Nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom
Synonym: Nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom
Englisch: non-small cell lung cancer, NSCLC
Definition
Als nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom, kurz NSCLC, bezeichnet man ein Bronchialkarzinom, das bei mikroskopischer Betrachtung aus größeren Zellen besteht.
Einteilung
Die nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinome machen ca. 80 % aller Bronchialkarzinome aus. Pathohistologisch unterscheidet man:
- Plattenepithelkarzinom (verhornend, nicht verhornend oder basaloid): Frauen ca. 15 %, Männer ca. 27 %
- Adenokarzinom (präinvasiv, minimal-invasiv oder invasiv): Frauen ca. 49 %, Männer ca. 40 %, mit verschiedenen Wachstumsmustern:
- Großzelliges Karzinom: ca. 5 %, aggressive Form, die nur dann diagnostiziert wird, wenn weder morphologische noch immunhistochemische Merkmale einer adenoiden, plattenepithelialen oder neuroendokrinen Differenzierung vorliegen.
- Adenosquamöse Karzinome: Seltene, besonders aggressive Variante, die aus mindestens 10 % adenomatösen und 10 % plattenepithelialen Tumoranteilen besteht und histologisch sowie immunhistochemisch Merkmale beider Subtypen zeigt.
- Sarkomatoide Karzinome: Hochaggressive, seltene Subtypen mit sowohl epithelialen als auch sarkomatoiden Merkmalen, die sich durch eine hohe Mutationslast, schlechte Prognose und häufige Resistenz gegenüber Standardtherapien auszeichnen.
Die Stadieneinteilung erfolgt beim NSCLC nach der TNM-Klassifikation. Daraus leitet sich die Stadieneinteilung nach UICC ab. (0, Ia, Ib, IIa, IIb, IIIa, IIIb, IV; abhängig von der Größe des Tumors, der Lokalisation, sowie Lymphknoten- und Fernmetastasierung) ab.
siehe auch: Lungenkarzinom (Pathologie)
Histopathologie
Symptomatik und Diagnostik
siehe Hauptartikel: Bronchialkarzinom
Therapie
Primär kommen eine OP (chirurgische Tumorentfernung), stadienabhängig auch Radiotherapie bzw. Radiochirurgie oder Chemotherapie und unterstützende Therapiemaßnahmen in Betracht. Insgesamt sind die Leitlinienempfehlungen sehr komplex und von diversen Faktoren, wie dem molekularen Subtyp, dem TNM-Stadium und Komorbiditäten abhängig.
Frühstadium
Die primäre Strategie beim nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom ist die Operation. Im Frühstadium Ia bis IIb (bis T3N0 oder T2N1, entspricht ca. 25 % der NSCLC), ist oft eine kurative Therapie durch Resektion des Primärtumors mit Lobektomie, evtl. mit Bilobektomie und mediastinaler Lymphadenektomie möglich. Ist der Tumor im Frühstadium ungünstig gelegen oder bereits weit ausgedehnt und keine OP möglich, oder wird die OP durch den Patienten abgelehnt, so ist eine Radiotherapie mit 60–70 Gy eine Alternative zur OP. Da eine hohe Strahlungsdosis erforderlich ist, um den Tumor nachhaltig zu zerstören (Vernichtungsdosis ca. 55 Gy), kommen nicht selten Strahlennebenwirkungen wie Ösophagitis, Pneumonitis, Lungenfibrose , Myo- bzw. Perikarditis oder Myelitis vor.
In einigen Fällen ist es hilfreich, vor der OP eine neoadjuvante Radiotherapie, Chemotherapie oder kombinierte Radiochemotherapie durchzuführen, um den Tumor zu verkleinern (sogenanntes Downstaging) und besser oder überhaupt operieren zu können.
Nach erfolgreicher R0-Resektion wird, abhängig vom vorliegenden molekularen Subtyp und der bisherigen Therapie, eine adjuvante Therapie mit Cisplatin, Osimertinib, Atezolizumab oder Pembrolizumab durchgeführt.
Fortgeschrittenes Stadium
Bei fortgeschrittenem Stadium IIIa bis IIIb (bis T4N2 oder jedes TN3, ca. 25 % der NSCLC) ohne Metastasen ist eine primäre Operation nur in Einzelfällen angezeigt. Aktuelle Voraussetzungen (2025) sind eine mögliche R0-Resektion, ein Lymphknotenbefall bis maximal N1 und die Empfehlung zur Operation im Tumorboard.
In allen anderen Fällen empfiehlt die aktuelle Leitlinie (2025) eine multimodale Systemtherapie, meist als simultane, seltener auch sequentielle Radiochemotherapie. Als Erstlinientherapie kommen Kombinationen aus den Substanzen Cisplatin, Carboplatin, Docetaxel, Gemcitabin, Pemetrexed oder Bevacizumab infrage.
Zudem wird eine molekulare Diagnostik empfohlen (z.B. Expression von PD-L1 auf den Tumorzellen). Abhängig vom Ergebnis ist die zusätzliche Krebsimmuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren wie Durvalumab, Atezolizumab oder Pembrolizumab möglich. Weiterhin können Tyrosinkinasehemmer zum Einsatz kommen. Erlotinib, Gefitinib oder Pralsetinib sind ggf. in der Lage, die Prognose zu verbessern.
Endstadium
Ab Stadium IV, d.h. bei Vorhandensein von Fernmetastasen und inoperablem Befund ist eine palliative Chemotherapie (z.B. mit Gemcitabin) und eine Radiotherapie möglich, bringt jedoch in der Regel (im Vergleich zur besten supportiven Therapie) durchschnittlich nur eine Lebensverlängerung um wenige Wochen. Zur palliativen Therapie gehört vor allem eine adäquate Schmerztherapie nach WHO-Stufenschema.
Bei fortgeschrittenen Tumoren mit KRAS-G12C-Mutation kann der KRAS-Inhibitor Sotorasib als Monotherapie eingesetzt werden.
Bei Knochenmetastasen werden unterstützend Bisphosphonate gegeben, bei Atembeschwerden erfolgt ggf. eine bronchoskopische Stent-Implantation, eine Lasertherapie oder ggf. eine transpulmonale Chemoembolisation.
Therapiekontrolle
Generell ist eine Kontrolle des Therapiefortschritts mittels Röntgenthorax bzw. CT des Thorax durchzuführen.
Prognose
Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt im günstigen Fall (T1N0M0) ca. 60 %, bei Tumoren mittlerer Größe (T2N0M0) ca. 40 % und bei Vorhandensein von Lymphknotenmetastasen (T1N1M0) nur noch 20 %, bei größeren Tumoren mit Lymphknotenbefall oder Metastasen ist die Überlebensrate noch geringer.
In Einzelfällen kann es bei Vorliegen einer Oncogene Addiction und Einsatz der entsprechenden zielgerichteten Therapie auch günstigere Verläufe geben.
Quiz
Literatur
- AWMF-Leitlinie Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Lungenkarzinoms, April 2025
- Robert Koch Institut, Zentrum für Krebsregisterdaten, April 2025
Bildquelle
- Bildquelle Quiz: ©Robina Weermeijer / Unsplash