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Asbestose

Synonyme: Asbeststaublunge, Bergflachslunge, Asbestosis pulmonum
Englisch: asbestosis

1. Definition

Unter einer Asbestose versteht man pathologische Veränderungen von Lunge und Pleura (Silikatose), die durch eine langandauernde Einatmung von Asbestfasern entstehen. Die Asbestose gehört zu den Pneumokoniosen und ist eine entschädigungspflichtige Berufskrankheit (BK-Nr. 4103).

  • ICD10-Code: J61 - Pneumokoniose durch Asbest und sonstige anorganische Fasern - Asbestose

2. Exposition

Neben der Exposition im Bergbau und in Mineralmahlwerken sowie bei der Herstellung von Asbestprodukten wurde Asbest im 20. Jahrhundert weltweit im Schiffsbau und Baugewerbe verwendet. Entsprechend waren bzw. sind Rohrverleger, Heizungsinstallateure und Bauhandwerker einer möglichen Exposition ausgesetzt. Weiterhin wurde Asbest in feuerfesten Textilien, Zement- und Bodenplatten sowie als Abriebmaterial in Kupplungs- und Bremsbelägen verwendet.

In Industrieländern wurde Asbest inzwischen weitgehend durch synthetische Mineralfasern (Fiberglas, Steinwolle) ersetzt. Eine hohe Exposition besteht noch in Entwicklungsländern.

3. Pathogenese

Durch die Inhalation von Asbestfasern, die länger als 15 µm (Durchmesser der Alveolarmakrophagen) sind, kommt es zu einer Fibrosereaktion - diese Asbestfasern können aufgrund ihrer Größe weder phagozytiert, noch über die mukoziliäre Clearance beseitigt werden. Die Aktivierung von Entzündungszellen und Fibrozyten, die zur Bildung von Kollagen Typ III stimuliert werden, leitet dann die asbestbedingte Lungenfibrose ein, vor allem in den basalen Lungenabschnitten.

Bei einer Faserlänge von > 5 µm und einem Durchmesser von < 5 µm wird ein Teil der Fasern über das Flimmerepithel oralwärts transportiert und der andere Teil phagozytiert. Die Alveolarmakrophagen mit den eingeschlossenen Asbestfasern migrieren über die Lymphbahnen in die regionalen Lymphknoten und werden dort mit einer eisenhaltigen Proteinhülle umschlossen. Diese Residuen werden als Asbestkörperchen bezeichnet.

Da die Alveolarmakrophagen die anorganischen Bestandteile des Asbests nicht abbauen können, kommt es zur frustranen Phagozytose, in deren Rahmen vermehrt reaktive Sauerstoffspezies (ROS) gebildet werden. Die reaktiven Sauerstoffspezies können zusammen mit den organischen Bestandteilen des Asbests zu Mutationen der DNA führen. Eine mögliche Folge ist die Entwicklung maligner Tumoren, z.B. eines Mesothelioms.

4. Verlauf

Mit einer Latenz von etwa 10 bis 20 Jahren führt die Einatmung von Asbestfasern zu einer fortschreitenden Fibrosierung des Lungenparenchyms, deren Ausmaß individuell sehr unterschiedlich sein kann. Basal ist diese Fibrosierung jedoch häufiger. Radiologisch sind häufig spiralartige Pleuraplaques Frühzeichen einer Asbestose. Durch ausgedehnten Pleurabefall entstehen basale und diaphragmale Pleuraplaques, die oft verkalken und rezidivierende Pleuraergüsse hervorrufen. Die Sinus phrenicocostales verschwielen i.d.R. nicht.

Die Asbestose endet oft in einer restriktiven Ventilationsstörung. Auch eine mäßige obstruktive Ventilationsstörung kann bei peribronchialer Fibrose auftreten. Zu den Spätfolgen zählt auch der Lungenkrebs und das Pleuramesotheliom.

5. Diagnose

Die Diagnosefindung basiert auf der Anamnese bzw. Berufsanamnese, in der abgefragt wird, ob es eine gesicherte Exposition gegenüber Asbestfasern gab. Zum weiteren diagnostischen Vorgehen gehören:

5.1. Radiologie

Typische Zeichen der Asbest-assoziierten Pleuraerkrankung sind umschriebene Pleuraverdickungen (Pleuraplaques), die verkalken können. Typische Lokalisationen der Plaques sind:

Weitere pleurale Manifestationen sind:

Die pulmonale Asbestose zeigt sich anfangs durch dorsobasal betonte subpleurale peribronchioläre Mikronoduli. Im Verlauf kommt es zu dorso- und laterobasal betonten kurvilinearen Verdichtungen. Weiterhin finden sich insbesondere in den Unterfeldern, dorsobasal und subpleural irreguläre Retikulationen, Traktionsbronchiolektasen und Honigwaben.

Asbestose mit disseminierten Pleuraplaques


6. Therapie

Da es keine kausale Therapie für die Asbestose und die damit verbundene Lungenfibrose gibt, muss in erster Linie eine weitere Exposition vermieden werden.

7. Komplikationen

Besonders bei langjähriger Exposition kann es zur Entwicklung von Bronchialkarzinomen, Mesotheliomen und teilweise auch Larynxkarzinomen kommen. Zur Einschätzung des Tumorrisikos sollten Patienten mit bestehender Asbestose regelmäßig zur Kontrolluntersuchung vorgestellt werden.

Die Abschätzung des Tumorrisikos erfolgt anhand der Faserjahre. Ein Faserjahr entspricht 1 x 106 Fasern/m³ x Jahr. Nach 25 Jahren hat sich das Risiko für ein Lungenkarzinom verdoppelt. Das Risiko, an einem Mesotheliom zu erkranken, verdoppelt sich bereits nach ca. einem Jahr.

7.1. Lungenkarzinom

Lungenkarzinome treten i.d.R. frühestens 15 bis 19 Jahre nach erstmaliger Exposition auf. Bei Zigarettenrauchern scheint das Risiko überadditiv erhöht zu sein. Steht das Lungenkarzinom im Zusammenhang mit einer radiologisch oder pathologisch-anatomisch nachweisbaren asbestassoziierten fibrosierenden Erkrankung der Lunge und/oder Pleura, gilt es als entschädigungspflichtige Berufserkrankung (BK-Nr. 4104). Weiterhin existiert eine Empfehlung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, ein Lungenkarzinom auch als durch Asbeststaub verursacht anzusehen, wenn die Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaubdosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren (= 1 Mio. kritische Fasern/m3 Raumluft x Expositionsdauer) nachgewiesen werden kann.

7.2. Mesotheliom

Asbest kann seltener zu pleuralen oder peritonealen Mesotheliomen führen. Hier scheint keine Assoziation mit dem Rauchen zu bestehen. Über 80 % der Mesotheliome sind mit einer Asbestexposition assoziiert. Ein dokumentiertes Mesotheliom ist bei beruflicher Asbestexposition und unabhängig vom Vorliegen einer Asbestose als entschädigungspflichtige Berufserkrankung definiert (BK-Nr. 4105).

8. Literatur

  • Laborlexikon.de; abgerufen am 04.02.2021

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