Patient Health Questionnaire
Definition
Der Patient Health Questionnaire, kurz PHQ, ist ein selbstberichtetes Screeningverfahren zur Erfassung psychischer Störungen. Er basiert auf DSM-Kriterien und besteht aus mehreren Modulen, die je nach diagnostischer Fragestellung einzeln oder kombiniert eingesetzt werden. Der PHQ dient der strukturierten Symptomerhebung und kann auch zur Verlaufsbeurteilung genutzt werden, ersetzt jedoch keine klinische Diagnostik.
Hintergrund
Der PHQ wurde als Weiterentwicklung des PRIME-MD konzipiert, um ein ökonomisches und verlässliches Instrument zur Erkennung psychischer Belastungen in der Primärversorgung bereitzustellen. Obwohl der PHQ ursprünglich als modularer Gesamtfragebogen konzipiert wurde, nutzt man in der klinischen Praxis mittlerweile überwiegend einzelne Subskalen wie den PHQ-9, den GAD-7 oder den PHQ-15, sowie ultrakurze Screeninginstrumente wie PHQ-2, GAD-2 und PHQ-4, da diese für spezifische Fragestellungen ökonomischer einsetzbar und besser validiert sind.
Aufbau
Der PHQ ist modular aufgebaut und deckt unterschiedliche psychopathologische Domänen ab. Einige Module liefern validierte Summenscores, andere fungieren als kriteriumsbasierte Screeninginstrumente.
| Modul | Screeningziel | Items | Score | Interpretation/Cut-Off | Hinweise |
|---|---|---|---|---|---|
| PHQ-2 | Depressive Symptomatik (Kurzscreening) | 2 | 0-6 | ≥ 3 auffällig | Enthält nur Anhedonie und depressive Stimmung |
| PHQ-4 | Depressive und Angst-Symptomatik (Ultrakurzscreening) | 4 | 0-12 | Subskalen (PHQ-2, GAD-2) ≥ 3; Gesamtscore ≥ 6 | Kombination aus PHQ-2 und GAD-2 |
| PHQ-9 | Depressive Symptomatik | 9 | 0–27 | 5/10/15/20 (mild bis schwer); ≥ 10 klinisch relevant | Enthält Suizidalitätsitem |
| PHQ-8 | Depressive Symptomatik ohne Suizidalität | 8 | v0–24 | analog PHQ-9 | Häufig in Bevölkerungsstudien |
| GAD-2 | Angst-Symptomatik (Kurzscreening) | 2 | v0-6 | ≥ 3 auffällig | Bestandteil des PHQ-4; Weiterabklärung mit GAD-7 empfohlen |
| GAD-7 | Generalisierte Angststörung | 7 | 0–21 | 5/10/15 (mild bis schwer) | Screening für Angststörungen |
| PHQ-15 | Somatische Beschwerden | 15 | 0–30 | 5/10/15 (mild bis schwer) | Erfasst somatische Belastung |
| PHQ-PD | Panikstörung | 5 Kernitems + Zusatz | kein Summenscore | Screening positiv bei Kriterienkonstellation | DSM-basiertes Screening |
| PHQ-ED | Essstörungen | 6 | kein Summenscore | Screening positiv bei Kriterienkonstellation | Bulimie/Binge-Eating |
| PHQ-Alcohol / PHQ-Substance | Alkohol- bzw. Substanzkonsum | variabel | variabel | abhängig von Modulkriterien | Screeningmodule |
Durchführung
Der PHQ kann papierbasiert oder digital ausgefüllt werden. Die Bearbeitungszeit liegt je nach Modul bei etwa zwei bis fünf Minuten. Die Auswertung erfolgt über Summenscores bzw. mittels definierter Kriterienmuster. Auffällige Ergebnisse sollten immer im Rahmen weiterführender Diagnostik abgeklärt werden.
Psychometrische Gütekriterien
Die Module des PHQ verfügen über gute bis sehr gute psychometrische Eigenschaften. Der PHQ-9 weist eine interne Konsistenz von 0,80–0,89 sowie Sensitivitäts- und Spezifitätswerte im Bereich von etwa 0,80–0,90 bei einem Cut-off ≥ 10 auf.[1] Der GAD-7 zeigt eine interne Konsistenz von rund 0,92 und eine hohe diagnostische Trennschärfe bei Cut-offs von 10 und 15.[2] Beim PHQ-15 werden interne Konsistenzen von 0,8 berichtet.[3]
Anwendungsgebiete
Der PHQ wird in der Primärversorgung, in psychiatrischen und psychotherapeutischen Einrichtungen sowie in somatischen Kliniken eingesetzt, um psychische Belastungen systematisch zu erfassen. Ultrakurze Instrumente wie PHQ-2, GAD-2 und PHQ-4 dienen hierbei insbesondere als ökonomische Ersteinschätzung in zeitlich limitierten Settings, etwa in der hausärztlichen Versorgung oder im Rahmen von Routine-Screenings, und fungieren häufig als Vorauswahl für eine weiterführende Diagnostik mittels längerer PHQ-Module wie PHQ-9 oder GAD-7. Darüber hinaus eignet sich der PHQ zur Verlaufsbeurteilung, insbesondere bei depressiven und angstbezogenen Störungen, und wird in epidemiologischen Studien häufig zur Erhebung psychischer Symptomprävalenzen genutzt. Auch in stationären und rehabilitativen Einrichtungen findet er Anwendung, um Screeningprozesse zu standardisieren und psychische Belastungen frühzeitig zu identifizieren.
Bewertung
Der PHQ ermöglicht eine verlässliche Ersteinschätzung psychischer Symptomlast. Er ersetzt jedoch keine vollwertige diagnostische Abklärung. Somatische Begleiterkrankungen können insbesondere den PHQ-9 und PHQ-15 beeinflussen. Das Suizidalitätsitem im PHQ-9 erfordert eine zeitnahe klinische Beurteilung. Für differenzialdiagnostische Entscheidungen sowie Therapieplanung sind ergänzende Anamnese, psychopathologische Beurteilung und gegebenenfalls strukturierte Interviews notwendig.
Quellen
- ↑ Kroenke et al., The PHQ-9: Validity of a brief depression severity measure, Journal of General Internal Medicine, 2001
- ↑ Spitzer et al., A brief measure for assessing generalized anxiety disorder: The GAD-7, Archives of Internal Medicine, 2006
- ↑ Hybelius et al., Measurement Properties of the Patient Health Questionnaire–15 and Somatic Symptom Scale–8: A Systematic Review and Meta-Analysis, JAMA Netw Open, 2024