Certolizumab
Handelsname: Cimzia®
Synonym: Certolizumab pegol
Englisch: certolizumab
Definition
Certolizumab ist ein rekombinantes humanisiertes Antikörper-Fab-Fragment aus der Gruppe der TNF-alpha-Inhibitoren. Es wird u.a. im Rahmen der Therapie der rheumatoiden Arthritis verabreicht.
Chemie
Certolizumab wird rekombinant in Escherichia coli exprimiert und mit Polyethylenglycol (PEG) konjugiert.
Wirkmechanismus
Certolizumab bildet mit löslichem als auch zellwandständigen TNF-alpha stabile Komplexe. Dadurch wird TNF-alpha neutralisiert und die Freisetzung von entzündungsfördernden Substanzen wie zum Beispiel Interleukinen verhindert.
Pharmakokinetik
Nach subkutaner Gabe werden maximale Plasmakonzentrationen nach 54 bis 171 Stunden erreicht. Die Bioverfügbarkeit beträgt ca. 80 % im Vergleich zu intravenöser Applikation. Die PEGylierung verzögert die Elimination aus dem Blutkreislauf u.a. über eine reduzierte renale Clearance und verringerte Metabolisierung. Die Plasmahalbwertszeit beträgt 14 Tage. Certolizumab wird durch Proteolyse zu Peptiden und Aminosäuren abgebaut.
Indikationen
- Rheumatoide Arthritis (RA):
- Kombinationstherapie mit Methotrexat (MTX) bei Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwerer, aktiver RA, wenn das Ansprechen auf langwirksame Antirheumatika (DMARDs) incl. MTX ungenügend war
- Monotherapie bei Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwerer, aktiver RA, wenn die Fortsetzung der Behandlung mit MTX ungeeignet ist
- in Kombination mit MTX bei Erwachsenen mit schwerer, aktiver und fortschreitender RA, die bisher nicht mit MTX oder anderen DMARDs behandelt wurden
- Axiale Spondyloarthritis (AS) (incl. Spondylitis ankylosans):
- Erwachsene mit schwerer, aktiver AS, die ungenügend auf NSARs angesprochen haben oder eine Intoleranz gegenüber NSARs aufweisen
- Erwachsene mit schwerer, aktiver axialer Spondyloarthritis ohne Röntgennachweis einer AS, aber mit objektiven Anzeichen der Entzündung, festgestellt durch erhöhtes C-reaktives Protein (CRP) und/oder mittels Magnetresonanztomographie (MRT), die ungenügend auf NSARs angesprochen haben oder die eine Intoleranz gegenüber NSARs besitzen
- Erwachsene mit aktiver Psoriasisarthritis
- in Kombination mit MTX, wenn das vorherige Ansprechen auf eine Therapie mit DMARDs unzureichend war
- als Monotherapie bei Unverträglichkeit gegenüber MTX oder wenn Fortsetzung der Behandlung mit MTX ungeeignet ist
- Erwachsene mit mittelschwerer bis schwerer Psoriasis vulgaris, die Kandidaten für eine systemische Therapie sind
Darreichungsform
Certolizumab liegt als Injektionslösung in einer Fertigspritze à 200 mg vor. Es handelt sich um eine klare bis opaleszente, farblose bis gelbe Lösung. Certolizumab sollte vor Licht geschützt und im Kühlschrank gelagert werden. Eine Lagerung bei Raumtemperatur (bis 25 °C) darf nur einmalig für maximal 10 Tage erfolgen. Zur Verbesserung der Rückverfolgbarkeit muss die Chargenbezeichnung des verabreichten Produkts eindeutig dokumentiert werden.
Dosierung
Die Initialdosis von Certolizumab bei erwachsenen Patienten beträgt 400 mg s.c. und wird dreimal im Abstand von je 2 Wochen verabreicht. Die Erhaltungsdosis beträgt i.d.R. 200 mg alle 2 Wochen oder 400 mg alle 4 Wochen.
Spezifische Anpassungen:
- Axiale Spondyloarthritis: Nach mindestens einem Jahr Therapie mit anhaltender Remission kann die Erhaltungsdosis auf 200 mg alle 4 Wochen reduziert werden.
- Plaque-Psoriasis: Bei unzureichendem Ansprechen kann eine Dosiserhöhung auf 400 mg alle 2 Wochen erwogen werden.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
Häufige Nebenwirkungen von Certolizumab sind:
- bakterielle Infektionen (incl. Abszess), Virusinfektionen (incl. Herpes zoster, Papillomavirus, Influenza)
- eosinophile Erkrankungen, Leukopenie (incl. Neutropenie, Lymphopenie)
- Kopfschmerzen (incl. Migräne), Parästhesien
- arterielle Hypertonie
- Übelkeit
- Hepatitis (incl. erhöhte Leberenzyme)
- Ausschlag
- Fieber, Schmerz, Asthenie, Pruritus, Lokalreaktionen an der Injektionsstelle
Gelegentlich oder selten finden sich u.a. folgende Nebenwirkungen:
- Infektionen: Sepsis, Tuberkulose, Pilzinfektionen, Hepatitis-B-Reaktivierung
- Tumorerkrankungen: Lymphome, Leukämie, Melanome, solide Organtumore, Papillom, Leukoplakie, Merkelzellkarzinom, Kaposi-Sarkom
- Hämatologisch: Anämie, Lymphadenopathie, Thrombozytopenie, Thrombozytose, Panzytopenie, Erythrozytose, Splenomegalie
- Immunologisch: Vaskulitiden, Bildung von antinukleären Antikörpern (ANA) und gelegentlich Lupus erythematodes-artige Hautveränderungen ("Lupus-Like Syndrome"), Überempfindlichkeit incl. Angioödem und anaphylaktischem Schock, Sarkoidose, Pannikulitis (incl. Erythema nodosum), Verschlechterung einer Dermatomyositis
- Endokrinologisch: Schilddrüsenerkrankungen
- Elektrolytstörungen, Dyslipidämie, Inappetenz, Gewichtszunahme, Hämosiderose
- Psychiatrisch: Angst, Stimmungsschwankungen, Suizidversuch, Delirium, geistige Beeinträchtigung
- Neurologisch: periphere Neuropathien, Schwindel, Tremor, Krampfanfall, Neuritis, Koordinations- oder Gleichgewichtsstörungen, multiple Sklerose, Guillain-Barré-Syndrom
- Ophthalmologisch: Sehstörungen, Blepharitis, Störung der Tränensekretion
- Tinnitus, Vertigo
- Kardiologisch: Kardiomyopathie (incl. Herzinsuffizienz), ischämische koronare Herzkrankheiten, Arrhythmien (incl. Vorhofflimmern und AV-Block), Palpitationen, Perikarditis
- Gefäßerkrankungen: Hämorrhagie oder Blutung, Hyperkoagulabilität (incl. Thrombophlebitis, Lungenembolie), Synkope, Ödeme, zerebrovaskulärer Insult, Arteriosklerose, Raynaud-Syndrom, Livedo reticularis, Teleangiektasien
- Pulmonal: Asthma, Pleuraerguss, Husten, interstitielle Lungenerkrankungen
- Gastrointestinal: Aszites, gastroduodenale Ulkuskrankheit, Stomatitis, Dyspepsie, Mundtrockenheit, Odynophagie, Hepatopathie (incl. Leberzirrhose), Cholestase, Hyperbilirubinämie, Cholelithiasis, Erhöhung der alkalischen Phosphatase
- Dermatologisch: Alopezie, Psoriasis, Dermatitis und Ekzeme, Ulzera, Photosensitivität, Akne, Stevens-Johnson-Syndrom, Erythema multiforme, Wundheilungsstörung
- Erhöhung der Kreatinkinase
- Nephrologisch: Nierenfunktionsstörungen, Hämaturie, Nephritis
- Gynäkologisch: Menstruationsstörungen (incl. Metrorrhagie und Amenorrhö), sexuelle Funktionsstörung
- Schüttelfrost, grippeähnliche Erkrankung, Nachtschweiß
- falsch-erhöhte partielle Thromboplastinzeit (aPTT)
- Hyperurikämie
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile
- schwere Infektionen wie aktive Tuberkulose, Sepsis, opportunistische Infektionen (z.B. Histoplasmose, Nokardiose)
- Herzinsuffizienz (NYHA III-IV)
Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen
- Hepatitis B: Bei chronischen Hepatitis B-Trägern kann es unter Therapie mit Certolizumab zu einer Reaktivierung der Infektion kommen. Patienten sollten vor Beginn der Behandlung auf eine Hepatitis-B-Infektion getestet werden.
- Schwangerschaft: Aufgrund einer geringen Datenlage sollte Certolizumab während der Schwangerschaft nur angewendet werden, wenn dies klinisch notwendig ist.
- Stillzeit: Die Anwendung während der Stillzeit wird nur empfohlen, wenn der klinische Nutzen die möglichen Risiken überwiegt. Es gibt begrenzte Daten zur Ausscheidung von Certolizumab in die Muttermilch; eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung ist erforderlich.
- Lebendimpfung: Die Gabe von (attenuierten) Lebendimpfstoffen sollte nicht gleichzeitig mit Certolizumab erfolgen.
- Kinder und Jugendliche: Ein Risiko für die Entwicklung von Malignomen kann nicht ausgeschlossen werden.
Quellen
- EMA Fachinformation Cimzia, abgerufen am 06.06.2025