Acrylamid
Synoynme: Propensäureamid, Acrylsäureamid, 2-Propenamid, Prop-2-enamid
Definition
Acrylamid ist ein organisches Amid, das natürlicherweise in stärkehaltigen Lebensmitteln während der Zubereitung bei hohen Temperaturen entsteht.
Chemie
Acrylamid liegt bei Zimmertemperatur als farbloses Kristall vor. Der Schmelzpunkt liegt bei 84 - 86 °C. Acrylamid hat die Summenformel C3H5NO und ist gut wasserlöslich.
Entstehung
Entstehung in Lebensmitteln
Acrylamid entsteht durch die sogenannte Maillard-Reaktion während der starken Erhitzung (> 120 °C) von Lebensmitteln, die viel Asparagin, Stärke und Zucker (Glukose und Fruktose) enthalten. Hohe Mengen finden sich in:
- Kartoffelerzeugnissen (z.B. Kartoffelchips, Pommes frites)
- Kaffee
- Knäckebrot
- Toastbroat
Industrielle Synthese
Die industrielle Synthese erfolgt, indem Acrylnitril durch Kupferkatalysatoren oder enzymatisch hydrolisiert wird. Es wird bei der Herstellung von Farbstoffen und Polymeren verwendet.
Kanzerogenität
Aufgrund Befunden aus Tierstudien stufte im Juni 2015 die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) Acrylamid in Lebensmittel als potenziell karzinogen ein. Der genaue Mechanismus ist noch ungeklärt. Vermutet werden direkte Einwirkungen auf die DNA sowie indirekt über seinen hepatischen Metaboliten Glycidamid. Bislang konnten viele epidemiologische Studien keine oder nur widersprüchliche Hinweise bezüglich eines Gesundheitsrisiko für den Menschen erbringen. Insbesondere der Einfluss der häuslichen Zubereitung von Lebensmitteln auf die Gesamtexposition mit Acrylamid ist aktuell (2019) nicht bekannt, sodass weitere Studien notwendig sind.
Minimierung in Lebensmitteln
Bereits 2002 etablierten Bund und Länder in Zusammenarbeit mit der deutschen Lebensmittelwirtschaft ein dynamisches Minimierungskonzept, das mit Signalwerten arbeitet (Signalwertkonzept). So wurden vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) jährliche Signalwerte für die jeweiligen Produktgruppen berechnet. Dadurch konnten die Acrylamidkonzentrationen in bestimmten Warengruppen (z.B. Kartoffelchips) in den Folgejahren abgesenkt werden.
Seit dem 11. April 2018 gilt in allen EU-Mitgliedsstaaten die Verordnung 2017/2158 zur Festlegung von Minimierungsmaßnahmen und Richtwerten für die Senkung des Acrylamidgehalts in Lebensmitteln mittels Best-Practice-Leitfäden. Beispielsweise liegt der Richtwert für Röstkaffee bei 400 µg/kg.
Verbraucher können bei der häuslichen Zubereitung von Lebensmitteln einfache Regeln beachten, um die Acrylamidaufnahme zu senken:
- Lebensmittel nicht zu stark rösten bzw. anbrennen lassen
- Zubereitungshinweise auf der Packung beachten
- Verschiedene Garmethoden benutzen (Kochen, Dämpfen, Sautieren)
- auf eine ausgewogene Zusammenstellung der Ernährung achten
Literatur
- EFSA Risikobewertung, abgerufen am 02.07.2019
- Lebensmittelverband Deutschland, abgerufen am 02.07.2019
- EU-Verordnung 2017/2158
- Dearfield KL et al. Acrylamide: its metabolism, developmental and reproductive effects, genotoxicity, and carcinogenicity, Mutat Res. 1988 Jan;195(1):45-77, abgerufen am 02.07.2019
- Dearfield KL et al. Acrylamide: a review of its genotoxicity and an assessment of heritable genetic risk, Mutat Res. 1995 Aug;330(1-2):71-99, abgerufen am 02.07.2019
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- Manière I et al. DNA damage and DNA adduct formation in rat tissues following oral administration of acrylamideMutat Res. 2005 Feb 7;580(1-2):119-29, abgerufen am 02.07.2019
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- Virk-Baker MK et al. Dietary acrylamide and human cancer: a systematic review of literature, Nutr Cancer. 2014;66(5):774-90, abgerufen am 02.07.2019
- National Toxicology Program Toxicology and carcinogenesis studies of acrylamide (CASRN 79-06-1) in F344/N rats and B6C3F1 mice (feed and drinking water studies), Natl Toxicol Program Tech Rep Ser. 2012 Jul;(575):1-234, abgerufen am 02.07.2019