15 mm
- T3d: > 15 mm
- mesorektale Faszie (MRF): Eine dünne Linie mit niedriger Signalintensität um das Mesorektum. Der (präoperative) zirkumferentielle Resektionsrand (mrCRM) wird bestimmt durch den kürzesten Abstand zwischen dem Tumor und der MRF:
- CRM-Status positiv: Abstand < 1 mm
- CRM-Status grenzwertig: 1 bis 2 mm
- CRM-Status negativ: > 1 bis 2 mm
- anteriore peritoneale Umschlagfalte: Hypointense Linie des Peritoneums, die V-förmig an der Vorderwand des Rektums anliegt. In der Sagittalebene ist sie beim Mann über der Spitze der Samenblasen und bei der Frau auf Höhe der Zervix zu sehen.
- T4a: Tumor, der in das Peritoneum eindringt.
In der sagittalen Sequenz sind drei anatomische Strukturen entscheidend:
- retrorektaler Raum: Virtueller Raum zwischen der hinteren MRF und der präsakralen Faszie (Waldeyer-Faszie). Es handelt sich um die posteriore Schnittebene der totalen mesorektalen Exzision.
- anorektaler Ring: Muskuläre Struktur am anorektalen Übergang auf der Oberseite des Musculus puborectalis.
- Anokutanlinie: Unterrand des Analkanals. Der Abstand vom unteren Rand des Tumors zur Anokutanlinie definiert die Lage des Tumors:
- tief: 0 bis 5 cm
- mittel: 5,1 bis 10 cm
- hoch: 10,1 bis 15 cm (Tumore > 15,1 cm werden wie Kolonkarzinome behandelt)
Im coronalen Bild lassen sich ebenfalls drei anatomische Landmarken ausmachen:
- Musculus sphincter ani internus: Fortsetzung der inneren Ringmuskelschicht der Tunica muscularis
- äußerer Sphinkterkomplex: Musculus sphincter ani externus und puborektale Schleife durch den Musculus puborectalis des Musculus levator ani
- intersphinkterische Furche: Ebene zwischen dem äußeren und inneren Schließmuskel
Lage und Morphologie
Rektumkarzinome stellen sich als polypoide, ulzerierende, zirkumferentielle oder semizirkumferentielle Raumforderungen dar, die in der Regel erhabene Ränder aufweisen und im rektalen Lumen der Tumorregion mukoides Material ansammeln können. Muzinöse Rektumkarzinome weisen unabhängig hiervon eine hohe T2w-Signalintensität auf. Sie haben eine schlechtere Prognose, da sie eher zu Metastasen neigen und zu einem späteren Stadium diagnostiziert werden. Nicht-muzinöse Rektumkarzinome weisen eine intermediäre Signalintensität auf.
Der Untersucher sollte die Lage des Tumors in kraniokaudaler Richtung (unteres, mittleres, oberes Rektum), seine zirkumferentielle Ausdehnung (Uhrzeigerposition) sowie die Länge des Tumors beschreiben. Weiterhin sind die Beziehung zur anterioren peritonealen Umschlagfalte sowie der Abstand des unteren Tumorrands zum Analrand (Anokutanlinie) und zum anorektalen Übergang (Linea anorectalis) wichtig.
Mittlere und hohe Rektumkarzinome
Die T-Kategorie ist durch die Tiefe der Tumorpenetration in die Rektumwand und die extramurale Ausbreitung in das Mesorektum und angrenzende Strukturen gekennzeichnet (siehe oben). Dabei muss der invasivste Tumoranteil identifiziert werden, der sich in der Regel auf halber Strecke in kraniokaudaler Richtung und in der Mitte der auf schrägen axialen Bildern dargestellten C-Form befindet. Die Unterscheidung zwischen T1- und T2-Tumoren ist nicht zuverlässig, außer wenn bei einem T1-Tumor eine erhaltene hyperintense Submukosa unter der Läsion erkennbar ist. Daher wird eine endorektale Sonographie durchgeführt.
T3-Tumore sind durch eine Diskontinuität der Tunica muscularis mit Ausdehnung des Tumors in das Mesorektum ohne Infiltration der MRF oder benachbarter Organe gekennzeichnet. Je nach Abstand zwischen dem äußersten Rand der Tunica muscularis und der maximalen extramuralen Ausbreitung werden T3a bis T3d unterschieden. Eindringen kleiner Gefäße in die Muskelschichten und eine desmoplastische Reaktion können dazu führen, dass ein T2-Tumor als ein T3-Tumor überbewertet wird. Die desmoplastische Reaktion zeigt sich in Form von Spikulae mit geringer Signalintensität, während T3-Tumore ein breitbasiges oder noduläres Erscheinungsbild mit mittlerer Signalintensität aufweisen.
T4-Tumore infiltrieren das Peritoneum (T4a) oder andere Beckenorgane und -strukturen (T4b).
Tiefe Rektumkarzinome
Bei tiefen Rektumkarzinomen ist das konventionelle Staging unzureichend, da sich die Tumore in unmittelbarer Nähe zum Schließmuskelkomplex befinden und mit größerer Wahrscheinlichkeit in die MRF und angrenzende Organe eindringen. Aufgrund der Verengung des Mesorektums in dieser Region sind die chirurgischen Resektionsränder in etwa 30 % der Fälle positiv. Bei tiefen Rektumkarzinomen wird nach Taylor et al. ein modifiziertes Staging auf Grundlage der Invasion des Schließmuskelkomplexes empfohlen. Dabei sollte beurteilt werden, ob der Tumor in den inneren Schließmuskel, die intersphinkterische Furche und den äußeren Schließmuskel und/oder den Musculus levator ani eindringt. Hierfür ist die schräg coronale T2w-Sequenz entscheidend.
Zirkumferentieller Resektionsrand
Als zirkumferentieller Resektionsrand, kurz CRM, werden die umlaufenden Grenzen des Gewebeblocks bezeichnet, der bei der Operation entfernt wird bzw. werden soll. Mittels der MRT wird der CRM-Status durch Messung des kürzesten Abstands zwischen dem äußersten Teil des Tumors und der MRF ermittelt. Beträgt die Distanz weniger als 1 mm, ist der CRM-Status positiv. Bei einer Distanz von 1 bis 2 mm, ist der CRM-Status grenzwertig. Ein Tumor-MRF-Abstand von über 1 mm ist ein zuverlässiger Prädiktor für tumorfreie Resektionsränder nach TME. Ein positiver CRM ist der wichtigste Prädiktor für ein Lokalrezidiv und eine schlechte Überlebensrate.
Das Rektum ist nicht vollständig von der mesorektalen Faszie umgeben, sodass der CRM-Status nicht anwendbar ist, wenn sich der Tumor in einem peritonealisierten Bereich der Rektumwand befindet.
Beckenorgane und Seitenwände
Bei einem T4b-Tumor muss beschrieben werden, ob und welche angrenzende Strukturen betroffen sind, z.B. Uterus, Vagina, Prostata, Samenblasen, Ureter, präsakrale Faszie, sakrale Nervenwurzeln, Os sacrum, Iliakalgefäße und Beckenmuskeln.
Extramurale Gefäßinvasion
In der MRT wird die extramurale Gefäßinvasion (EMVI) mit moderater Sensitivität und hoher Spezifität dargestellt. Die EMVI stellt einen wichtigen prognostischen Faktor für das Vorliegen von Metastasen dar. Eine EMVI liegt vor bei Ausdehnung des Tumors auf die Gefäße im Mesorektum mit
- Gefäßwandunregelmäßigkeiten
- fokaler Dilatation
- Signalintensität des Tumors (intermediär in T2w) innerhalb des Gefäßes
Lymphknotenstatus
Das Vorhandensein, die Anzahl und die genaue Lage der verdächtigen Lymphknoten sollte angegeben werden. Die Nähe zwischen den verdächtigen Lymphknoten und der MRF ist ebenfalls wichtig für die chirurgische Planung. Da ein großer Teil der metastasierenden Lymphknoten beim Rektumkarzinom weniger als 5 mm groß ist, ist die Größe kein zuverlässiges Kriterium. Ein Kurzachsendurchmesser von über 8 mm scheint jedoch spezifisch für eine Lymphknotenmetastase zu sein. Weiterhin sind unregelmäßige Ränder, eine heterogene Signalintensität und eine runde Form hinweisend.
Zu den regionären Lymphknoten zählen:
- mesorektale Lymphknoten
- superiore, mittlere und inferiore rektale Lymphknoten
- sigmoidale mesenteriale Lymphknoten
- inferiore mesenteriale Lymphknoten
- laterale sakrale Lymphknoten
- präsakrale Lymphknoten
- sakrale Lymphknoten am Promontorium
- Lymphknoten entlang der Arteria iliaca interna
Alle anderen Lymphknotenmetastasen werden als Fernmetastasen (M1) klassifiziert.
Suspekte Lymphknoten außerhalb des Mesorektums stellen einen negativen prognostischen Faktor dar und werden nicht routinemäßig reseziert. Läsionen, die den präsakralen Raum infiltrieren, können sich mit retroperitonealen Lymphknoten manifestieren. Eine Gruppe von Tumorzellen, die nicht mit lymphatischem oder vaskulärem Gewebe assoziiert sind, werden als Tumorablagerungen definiert und als N1c klassifiziert.
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