Fragebogen
Definition
Ein Fragebogen ist ein standardisiertes Erhebungsinstrument, das dazu dient, systematisch Informationen von Personen zu erfassen. Dabei kann es sich z.B. um Meinungen, Kenntnisse, anamnestische Angaben, Verhaltensweisen oder Merkmale handeln. Ein Fragebogen besteht aus einer Reihe von Items, d.h. Fragen oder Aussagen, zu denen die befragte Person frei formulierte oder vorstrukturierte Angaben macht.
Hintergrund
Fragebögen sind wichtige Werkzeuge im klinischen Alltag und in der Forschung. Sie ermöglichen eine ökonomische und vergleichbare Erhebung großer Datenmengen und sind sowohl in Selbst- als auch in Fremdbeurteilungsverfahren einsetzbar. Grundlage ihrer Entwicklung bildet die Testtheorie, die Anforderungen an Objektivität, Reliabilität und Validität definiert. Nur wenn diese Gütekriterien erfüllt sind, kann ein Fragebogen als diagnostisch brauchbar gelten.
Aufbau und Durchführung
Ein Fragebogen enthält in der Regel kurze Instruktionen, die das Vorgehen und das Antwortformat erläutert. Darauf folgen die Items, die thematisch in Skalen oder Subskalen gruppiert sein können. Die Antworten werden häufig auf einer Likert-Skala angegeben (z. B. von 1 = „trifft gar nicht zu“ bis 5 = „trifft völlig zu“). Alternativ kommen dichotome Antwortformate („ja/nein“) oder offene Fragen zum Einsatz, insbesondere bei explorativen oder qualitativen Fragestellungen. Die Durchführung kann papierbasiert, digital oder mündlich erfolgen. In der Forschung und klinischen Praxis werden Fragebögen häufig mit anderen Verfahren kombiniert, um ein umfassenderes Bild des untersuchten Merkmals zu erhalten.
Fragebogenkonstruktion
Die Entwicklung eines Fragebogens folgt einem wissenschaftlich fundierten, mehrstufigen Prozess. Zunächst wird das zu erfassende Konstrukt theoretisch präzisiert, etwa „Depressivität“, „Angst“ oder „Lebensqualität“. Auf dieser Grundlage werden Items formuliert, die den gesamten Inhaltsbereich möglichst repräsentativ abbilden.
In einer Pilotphase wird der Entwurf an einer Stichprobe getestet, um Verständlichkeit, Trennschärfe und interne Konsistenz zu prüfen. Statistische Kennwerte wie Cronbachs α oder Item-Gesamt-Korrelationen geben Aufschluss über die Reliabilität. Die Validität wird über Korrelationen mit externen Kriterien (z. B. klinische Diagnosen oder Fremdurteile) überprüft.
Nach der Itemanalyse werden ungeeignete Fragen entfernt oder überarbeitet, bis ein reliables, valides und praktikables Instrument entsteht. Eine anschließende Normierung erlaubt die Einordnung individueller Werte in Bezug auf eine repräsentative Vergleichsstichprobe.
Anwendungsbeispiele
Zu den bekanntesten psychologischen Fragebögen zählen das Beck-Depressions-Inventar (BDI), das State-Trait-Anxiety-Inventory (STAI) und das Big-Five-Inventory (BFI-2) zur Erfassung der Persönlichkeit. In der Medizin sind der Patient Health Questionnaire (PHQ-9) und der WHO-5-Well-Being-Index weit verbreitet.
Vorteile
Fragebögen ermöglichen eine standardisierte, ökonomische und vergleichbare Datenerhebung. Sie eignen sich für große Stichproben, lassen sich leicht auswerten und in Forschung, Klinik oder Epidemiologie vielfältig einsetzen.
Nachteile
Antworten können durch soziale Erwünschtheit, mangelnde Einsicht oder Verständnisprobleme verzerrt werden. Komplexe oder unbewusste Prozesse sind nur begrenzt erfassbar, und sprachliche Barrieren können die Aussagekraft einschränken.
Literatur
- Moosbrugger, H. & Kelava, A. (2012). Testtheorie und Fragebogenkonstruktion. Springer. Online verfügbar
- Bortz, J. & Döring, N. (2006). Forschungsmethoden und Evaluation für Human- und Sozialwissenschaftler. Springer. Online verfügbar