Acute Respiratory Distress Syndrome
Synonyme: Atemnotsyndrom des Erwachsenen, Schocklunge, akutes Lungenversagen, akutes Atemnotsyndrom, akute Lungenschädigung
Englisch: acute respiratory distress syndrome, shock lung
Definition
Das Acute Respiratory Distress Syndrome, kurz ARDS, beschreibt ein polyätiologisches Krankheitsbild, das durch einen diffusen Alveolarschaden und eine akute respiratorische Insuffizienz gekennzeichnet ist. Die akute Lungenschädigung ist häufig mit einem Multiorganversagen im Rahmen eines SIRS assoziiert und weist eine sehr hohe Mortalität auf.
- ICD10-Code: J80.-
Berlin-Definition
Nach der Berliner Definition[1] liegt ein ARDS vor, wenn folgende Kriterien zutreffen:
- Die respiratorische Symptomatik beginnt akut innerhalb einer Woche nach einem Ereignis oder verschlechtert sich.
- In der bildgebenden Diagnostik (Röntgen- bzw. CT-Untersuchung) finden sich bilaterale diffuse Infiltrate, die sich nicht allein durch einen Pleuraerguss, eine Atelektase oder eine Raumforderung erklären lassen.
- Ein interstitielles Ödem führt zur vermehrten Atemarbeit im Sinne einer verminderten Compliance. Die Folge ist ein respiratorisches Versagen, das nicht durch kardiale Ursachen (z.B. akute Herzinsuffizienz) oder durch eine Volumenüberladung erklärbar ist.
- Horovitz-Quotient (PaO2/FiO2) ≤ 300 mmHg
Einteilung
Die Berliner Definition unterscheidet drei Schweregrade des ARDS abhängig vom Ausmaß der Hypoxämie:
- mildes ARDS: Horovitz-Quotient 201-300 mmHg bei PEEP ≥ 5 cmH2O, wird auch als Acute Lung Injury (ALI) bezeichnet.
- moderates ARDS: Horovitz-Quotient 101-200 mmHg bei PEEP ≥ 5 cmH2O
- schweres ARDS: Horovitz-Quotient ≤ 100 mmHg bei PEEP ≥ 5 cmH2O
Eine weitere Unterteilung der Schwergrade bietet der Lung Injury Score nach Murray.
Ätiologie
Ein ARDS kann im Rahmen einer systemischen Reaktion des Organismus oder auch durch eine direkte Lungenschädigung entstehen.
Pulmonale Ursachen
Die häufigste Ursache ist eine Pneumonie. Weitere pulmonale Ursachen sind unter anderem:
- Lungenkontusion
- Aspiration von Mageninhalt oder Wasser (Beinaheertrinken)
- Inhalationstrauma (Rauchvergiftung, Verbrennung)
- Beatmung mit hohen Sauerstoffkonzentrationen (sog. Respiratorlunge)
- Fettembolie
- Fruchtwasserembolie
- E-Zigaretten-induzierter Lungenschaden (EVALI), vermutlich durch Zusätze von Vitamin E getriggert[4][5][6][7]
Systemische Ursachen
Zu den systemischen Ursachen zählen:
- SIRS, Sepsis
- Schock
- disseminierte intravasale Gerinnung
- Polytrauma
- Präeklampsie, Eklampsie
- Verbrennungen
- akute Pankreatitis
- Medikamente und Gifte (z.B. Salicylsäure, trizyklische Antidepressiva, Bleomycin, Organophosphate, Paraquat, Narkotika, Drogen)
- metabolische Entgleisungen (z.B. Urämie, Leberversagen, diabetische Ketoazidose)
- Lungentransplantation
- Schädel-Hirn-Trauma
- Massentransfusion (TRALI)
- Bestrahlung
Pathophysiologie
Die Pathophysiologie eines ARDS ist für die meisten Auslöser gleich. Sie läuft in mehreren Stadien ab. Es handelt sich dabei um eine "überzogene" Entzündungsreaktion des Lungengewebes, die den Krankheitsprozess induziert und im Sinne einer pathologischen Reaktionskaskade aufrechterhält.
Als Reaktion auf die auslösende Noxe kommt es zur Inflammation, wobei insbesondere Granulozyten proinflammatorische und prokoagulatorische Mediatoren freisetzen. Durch Zytokine und Sauerstoffradikale kommt es zu einer Störung der Endothelfunktion. Dies führt zu einer erhöhten alveolo-kapillären Permeabilität mit Durchtritt proteinreicher Flüssigkeit, die sich als interstitielles Lungenödem manifestiert.
Unter dem Einfluss von Entzündungsmediatoren kommt es zu einem ausgeprägten Kapillarschaden ("capillary leak") mit Ausbildung eines alveolären Ödems. Die Folge ist eine Verlängerung der Diffusionsstrecke und Verkleinerung der Gasaustauschfläche mit gestörtem Gasaustausch (Hypoxämie).
Durch Untergang von Typ-II-Pneumozyten und Inaktivierung von Surfactant durch Plasmaproteine entsteht ein Surfactant-Mangel. Die Folge ist eine verminderte Alveolarstabilität mit Atelektasenbildung und weiterer Verschlechterung der Belüftung. Atelektasen führen zu einer Abnahme der funktionellen Residualkapazität und Vergrößerung des funktionellen Totraumvolumens. Die Perfusion nicht-ventilierter Lungenabschnitte erhöht das intrapulmonale Rechts-Links-Shuntvolumen.
Die Hypoxämie führt außerdem zur pulmonalen hypoxischen Vasokonstriktion. Dies bedingt zusammen mit Mikrothromben eine pulmonalarterielle Druckerhöhung mit Rechtsherzbelastung.
Verläuft ein ARDS in diesem Stadium nicht tödlich, kommt es zu Ausheilungsbemühungen des Organismus. Dabei werden geschädigte Pneumozyten durch die Proliferation von Fibroblasten und Endothelzellen zunehmend durch Bindegewebe ersetzt. Es kommt zur Bildung von hyalinen Membranen, welche die Alveolarwände tapetenartig auskleiden. Durch die Fibrosierung kann das bestehende Ödem nicht resorbiert werden und die Ödembildung wird verstärkt. Die inflammatorischen Reaktionen führen zu weiterer Schädigung und es entsteht ein Circulus vitiosus.
Dadurch bleibt die Oxygenierung dauerhaft eingeschränkt, da die Diffusionsstrecke zwischen Blut und Luft größer wird. Eine Restitutio ad integrum ist in manchen Fällen beschrieben, jedoch für den Großteil der Fälle nicht zu erwarten, sodass von einer bleibenden respiratorischen Insuffizienz ausgegangen werden kann.
Pathologie
Entsprechend des pathophysiologischen Verlaufs unterscheidet man vereinfacht zwischen drei Phasen:
Phase | Zeitraum | Makroskopie | Mikroskopie |
---|---|---|---|
Exsudative bzw. inflammatorische Phase | Tag 1-7 |
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Frühe proliferative Phase | ab Tag 3 |
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Späte proliferative bzw. fibrotische Phase | ab Tag 7 |
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Klinik
Klinisch unterscheidet man ebenfalls drei Stadien:
Stadium | Zeitraum | Befunde |
---|---|---|
Stadium 1 | 12-24 Stunden nach Auslöser |
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Stadium 2 | innerhalb ersten 7 Tage |
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Stadium 3 | nach ca. 7 Tagen |
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Je nach Auslöser finden sich weitere Symptome, z.B. Hypothermie oder Fieber. Als Komplikation kann durch eine Hypoxie weiterer Organe ein Multiorganversagen entstehen. Durch die Lungenschädigung ist mit dem Auftreten einer Pneumonie zu rechnen, die unter diesen Bedingungen leicht in eine Sepsis münden kann.
Diagnostik
Ein ARDS ist zu diagnostizieren bei:
- nicht kardial bedingtem Lungenödem (Auskultation, Echokardiographie)
- massiver Einschränkung der Oxygenierung (Blutgasanalyse)
- bilateral auftretende, meist großflächige heterogene Verschattungen im Röntgenthorax bzw. Verdichtungen im CT.
Anamnese
- Auslöser, Begleiterkrankung
- akuter Beginn
Körperliche Untersuchung
- Dyspnoe
- Tachypnoe
- Hyperventilation in der Anfangsphase
- Zyanose
- Tachykardie
- Unruhe, Verwirrtheit
- diffus feinblasige Rasselgeräusche
Blutgasanalyse
In der Blutgasanalyse (BGA) manifestiert sich der Beginn eines ARDS in Form einer hypoxischen respiratorischen Insuffizienz ("respiratorische Partialinsuffizienz"):
- pO2 ↓
- pCO2 n/↓
- respiratorische Alkalose durch Hyperventilation
- Horovitz-Quotient < 300 mmHg (trotz Erhöhung der FiO2 z.B. durch Sauerstoffgabe bleibt der pO2 niedrig)
In der Spätphase des ARDS zeigt die BGA eine schwere hyperkapnische respiratorische Insuffizienz ("respiratorische Globalinsuffizienz"):
- pO2 ↓↓
- pCO2 ↑ (zunehmende respiratorische Erschöpfung)
- Horovitz-Quotient < 200 mmHg
Alveolo-arterielle Sauerstoffpartialdruckdifferenz
Die alveolo-arterielle Sauerstoffpartialdruckdifferenz (AaDO2), also die Differenz zwischen pO2 in den Alveolen (PAO2) und pO2 im arteriellen Blut (paO2), ist ein Maß für die Fähigkeit der Lunge, Sauerstoff aus der Alveolarluft ins Blut zu befördern. Sie dient als Indikator für eine Gasaustauschstörung und als Maß eines intrapulmonalen Rechts-Links-Shunts.
Die AaDO2 kann vereinfacht durch folgende Formel berechnet werden:
- 145 - PaO2 - PaCO2
Der Normbereich beträgt unter Raumluft 10-20 mmHg, bei einer FiO2 von 1,0 liegt er zwischen 25-65 mmHg.
Radiologie
Röntgen-Thorax
In der exsudativen Phase kann der Röntgen-Thorax unauffällig sein. Mögliche unspezifische Befunde sind:[8]
- bilaterale heterogene, meist symmetrische Verschattungen
- keine Veränderung in Verlaufskontrollen
- keine septalen Linien oder Kardiomegalie (sofern gleichzeitig kein kardiogenes Lungenödem vorliegt)
In der proliferativen Phase finden sich eher grobe retikuläre Verschattungen. Neue heterogene Verschattungen sollten an eine Superinfektion denken lassen. Nach ca. zwei Wochen kommt es häufig zur Auflösung der Verschattungen.
CT-Thorax
In der CT liegen anfangs bilaterale Milchglastrübungen und/oder Konsolidierungen vor.[8] Typischerweise zeigt sich ein anteroposteriorer Gradient. Finden sich Konsolidierungen in den nicht schwerkraft-abhängigen Lungenarealen sollte eine Superinfektion ausgeschlossen werden. In den Arealen mit Milchglastrübung sind die Bronchien dilatiert. Häufig liegen Pleuraergüsse vor.
Im Verlauf finden sich grobretikuläre Verdichtungen oder diffuse Milchglastrübungen mit verdickten Interlobulärsepten (Crazy Paving). In den nicht schwerkraft-abhängigen Lungenarealen kommt es zur Bildung von Bullae und Honeycombing, mutmaßlich aufgrund der fibrotischen Veränderungen und des Barotraumas. Begleitend finden sich Traktionsbronchiektasen.
Echokardiographie
Die Echokardiographie dient dem Ausschluss eines kardialen Lungenödems. Bei einem ARDS zeigen sich typischerweise folgende Befunde:
- erweiterte Pulmonalarterien aufgrund eines erhöhten pulmonalarteriellen Drucks
- rechtsventrikuläre Volumenbelastung
- verminderte linksventrikuläre Füllung und Abnahme des Schlagvolumens aufgrund des Rückstaus in den rechten Ventrikels
Rechtsherzkatheteruntersuchung
Mit Hilfe eines Pulmonaliskatheter kann der Pulmonalarteriendruck und der Wedge-Druck bestimmt werden. Dies ermöglicht eine Differenzierung zwischen ARDS und kardialem Lungenödem. Die Untersuchung erfolgt inzwischen nur unter strenger Risiko-Nutzen-Abwägung.
Während sich eine Erhöhung des pulmonalarteriellen Mitteldrucks (mPAP) sowohl beim kardialen Lungenödem als auch beim ARDS zeigt, ist der pulmonale Wedge-Druck (PCWP) beim ARDS nicht erhöht, sondern normal (Ausnahme: zusätzliche Linksherzinsuffizienz).
Extravaskuläres Lungenwasser
Die Bestimmung des extravaskulären Lungenwassers (EVLW), also der Flüssigkeit im Interstitium oder Alveolarraum, erfolgt mittels transpulmonaler Thermodilution. Das EVLW dient als Verlaufsparameter zur Beurteilung des Lungenödems.
Der Normwert beträgt 5 ml/kgKG, bei ARDS findet sich meist ein EVLW von > 15 ml/kgKG.
Differentialdiagnosen
Als klinische Differentialdiagnosen kommen vor allem folgende Erkrankungen in Frage, die teilweise sekundär in ein ARDS übergehen können:
- Lungenembolie
- kardiales Lungenödem bei Linksherzinsuffizienz
- schwer verlaufende Pneumonie
- Fluid Lung bei Niereninsuffizienz und Hypervolämie
- transfusionsassoziierte zikulatorische Überladung (TACO)
- transfusionsassoziierte akute Lungeninsuffizienz (TRALI)
- medikamenteninduzierte Lungenerkrankungen (DILD): z.B. durch Zytostatika, Opiate, ASS, Inhalationsanästhetika, Prostacyclin oder Amlodipin
Radiologisch muss an ein kardiogenes Lungenödem, eine diffuse alveoläre Hämorrhagie und eine diffuse Pneumonie gedacht werden.
Therapie
Die Therapie erfolgt intensivmedizinisch. Ein ARDS kann innerhalb von wenigen Stunden zur respiratorischen Dekompensation führen. An erster Stelle sollte die auslösende Ursache therapiert werden. Außerdem sollte eine maschinelle Beatmung frühzeitig eingesetzt werden.
Beatmungstherapie
Indikationen einer Beatmungstherapie sind:
- akute respiratorische Insuffizienz
- zunehmender Abfall des PaO2 (trotz Sauerstofffgabe)
- Horovitz-Quotient < 300 mmHg
Während bei einem milden ARDS noch eine nicht-invasive Beatmung (NIV) erwogen werden kann, ist in den meisten Fällen eine invasive Beatmung notwendig. Als Beatmungsmodus ist eine assistierte oder eine (druck-)kontrollierte Beatmung möglich. In der Regel wird als Grundeinstellung der BIPAP-Modus gewählt. Dabei wird auf eine lungenprotektive Beatmung geachtet, um ventilationsbedingte Lungenschäden zu vermeiden:
Beatmungsparameter | Beschreibung |
---|---|
Kleines Atemhubvolumen |
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Atemfrequenz |
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Inspiratorische Druckdifferenz |
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Spitzendruck Pmax (auch als Ppeak oder Pinsp bezeichnet) |
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PEEP |
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Inspirationszeit/Expirationszeit (I:E) |
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FiO2 |
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Oxygenierungsziel |
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Permissive Hyperkapnie |
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Patienten mit erhöhtem Hirndruck stellen eine absolute Kontraindikation für eine permissive Hyperkapnie dar. Mögliche Therapieoptionen zur Vermeidung der Hyperkapnie bei gleichzeitiger Wahrung des lungenprotektiven Therapieansatzes sind die Hochfrequenzoszillation (HFO) und die extrakorporale Lungenunterstützung (ECLA) mit einer modifizierten Herz-Lungen-Maschine.
Lagerung
Beim ARDS kann sowohl eine Oberkörperhochlagerung als auch eine Bauchlagerung ("prone position") erwogen werden. Bei der Oberkörperhochlagerung wird die Oxygenierung verbessert, die Atemarbeit verringert sowie das Risiko eines gastroösophagealen Refluxes und eines erhöhten Hirndrucks vermindert. Sie ist grundsätzlich bei intubierten Patienten empfohlen.
Bei Bauchlagerung (Umlagerung um 180° oder in modifizierter Form um 135°) kommt es zur Verminderung des intraabdominellen Drucks und zur Zunahme der Compliance der Lunge. Außerdem nimmt in Bauchlage der Pleuradruck-Gradient ab, was zur homogeneren Atemgasverteilung führt. Des Weiteren verbessert sich die Perfusion in ventralen Lungenabschnitten. Daher führt die Bauchlagerung zur Vergrößerung der Gasaustauschfläche, zum verbesserten Gasaustausch und zu weniger beatmungsinduzierten Lungenschäden. Die Bauchlagerung für 16 Stunden ist ab einem Horovitz-Quotienten < 150 mmHg empfohlen. Nach einer vierstündigen Pause kann die erneute Umlagerung erwogen werden. Als relative Kontraindikationen gelten:
- offenes Abdomen
- Wirbelsäuleninstabilität
- erhöhter Hirndurck
- bedrohliche Herzrhythmusstörungen
- Schock
Komplikationen der Bauchlagerung sind:
- Gesichtsödeme
- Druckschäden der Augen
- Druckulzera (v.a. am Knie und Becken)
Supportive Therapie
Weitere supportive Maßnahmen beim ARDS sind:
- Aufrechterhaltung eines adäquaten Blutdrucks (mittlerer arterieller Druck i.d.R. > 65 mmHg), ggf. Einsatz von Vasopressoren (z.B. Noradrenalin, Dobutamin)
- restriktive Volumentherapie bei stabiler Hämodynamik, ggf. Einsatz von Furosemid
- Prävention einer beatmungsassoziierten Pneumonie: Pro Beatmungstag steigt die Inzidenz um 2–3 % bis zum 10. Tag. Eine prophylaktische Antibiotikagabe wird jedoch grundsätzlich nicht empfohlen. Bei hohem Aspirationsrisiko sollte auf eine adäquate Mundpflege (z.B. mittels Chlorhexidin-Lösung) geachtet und eine selektive Darmdekontamination (SDD) erwogen werden.
- Low-dose-Heparinisierung aufgrund der erhöhten Thrombosegefahr bei Immobilisation
- Ernährung: sofern möglich enteral über Sonde, sonst parenteral über einen zentralvenösen Katheter. Oft ist der parallele Einsatz beider Ernährungsformen notwendig.
Rescue-Therapie
Als sogenannte Rescue-Therapie können folgende Maßnahmen ergriffen werden:
- inhalatives Stickstoffmonoxid: bei schwerer Hypoxämie oder Rechtsherzdekompensation
- niedrigdosierte Glukokortikoide: antiinflammatorische, antiproliferative bzw. antifibrotische Wirkung.
- Extrakorporale Unterstützungssysteme
Extrakorporale Unterstützungssysteme
- Extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO): Ersatz der Lungenfunktion bei schwerem ARDS mit therapierefraktärer Hypoxämie
- venovenöse EMCO (vvECMO): bei erhaltener Herzfunktion
- venoarterielle ECMO (vaECMO): bei eingeschränkter Herzfunktion
- Extrakorporaler Life Support (ECLS): Aufrechterhaltung der Blutzirkulation bei Versagen von Lunge und/oder Herz
- pumpenlose extrakorporale Lungenunterstützung (pECLA): arteriovenöser Shunt mit zwischengeschalteter Gasaustauschmembran ohne Pumpe; indiziert bei respiratorischer Azidose und erhaltener Herzfunktion.
Prognose
Trotz adäquater Therapie ist die Letalität des ARDS hoch und beträgt etwa 55-70 %. Prognostisch entscheidend ist eine frühzeitige Diagnosestellung.
Quellen
- ↑ The ARDS Definition Task Force, Acute Respiratory Distress Syndrome - The Berlin Definition, JAMA 2012 Jun 20;307(23):2526-33, abgerufen am 14.04.2020
- ↑ Pham T, Rubenfeld GD. Fifty Years of Research in ARDS.The Epidemiology of Acute Respiratory Distress Syndrome. A 50th Birthday Review, American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine. Band 195, Nummer 7, S. 860–870, 2017, abgerufen am 14.04.2020
- ↑ Villar J et al. The ALIEN study: incidence and outcome of acute respiratory distress syndrome in the era of lung protective ventilation, Intensive Care Medicine. Band 37, S. 1932–1941, 2011, abgerufen am 14.04.2020
- ↑ Sussman. VAPIng into ARDS: Acute Respiratory Distress Syndrome and Cardiopulmonary Failure, Pharmacology & Therapeutics, 2021
- ↑ Thieme-Wissenschaftler fassen Forschungsstand zu akuten Lungenschädigungen durch E-Zigaretten zusammen, abgerufen am 21.01.2022
- ↑ Bhatta, Glantz. Association of E-Cigarette Use With Respiratory Disease Among Adults: A Longitudinal Analysis, In: American Journal of Preventive Medicine. 2019
- ↑ Layden et al. Pulmonary Illness Related to E-Cigarette Use in Illinois and Wisconsin — Preliminary Report, In: New England Journal of Medicine. 2019
- ↑ 8,0 8,1 Sheard S et al. Imaging of acute respiratory distress syndrome. Respir Care. 2012
Literatur
- Siegel et al. Update: Interim Guidance for Health Care Providers Evaluating and Caring for Patients with Suspected E-cigarette, or Vaping, Product Use Associated Lung Injury — United States, In: MMWR. Morbidity and Mortality Weekly Report, 2019
- Taylor et al. Characteristics of E-cigarette, or Vaping, Products Used by Patients with Associated Lung Injury and Products Seized by Law Enforcement — Minnesota, 2018 and 2019, In: MMWR. Morbidity and Mortality Weekly Report, 2019
- Blount et al. Vitamin E Acetate in Bronchoalveolar-Lavage Fluid Associated with EVALI, In: New England Journal of Medicine, 2019