Patient Health Questionnaire-9
Definition
Der Patient Health Questionnaire-9, kurz PHQ-9, ist ein international etabliertes, validiertes Screening- und Verlaufsinstrument zur Erfassung einer depressiven Symptomatik. Er stellt das Depressionsmodul des modular aufgebauten Patient Health Questionnaire (PHQ) dar, der als Weiterentwicklung der „Primary Care Evaluation of Mental Disorders“ (PRIME-MD) entwickelt wurde. Der PHQ-9 basiert auf den neun diagnostischen Kriterien für eine Major Depression gemäß DSM-IV bzw. DSM-5.
Durchführung
Der PHQ-9 besteht aus neun Items, die zentrale depressive Symptome wie Anhedonie, Niedergeschlagenheit, Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme, psychomotorische Veränderungen, Energieverlust, Appetitveränderungen, Schuldgefühle und Suizidgedanken abfragen. Die Befragung bezieht sich auf die letzten zwei Wochen. Die Antwortoptionen sind vierstufig kodiert:
- 0 = „Überhaupt nicht“
- 1 = „An einzelnen Tagen“
- 2 = „An mehr als der Hälfte der Tage“
- 3 = „Beinahe jeden Tag“
Die maximale Punktzahl beträgt 27. Der PHQ-9 kann sowohl im Selbst- als auch im Fremdbericht ausgefüllt werden und eignet sich für den Einsatz in der hausärztlichen Praxis, im psychiatrischen und psychosomatischen Setting sowie im Rahmen epidemiologischer Studien.
Interpretation
| Punkte | Bewertung |
|---|---|
| 0–4 | keine bzw. minimale depressive Symptomatik |
| 5–9 | leichte depressive Symptomatik |
| 10–14 | mittelgradige depressive Symptomatik |
| 15–19 | mittelgradig-schwere depressive Symptomatik |
| 20–27 | schwere depressive Symptomatik |
Ein Cut-off von ≥10 Punkten gilt als geeignet, um eine behandlungsbedürftige Depression mit akzeptabler Sensitivität und Spezifität (jeweils ca. 88 %) zu erkennen.
Klinische Bedeutung
Neben der diagnostischen Einordnung ermöglicht der PHQ-9 eine Verlaufsbeurteilung unter Therapie. Er eignet sich zur systematischen Evaluation des Therapieerfolgs in leitliniengerechten Stepped-Care-Ansätzen sowie zur Entscheidungsfindung bezüglich der Behandlungsintensität. Besonders relevant ist der PHQ-9 auch in der hausärztlichen Versorgung, da depressive Erkrankungen dort häufig unerkannt bleiben. Durch die standardisierte Erfassung kann die Diagnoserate signifikant gesteigert werden.
Das neunte Item („Gedanken, dass Sie lieber tot wären oder sich irgendwie weh tun möchten“) erfordert besondere Beachtung, da es Hinweise auf akute Suizidalität geben kann. Bei positiver Antwort sollte stets eine differenzierte Risikoabwägung und ggf. eine psychiatrische Krisenintervention erfolgen.
Limitationen
Obwohl der PHQ-9 ein validiertes und ökonomisches Instrument darstellt, ersetzt er keine umfassende klinisch-psychopathologische Diagnostik. Insbesondere kann er nicht zwischen verschiedenen Depressionsformen oder komorbiden Störungen differenzieren. Ferner ist eine kultur- und altersgerechte Anwendung zu beachten, da sprachliche und kontextuelle Faktoren die Interpretation beeinflussen.
Literatur
- Kroenke et al. The PHQ‐9: validity of a brief depression severity measure. Journal of General Internal Medicine, 16(9), 606–613. 2001
- Löwe et al. Measuring depression outcome with a brief self-report instrument: sensitivity to change of the Patient Health Questionnaire (PHQ-9). Journal of Affective Disorders. 81(1): 61–66. 2004