KRAS
nach Werner Kirsten (1925-1992), deutsch-amerikanischer Pathologe
Synonym: Kirsten rat sarcoma virus (Erstisolation in einem onkogenen Virus), Ki-ras [12p]
Definition
KRAS bzw. K-Ras ist ein monomeres G-Protein, das eine entscheidende Bedeutung in der Proliferation von bösartigen Tumoren besitzt. Es fungiert als zentrales Element in einer Reihe von Signaltransduktionswegen, welche an der Regulierung von Wachstum und Differenzierung beteiligt sind.
Hintergrund
Kommt es zu einer Mutation im für KRAS kodierenden Gen, ist häufig ein Kontrollverlust des betreffenden Proteins die Folge. In diesem Falle kommt es dann zu unkontrollierbaren und zahlreich ablaufenden Zellteilungen. Seine wichtige Beteiligung an der Entstehung von Tumoren macht KRAS zu einem wichtigen Angriffspunkt in der Entwicklung neuartiger Krebsmedikamente.
Genetik
KRAS befindet sich auf dem kurzen Arm (p) von Chromosom 12 am Genlokus 12p12.1. Bei bestimmten Tumorarten kann eine Amplifikation des 12p-Arms auftreten, was dann zu einer Überexpression von KRAS führt. Beispielsweise ist in bestimmten Keimzelltumoren (z.B. Hodenkarzinomen) eine Vermehrung von 12p als "Isochromosom 12p" ein typisches genetisches Merkmal.
Biochemie
KRAS ist ein Polypeptid, das aus 189 Aminosäuren besteht. Es reguliert eine Reihe von biochemischen Prozessen, die das Wachstum und die Differenzierung von neuen Zellen vorantreiben. KRAS fungiert dabei als Bindungspartner von GTP und stellt eine Art molekularen Schalter dar, mit dem bestimmte zelluläre Prozesse aktiviert oder inaktiviert werden können. Um diese Funktion wahrnehmen zu können, wechselt KRAS seine Konformation bzw. seine Bindungsaktivität bezüglich des GTP. Im aktivierten Zustand hat KRAS das GTP-Molekül fest gebunden. Nur in dieser Form besteht für das Protein die Möglichkeit, mit weiteren Signalproteinen zu interagieren und eine Signaltransduktionskette zu aktivieren. Im inaktiven Zustand ist der Bindungspartner von KRAS – das GTP – im Rahmen einer Hydrolyse zu GDP verändert worden. Letzteres geschieht durch ein Enzym aus der Gruppe der GTPasen.
Pathologie
Es gilt als sicher, dass KRAS für das unkontrollierte Wachstum einiger Krebsarten verantwortlich ist. Im Rahmen vieler Krebserkrankungen lassen sich Punktmutationen im für KRAS (und andere Ras-Proteine) kodierenden Erbgut nachweisen. Die häufigste Folge einer solchen Mutation ist der vollständige Aktivitätsverlust der GTPase. Konsequenz hieraus ist, dass kein GTP mehr zu GDP hydrolisiert werden kann und somit KRAS nicht mehr inaktivierbar ist. Selbst die Anwesenheit spezieller, die GTPase aktivierenden Proteine kann die verlorengegangene Funktion nicht wiederherstellen. Es kommt zu einer Bioakkumulation von aktivem KRAS, deren Folge eine unkontrollierte Proliferation von Zellen ist.
Pharmakologie
KRAS ist ein Drug Target antineoplastischer Therapiestrategien. Der erste zugelassene KRAS-Inhibitor ist Sotorasib. Der Wirkstoff wird zu Behandlung des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) eingesetzt. Weitere Substanzen in klinischer Entwicklung sind Deltarasin und Adagrasib.