Synonym: Lungenatelaktase
Englisch: atelectasis
1 Definition
Unter einer Atelektase versteht man eine fehlende Belüftung der Lunge oder von Teilabschnitten der Lunge. Bei einer nur unvollständigen Belüftung spricht man auch von einer Dystelektase.
2 Einteilung
2.1 ...nach Pathomechanismus
Nach Pathomechanismus unterscheidet man zwischen folgenden Formen:
2.2 ...nach anatomischer Lokalisation
2.3 Sonderformen
3 Ätiologie
3.1 Kongenitale Ursachen
- Atemnotsyndrom des Neugeborenen: Dieses Phänomen betrifft besonders Frühgeborene. Der vorliegende Surfactant-Mangel führt aufgrund der fehlenden Reduktion der Oberflächenspannung zu einem alveolären Kollaps.
- Störung des Atemzentrums: Bei einer Schädigung des Atemzentrums im Gehirn (zum Beispiel durch eine Hirnblutung) kann der Reflex, Luft zu holen, nach der Geburt fehlen.
- Zwerchfellhernien: Bauchorgane können sich durch eine Muskellücke im Zwerchfell in den Brustkorb verlagern und dort die Lunge komprimieren.
- Fruchtwasseraspiration: Gelangt zu viel Fruchtwasser kurz vor oder während der Geburt in die kindliche Lunge oder enthält es zusätzlich Mekonium, wird die Atemfunktion des Kindes beeinträchtigt mit der zusätzlichen möglichen Folge einer Lungenentzündung.
3.2 Erworbene Ursachen
4 Pathophysiologie
Eine Atelektase führt zur Ausbildung eines funktionellen Shunts. Nichtoxygeniertes Blut wird aus den Lungenarterien in die Lungenvenen geleitet. Dadurch verschlechtert sich das Ventilations-Perfusions-Verhältnis. Für den Organismus kann dadurch bei größeren Atelektasen eine schwerwiegende Hypoxie resultieren.
5 Diagnostik
Im Röntgen-Thorax und in der Computertomographie (CT) stellt sich eine Atelektase durch folgende Zeichen dar:
5.1 Direktes Zeichen
Als direktes Zeichen einer Atelektase gilt:
- Verlagerung der Lappenspalten zur Atelektase: zeigt den Volumenverlust des betroffenen Lungenabschnitts direkt an. Geht mit einer Einziehung (Konkavität) der Ränder des betroffenen Bereiches einher.
5.2 Indirekte Zeichen
Indirekte Zeichen einer Atelektase sind:
- scharf begrenzte Transparenzminderung (Verschattung bzw. Verdichtung) aufgrund des verminderten Luftgehalts. Nicht obligates Zeichen.
- ipsilateraler Zwerchfellhochstand: Bei Unterlappenatelektase v.a. dorsale Zwerchfellabschnitte, bei Atelektase des Mittellappens oder der Lingula v.a. ventralen Abschnitte.
- ipsilaterale Mediastinalverlagerung: Besonders auffällig ist Verlagerung des oberen Mediastinums bei einer Oberlappenatelektase. Die Verlagerung des unteren Mediastinums ist schwerer zu beurteilen.
- ipsilaterale Verlagerung der Hilusstrukturen: v.a. bei chronischen Oberlappenatelektasen. Die Kaudalverziehung bei Unterlappenatelektasen ist schwerer zu beurteilen. In Seitaufnahme ist bei einer Oberlappenatelektase der Abgang des Oberlappenbronchus nach ventral, bei Unterlappenatelektase der Unterlappenbronchus nach dorsal verlagert. Verlust der Abgrenzbarkeit der Arteria interlobaris spricht für eine Unterlappenatelektase (insbesondere links) und gegen einen Pleuraerguss.
- Verschmälerung der Interkostalräume: wenig zuverlässiges Zeichen v.a. einer chronischen Atelektase
- negatives Pneumobronchogramm (gilt nur für Resorptions- bzw. Obtruktionsatelektasen): im Gegensatz zur Konsolidierung (z.B. bei Lobärpneumonie).
- kompensatorische Überblähung anderer Lungenabschnitte: zuverlässiges Zeichen bei chronischer Atelektase. Zeigt sich in Form einer (meist diskreten) Transparenzzunahme und einer Rarefizierung der Gefäßzeichnung. In der CT deutlicher erkennbar. Bei einer kleinen Atelektase betrifft die Überblähung nur die angrenzenden Lungenabschnitte. Bei einer großen Lappenatelektase oder einer Totalatelektase ist auch die kontralaterale Lunge in Form einer vorderen oder hinteren Lungenherniation beteiligt.
Mittellappenatelektase ohne Pneumobronchogramm. Im CT-Thorax Verlegung des Mittellappenbronchus und vergrößerter Lymphknoten in der Aufzweigung von Oberlappen- und Unterlappenarterien. Bronchoskopie empfohlen.