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WHO-Stufenschema

1. Definition

Das WHO-Stufenschema ist eine von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entwickelte Empfehlung zum Einsatz von Analgetika und anderen Arzneimitteln im Rahmen der Schmerztherapie.

2. Hintergrund

Trotz großer Fortschritte und Aufklärung ist die analgetische Therapie in vielen Ländern, darunter auch Deutschland, unzureichend. Schätzungen zufolge leiden mindestens 5 Millionen Deutsche ständig oder regelmäßig unter starkem Schmerz. Beim pro Kopf Morphin-Verbrauch belegt Deutschland im internationalen Vergleich innerhalb Europas nur einen der unteren Ränge. So ist der Verbrauch in Deutschland im Vergleich mit dem Spitzenreiter Dänemark siebenmal geringer.

Ziel einer adäquaten Schmerztherapie ist es, die rechtzeitige Schmerzfreiheit des Patienten herzustellen und dadurch eine Chronifizierung des Schmerzes (Stichwort: "Schmerzgedächtnis") zu verhindern. Hierzu sollte eine stufenweise an die Beschwerden des Patienten angepasste analgetische Therapie nach dem 1986 entwickelten so genannten WHO-Stufenschema erfolgen, in dem schrittweise eine gezielte Eskalation der analgetischen Medikation stattfindet.

3. Das WHO-Stufenschema

Es gibt drei Stufen der analgetischen Therapie:

 Stufe  Medikamente
 Stufe 1 Nicht-Opioidanalgetika (ggf. zusätzlich Co-Analgetika)
 Stufe 2 Niederpotente Opioidanalgetika + Nicht-Opioidanalgetika (ggf. zusätzlich Co-Analgetika)
 Stufe 3 Hochpotente Opioidanalgetika + Nicht-Opioidanalgetika (ggf. zusätzlich Co-Analgetika)

Einige Autoren definieren noch eine vierte Stufe: Dazu zählen weiterführende invasive Maßnahmen, z.B.:

Der Übergang von einer Stufe auf die nächsthöhere wird vollzogen, wenn die Analgesie nicht ausreicht, z.B. wenn Patient seine Schmerzen auf der Numeric Rating Scale weiterhin mit einem Wert von über 3 in Ruhe und über 5 bei Belastung angibt.

Je nach Situation können Stufen auch übersprungen werden, entsprechend muss nicht unbedingt mit der ersten Stufe begonnen werden.

4. Nicht-Opioidanalgetika der 1. Stufe

Zu den Nicht-Opioidanalgetika gehören:

Wirkstoff Einzeldosierungen [mg] Wirkdauer [h] Tageshöchstdosis [mg]
Azetylsalicylsäure (ASS) 500 4–6 3.000
Diclofenac 25, 50 4–6 150
Diclofenac retardiert 75, 100 8–12 150
Ibuprofen 400, 600, 800 4–6 2.400
Ibuprofen retardiert 800 8–12 2.400
Celecoxib 100, 200 6–12 400
Metamizol 500, 1.000 4–6 4.000
Paracetamol 500 4–6 4.000

Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.

5. Niederpotente Opioidanalgetika der 2. Stufe

Zu den niederpotenten Opioidanalgetika gehören:

Wirkstoff Einzeldosierungen
[mg]
Wirkdauer [h] Tageshöchstdosis [mg]
Tramadol 50 ,100 4 400
Tramadol retardiert 100, 150, 200 8–12 400
Tillidin + Naloxon 50 + 4, 100 + 8 8–12 600
Tillidin + Naloxon retardiert 50 + 4, 100 + 8, 150 + 12, 200 + 16 24 600
Dihydrocodein 60, 90, 120 8–12 240

Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.

6. Hochpotente Opioidanalgetika der 3. Stufe

Zu den hochpotenten Opioidanalgetika gehören:

Buprenorphin und Fentanyl stehen in Form von Transdermalsystemen (TTS) als so genanntes "Schmerzpflaster" zur Basistherapie zu Verfügung. Es gibt aber auch orale Applikationsformen in Form von sublingualen Schmelztabletten (Buprenorphin) oder Lutschtabletten (Fentanyl) zur Medikation von Schmerzspitzen. Zudem existieren Nasensprays, die Fentanyl enthalten. Der oft beschriebene Ceiling-Effekt bei Buprenorphin wird in der transdermalen Applikationsform widersprüchlich diskutiert, zur Zeit kann aber wohl davon ausgegangen werden, dass bis mindestens 140 µg/h dieser nicht auftritt.

Morphin wird oral in Form von Morphinsulfat (MST) eingesetzt. Zur Schmerzspitzenmedikation steht Morphinhemisulfat mit einer schnelleren Anschlagszeit zu Verfügung.

Wirkstoff Einzeldosierungen Wirkdauer [h] Tageshöchstdosis [mg]
Buprenorphin TTS 5 µg/h, 10 µg/h, 20 µg/h, 35 µg/h, 52,5 µg/h, 70 µg/h 7 Tage keine? (Ceiling Effekt?)
Fentanyl TTS 12 µg/h, 25 µg/h, 50 µg/h, 75 µg/h, 100 µg/h, 150 µg/h 72 keine
Hydromorphon retard 4, 8, 16, 24 mg 8–12 keine
Morphin retard 10, 30, 60, 100, 200 mg 8–12 keine
Oxycodon retard 5, 10, 20, 40, 80 mg 8–12 keine

Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.

Neben den oben genannten Beispielen liegen diverse Opioide zur Behandlung von Schmerzspitzen oder Durchbruchschmerzen auch in unretardierter Form vor.

7. Co-Medikation

Die so genannte Co-Medikation dient einerseits zur Unterstützung der Analgesie z.B. bei neuropathischem Schmerz (Co-Analgetika), andererseits zur Behandlung der Nebenwirkungen der Analgetika. Eine Co-Medikation kann und soll in jeder Stufe des WHO-Schemas eingesetzt werden. Nebenwirkungen wie Übelkeit und Obstipation treten überwiegend in den Stufen 2 und 3 als unerwünschte Arzneimittelwirkung durch die Opioidanalgetika auf.

Wichtig ist die Aufklärung des Patienten über den Einsatz der Co-Medikation und deren Wirkungsweise. Da die Hauptindikationen vieler Co-Medikamente in anderen Bereichen liegt (Antidepressiva, Antikonvulsiva), könnte der Patient bei fehlender Aufklärung nach Durchlesen des Beipackzettels einen falschen Eindruck bekommen ("Mein Arzt hält mich jetzt für einen depressiven Hypochonder und verschreibt mir daher Antidepressiva!" oder "Ich habe doch gar keine Epilepsie, warum verschreibt mir mein Arzt Mittel dagegen?") und das bei der Schmerztherapie sehr wichtige Vertrauensverhältnis zum Arzt empfindlich stören.

Folgende Medikamente werden als Co-Medikation eingesetzt:

Folgende Medikamente werden zur Behandlung der Nebenwirkungen der Analgetika eingesetzt:

8. Quellen

9. Literatur

  • Pogatzki-Zahn et al. Postoperative Schmerztherapie, Thieme-Verlag, 2008
  • Thiel et al. Anästhesiologische Pharmakotherapie, Thieme-Verlag, 2004

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