Synonyme: Arthritis psoriatica, Arthropathia psoriatica, Psoriasis arthropathica, Osteoarthropathia psoriatica
Englisch: psoriatic arthritis
Als Psoriasis-Arthritis oder Arthritis psoriatica, kurz PsA, bezeichnet man das Auftreten einer Rheumafaktor-negativen Arthritis der peripheren Gelenke und/oder einer Spondylitis bei Patienten mit einer Psoriasis der Haut oder Nägel.
Epidemiologische Daten zur Psoriasisarthritis sind nur bedingt vergleichbar, da bei den Erhebungen unterschiedliche Kriterien zugrunde gelegt werden (z.B. CASPAR, ESSG, Modified New York Criteria for AS). In der Gesamtbevölkerung wird die weltweite Inzidenz auf ungefähr 3,7 bs 7,2 pro 100.000 Personen pro Jahr geschätzt. In Europa vermutet man eine Prävalenz von 0,05 bis 0,2 %.[1][2][3][4][5] In Deutschland beträgt die Prävalenz etwa 0,29 auf 100.000 Einwohner.[6]
Während PsA in der Gesamtbevölkerung relativ selten vorkommt, sind bis zu einem Drittel aller Psoriasispatienten betroffen.[7]
Moll und Wright haben die Psoriasis-Arthritis in 5 Typen gegliedert:
Die oligoarthritische oder oligoartikuläre Form ist die häufigste Form der Arthritis psoriatica (ca. 60-70%). Sie betrifft vor allem die großen Gelenke, besonders das Kniegelenk, das Schultergelenk, das Ellenbogengelenk und das Sprunggelenk. HLA-B27 ist meist positiv. Wenn alle Gelenke eines Fingers betroffen sind, ergibt sich das Bild einer Daktylitis mit durchgehender Schwellung des gesamten Fingers ("Wurstfinger").
Diese Form ähnelt sehr der rheumatoiden Arthritis und ist bei 20% der Psoriasis-Arthritis-Patienten anzutreffen. Sie ist polyarthritisch und betrifft insbesondere die distalen kleinen Extremitätengelenke (Metacarpophalangealgelenke und/oder proximale und/oder distale Interphalangealgelenke bzw. Metatarsophalangealgelenke). Der Befall tritt im Strahl auf oder betrifft die gleichen Gelenke verschiedener Finger und Zehen.
Diese Form macht Symptome wie bei Spondylitis ankylosans und ist genauso wie dieser sehr häufig HLA-B27 positiv. Sie macht etwa 10 % der Psoriasis-Arthritiden aus. Es kommt zu einem axialen Befall der gesamten Wirbelsäule mit Bevorzugung der unteren Brustwirbelsäule, der Lenden- und Sakralwirbel sowie der Sakroiliakalgelenke.
Ähnelt sehr dem Bild der Bouchard- oder Heberden-Arthrose und macht circa 5% der Psoriasis-Arthritiden aus.
Sie macht ebenfalls circa 5% der Psoriasis-Arthritiden aus. Es zeigen sich schwere osteolytische Destruktionen einzelner Finger oder Zehen. Auch kann es zu so genannten Teleskopfingern kommen: Der Finger erscheint massiv verkürzt und kann durch Zug auf die ursprüngliche Größe zurückgeführt werden. Eine Progression ist innerhalb von Monaten oder auch Jahren möglich. Aktive Schübe und Remissionsphasen korrelieren häufig mit der Krankheitsaktivität der Hautsymptomatik.
Zu den Varianten zählt das SAPHO-Syndrom (Konstellation aus Synovitis – Akne – Psoriasis pustulosa – Hyperostosis – Osteitis): Hierbei handelt es sich um meine von Schmerzen begleitete Hyperostose an der Wirbelsäule und dem Sternoklavikulargelenk, begleitet von einer peripheren Arthritis, einer sterilen multifokalen Osteitis und einer Psoriasis pustulosa an Palmae und Plantae.
Bei HIV-Patienten kann eine Psoriasis sowohl kutan als auch artikulär fulminant verlaufen.
Die Diagnosekriterien der Psoriasisarthritis sind bisher (2019) nicht verbindlich festgelegt.[8] Die Diagnose wird dadurch erschwert, dass es verschiedene Verteilungsmuster gibt, die auch gemischt auftreten können (s.o.). Zudem wird die Erkrankung von den involvierten Fachrichtungen (Rheumatologie, Dermatologie) unterschiedlich interpretiert.
Seitens der Rheumatologie gelten bei der symmetrischen Polyarthritis die ACR-Diagnosekriterien (Kriterien des American College of Rheumatology) wie bei der rheumatoiden Arthritis und bei Spondylarthritis/Sakroiliitis die ESSG-Diagnosekriterien (European Spondylarthropathy Study Group).
Ausgehend von einer exakten Anamneseerhebung und körperlichen Untersuchung kann die Diagnose durch das Symptombild eingegrenzt werden. Die Arthritisschmerzen treten vorzugsweise in Ruhe und nachts auf, können in fortgeschrittenen Stadien allerdings auch durchgehend vorhanden sein. Es können alle 5 klinischen Zeichen der Entzündung auftreten. Typisch sind eine Morgensteifigkeit der Gelenke und beim axialen Befall ein ununterbrochener Schmerz von mehr als 3monatiger Dauer, der sich bei Bewegung bessert.
Desweiteren gelten Daktylitiden (schmerzhafte Schwellung eines gesamten Fingers oder Zehs) und Enthesitiden - insbesondere des Achillessehnenansatzes oder der Plantaraponeurose - als starker Hinweis auf eine Psoriasisarthritis.
Der entzündliche Befall der Hautfalten (Rima ani, Axilla, submammär, retroaurikulär) sowie eine Nagelpsoriasis gelten als unabhängige Prädiktoren für das Vorliegen einer Psoriasisarthritis.
Die Erhebung des GEPARD-Fragebogens (GErman Psoriasis ARthritis Diagnostic questionnaire) kann zusätzliche diagnostische Sicherheit bringen. Er kann allerdings nur dann eine hohe Sensitivität erreichen, wenn typische Gelenkbeschwerden bestehen.
Derzeit (2019) gibt es keine Laboruntersuchungen, die für die Sicherung oder als Aktivitätsmarker der Psoriasisarthritis genutzt werden können. HLA-B27 ist überzufällig häufig bei Patienten mit Psoriasisarthritis nachweisbar, aber weder beweisend noch schließt ein negativer Nachweis eine Psoriasisarthritis aus.
siehe Hauptartikel: Psoriasisarthritis (Radiologie)
Mittels hochauflösender Dopplersonografie der betroffenene Gelenke, auch Arthrosonografie genannt, lassen sich die Proliferation der Synovialis und eine Ergussbildung nachweisen. Ebenso sind Zysten, paraartikuläre Prozesse oder Tendovaginitiden mit Flüssigkeitsansammlungen detektierbar.
Im Röntgenbild lässt sich die im Spätstadium der Gelenkentzündung auftretende Gelenkzerstörung nachweisen - insbesondere das gleichzeitige Auftreten von Osteophyten und Osteolyse ist beweisend. Die Computertomographie sollte wegen der damit verbundenen Strahlenbelastung nicht mehr eingesetzt werden.
Die Magnetresonanztomographie liefert sehr gute Ergebnisse, insbesondere Gelenkergüsse, Marködeme und Enthesitiden lassen sich gut nachweisen. Auch der gelenknahe Weichteilbereich ist gut beurteilbar. In der Anforderung der Untersuchung muss die Fragestellung Psoriasisarthritis explizit genannt werden, damit die richtigen Darstellungsequenzen gewählt werden. Entzündungsprozesse am Achsenskelett können durch Signalanhebung visualisiert werden. Eine Sakroiliitis ist durch das MRT schon in der Frühphase diagnostizierbar, wenn noch keine Veränderungen im konventionellen Röntgen sichtbar sind.
In Einzelfällen können auch nuklearmedizinische Untersuchungen sinnvoll sein. Das Befallsmuster der Psoriasisarthritis kann durch eine Szintigrafie schon in der Frühphase dargestellt werden. Aufgrund des hohen Aufwands und der Strahlenbelastung wird dieser Weg heute (2019) jedoch selten gewählt.
Die Therapie der Psoriasisarthritis ist u.a. abhängig vom Befallsmuster und von der Schwere der Erkrankung. Ausührliche Behandlungsalgorithmen wurden von der European League Against Rheumatism (EULAR) und der Group for Research and Assessment of Psoriasis and Psoriatic Arthritis (GRAPPA) publiziert.
Physiotherapie kann bei der Psoriasisarthritis die Symptomatik lindern und die Beweglichkeit verbessern. Ebenso sind klassische Maßnahmen zur Symptomreduktion wie die lokale Kälteapplikation hilfreich.
NSAR wie ASS, Ibuprofen, Diclofenac, Etofenamat oder Indometacin sind bei allen Formen der Psoriasisarthritis wirksam und können in Kombination mit anderen Medikamenten in Standarddosierung eingesetzt werden.
Systemische Glukokortikoide (z.B. Prednison) sollten bei der Psoriasis-Arthritis aufgrund ihrer Nebenwirkungen nur kurzzeitig und in niedriger oder sehr niedriger Dosierung verordnet werden. Nach plötzlichem Absetzen kann es zu schweren Exazerbationen kommen. Bei bestimmten Erkrankungsformen (Daktylitis) sind lokale Glukokortikoid-Injektionen indiziert.
DMARDs, genauer gesagt csDMARDs, wie Methotrexat, Sulfasalazin, Leflunomid und Goldverbindungen sind insbesondere bei den nicht-axialen Formen der Psoriasisarthritis indiziert. Ihre Wirkung auf die häufig vorhandene Hautpsoriasis ist jedoch gering. 78% der mit parenteralem MTX (15 mg/Woche) gegenüber 70% der mir peroralem MTX behandelten Patienten erzielen eine 20%ige Besserung der Symptome (ACR20) nach 24 Wochen. Bei Dosierungen bis 30 mg/Woche wird bei der peroralen Therapie ein Sättigungseffekt der Wirkung verzeichnet. Bei geringen Vorteilen der parenteralen Therapie scheint die Umstellung von oraler Behandlung auf Subkutaninjektionen bei unzureichendem Ansprechen trotz Dosissteigerung gerechtfertigt.
Phosphodiesterase-Inhibitoren (Apremilast) sind allein oder in Kombination mit DMARDs zur Behandlung von erwachsenen PsA-Patienten indiziert, die auf eine vorangegangene DMARD‐Therapie unzureichend angesprochen haben oder diese nicht vertragen.
Biologika wie Etanercept, Adalimumab, Golimumab, Certolizumab, Ustekinumab, Infliximab oder Secukinumab wirken über die Hemmung von Zytokinen wie TNF-α, IL-12, IL-23 oder IL-17A. Zahlreiche weitere Substanzen befinden sich in klinscher Entwicklung. Sie werden in der Regel als Zweitlinientherapie eingesetzt, wenn andere Behandlungsformen (DMARDs) eine unzureichende Wirkung gezeigt haben. Neben der Verbesserung der Arthritis haben sie aufgrund ihres Wirkmechanismus auch einen erheblichen Effekt auf den Hautbefall. Die Wirkstoffe können ggf. die fortschreitende Gelenkdestruktion und damit den Verlust der Gelenkfunktion verhindern.
Als Erstlinientherapie kommen Biologika zum Einsatz[9]
Nachteil der Biologika sind ihre hohen Kosten und ihre immunsuppressive Wirkung, die zu einer erhöhten Infektanfälligkeit bzw. zur Reaktivierung latenter Infektionen (Tuberkulose, Hepatitis) führen kann. Daher ist bei ihrem Einsatz ein regelmäßiges serologisches Screening notwendig.
Tags: Arthritis, Daktylitis, Enthesitis, PsA, Psoriasis, Rheumatoide Arthritis
Fachgebiete: Dermatologie, Rheumatologie
Diese Seite wurde zuletzt am 12. Februar 2022 um 21:25 Uhr bearbeitet.
Um diesen Artikel zu kommentieren, melde Dich bitte an.