(Weitergeleitet von Chronische Polyarthritis)
Synonyme: chronische Polyarthritis (CP), primär chronische Polyarthritis (PCP)
Laienbegriff: Rheuma
Englisch: Rheumatoid arthritis
Die rheumatoide Arthritis, kurz RA, ist eine chronisch-entzündliche Systemerkrankung, welche die Innenhaut (Synovialis) der Gelenke befällt und dadurch das klinische Bild einer Polyarthritis hervorruft. Fakultativ können auch andere Organe betroffen sein. Die Erkrankung zeigt einen schubweisen, progredienten Verlauf, der zur Zerstörung der Gelenke und zu schwerwiegenden Behinderungen bis zur Invalidität führen kann.
Die rheumatoide Arthritis hat eine weltweite Prävalenz von ungefähr 0,5 bis 1,0%.[1] Nach der aktivierten Arthrose ist sie die häufigste inflammatorische Gelenkerkrankung. Die Inzidenz variiert zwischen 12 und 1.200 Fällen pro 100.000 Personen pro Jahr, abhängig vom Geschlecht und von der ethnischen Herkunft.[2] Frauen sind etwa dreimal so häufig betroffen wie Männer. Der Manifestationsgipfel liegt ungefähr zwischen dem 55. und 65. Lebensjahr. Familiäre Häufungen sind zu beobachten.
Die genauen Ursachen der rheumatoiden Arthritis sind zum größten Teil ungeklärt. Es handelt sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der bestimmte körpereigene Gewebe (z.B. Gelenkknorpel) und Bindegewebe vom Immunsystem, nämlich von Antikörpern und Phagozyten angegriffen werden. Für die Erkrankung besteht eine genetische Disposition: Die rheumatoide Arthritis tritt familiär gehäuft auf und ist mit bestimmten MHC- bzw. HLA-Merkmalen assoziiert. Das Vorhandensein der genetischen Variante HLA-DRB1 ist dabei das wichtigste ausschlaggebende, prädisponierendes Merkmal.
Die Basisdiagnostik bildet die klinische Untersuchung der betroffenen Körperpartien. Darüber hinaus stehen die Bildgebung und Laboruntersuchungen im Vordergrund.
siehe Hauptartikel: Rheumatoide Arthritis (Radiologie)
Der Nachweis von ACPA und RF in Kombination gilt als nahezu beweisend für eine rheumatoide Arthritis.
In der Initialphase zeigen sich Allgemeinsymptome:
Im weiteren Verlauf kommt es schließlich zu den typischen Manifestationen am Bewegungsapparat:
Extraartikulär manifestiert sich die Erkrankung vor allem an:
Das American College of Rheumatology (ACR) hat 2010 gemeinsam mit der European League Against Rheumatism (EULAR) die sogenannten ACR/EULAR-Klassifikationskriterien definiert, anhand derer die Diagnose "Rheumatoide Arthritis" mithilfe eines Punktsystems gestellt werden kann:
Punkte | Gelenkbeteiligung | Serologie | Entzündungsparameter | Symptomdauer |
---|---|---|---|---|
0 | ≤ 1 großes Gelenk | RF + APCA neg. | CRP + BSG normal | < 6 Wochen |
1 | 2 - 10 große Gelenke | CRP + BSG ↑ | ≥ 6 Wochen | |
2 | 1 - 3 kleine Gelenke | RF + APCA ↑ | ||
3 | 4 - 10 kleine Gelenke | RF + APCA ↑↑ | ||
5 | > 10 Gelenke, davon ≥ 1 kleines Gelenk |
Die Interphalangealgelenke, Metacarpophalangealgelenke, Metatarsophalangealgelenke und Handgelenke werden dabei als kleine Gelenke, Schultergelenk, Ellenbogengelenk, Hüftgelenk, Kniegelenk und Sprunggelenk als große Gelenke gewertet. In jeder Spalte wird dann der höchste erreichbare Punktwert vergeben. Eine RA liegt vor, wenn sich ein Punktwert ≥ 6 ergibt und gleichzeitig eine gesicherte Gelenkentzündung an typischer Stelle ohne andere erkennbare Ursache (z.B. Trauma, Arthrose) vorliegt.
Die älteren, nicht mehr gültigen ACR-Kriterien von 1987 legten die Diagnosekriterien wie folgt fest:
Eine rheumatoide Arthritis lag demnach vor, wenn ein Patient mindestens 4 von 7 Kriterien erfüllte. Die ersten 4 Kriterien mussten über einen Zeitraum von mindestens 4 - 6 Wochen bestehen.
Die medikamentöse Therapie der RA kann mit folgenden Wirkstoffen erfolgen:
Im akuten Schub wird die RA symptomatisch mit NSAIDs oder Coxiben behandelt. Zusätzlich erfolgt die systemische Gabe von Glukokortikoiden, um die Entzündungsaktivität zu reduzieren. Bei sehr starker Symptomatik können Glukokortikoide auch intraartikulär injiziert werden.
Die langfristige Therapie basiert auf der Gabe von DMARDs. Ihr Wirkeintritt dauert einige Wochen, so dass diese Zeit mit NSAID und/oder Glukokortikoiden überbrückt werden muss. Das Mittel der Wahl bei mittelschwerer bis schwerer RA ist Methotrexat (initial: 15 mg/Woche). Alternativ kommen u.a. Leflunomid und Sulfasalazin in Frage. Wenn unter dieser Therapie nach 4-6 Wochen keine Besserung erzielt wird, werden Kombinationen verschiedener DMARDs eingesetzt (z.B. MTX + LEF oder MTX + SSZ + HCQ). Als weitere Eskalationsstufe kommt nach weiteren 3 Monaten der Einsatz von Biologika in Betracht.[3]
Additiv werden physikalische Therapieoptionen genutzt:
Vor allem in der Frühphase kann eine Synovektomie den Krankheitsbeginn günstig beeinflussen. Als weitere Therapieoptionen können die Durchführung einer Radiosynoviorthese sowie chirurgische Rekonstruktionen (z.B. Arthrodese, Arthroplastik) in Betracht gezogen werden.
Bei Patienten mit einer RA ist nach längerer Erkrankung ein hoher Grad an Erwerbsunfähigkeit sowie eine Verkürzung der Lebenszeit um drei bis zwölf Jahren beschrieben. Eine rechtzeitige und adäquate Therapie kann dem jedoch entgegen wirken.
Tags: Autoimmunerkrankung, DMARD, Entzündung, Gelenk, HLA, Polyarthritis, Systemerkrankung
Fachgebiete: Orthopädie, Rheumatologie
Diese Seite wurde zuletzt am 12. Februar 2022 um 14:47 Uhr bearbeitet.
Um diesen Artikel zu kommentieren, melde Dich bitte an.