Follikuläre Bronchiolitis
Synonym: lymphozytäre Bronchiolitis
Englisch: follicular bronchiolitis, bronchiolar nodular lymphoid hyperplasia, hyperplasia of bronchus-associated lymphoid tissue
Definition
Die follikuläre Bronchiolitis ist eine polyklonale B-Zell-Hyperplasie im Bereich des bronchusassoziierten lymphatischen Gewebes (BALT).
Ätiologie
Eine follikuläre Bronchiolitis kann bei einer Vielzahl an Erkrankungen auftreten, z.B.
- Autoimmunerkrankungen bzw. Kollagenosen: rheumatoide Arthritis, Sjögren-Syndrom, systemischer Lupus erythematodes
- immunologische Störungen: Evans-Syndrom, AIHA, IgA-Mangel, Immunthrombozytopenie, perniziöse Anämie, Wiskott-Aldrich-Syndrom
- Immundefizienz: AIDS, CVID
- Hypersensitivitätsreaktionen
- Infektionen: Pneumocystis-Pneumonie, Legionellen-Pneumonie, aktive Hepatitis
- unspezifische Atemwegsinfektionen bzw. Bronchiektasie
- Nylon- und Polyethylen-Exposition.
- granulomatöse lymphoide interstitielle Lungenerkrankung (GLILD): zelluläre interstitielle Pneumonie bei kombinierter granulomatöser und lymproproliferativer Erkrankung.
Findet sich keine Ursache, spricht man von einer idiopathischen follikulären Bronchiolitis.
Die follikuläre Bronchiolitis kann auch eine assoziierte sekundäre histopathologische Komponente bei organisierender Pneumonie, NSIP und UIP darstellen.
Epidemiologie
Die idiopathische follikuläre Bronchiolitis tritt meist im mittleren bis höheren Alter auf. Eine follikuläre Bronchiolitis im Rahmen einer Autoimmunerkrankung betrifft in der Regel Personen im 5. Lebensjahrzehnt.
Klinik
Die Symptome sind abhängig von der Grunderkrankung. Bei Autoimmunerkrankungen findet sich oft eine progrediente Dyspnoe. Idiopathische Formen gehen mit Husten und peripherer Eosinophilie einher.
Diagnostik
Radiologie
Der Röntgen-Thorax ist meist unauffällig. Unspezifische Befunde sind:
- Lungenüberblähung
- Bronchialwandverdickungen
- unscharf begrenzte, kleine Lungenrundherde
In der Computertomographie (CT) zeigen sich v.a. im Unterlappen Mikronoduli (< 3 mm) und seltener Noduli (3 bis 10 mm). Sie sind weichteildicht oder milchglasartig. Die typische Verteilung ist zentrilobulär (bilateral und diffus). Seltener liegt eine peribronchovaskuläre und subpleurale Verteilung vor. Weitere Befunde sind:
- nicht-segmentale Milchglastrübungen
- Tree-in-Bud-Muster
- seltener bronchiale Dilatation, Bronchialwandverdickungen, Mosaikmuster und exspiratorisches Air trapping, Lungenzysten durch Überblähung, mediastinale oder hiläre Lymphadenopathie.
Je nach zugrundeliegende Erkrankung können jedoch andere Befunde deutlich ausgeprägter vorliegen.
Lungenfunktionstest
Im Lungenfunktionstest können variable restriktive und/oder obstruktive Ventilationsstörungen auffallen.
Pathologie
Bei der follikulären Bronchiolitis kommt es zu einer polyklonalen Proliferation von B-Zellen des BALT. Die hyperplastischen Lymphfollikel weisen reaktive peribronchioläre Keimzentren auf. Die Follikel können auch in den Interlobulärsepten und in der Pleura visceralis vorkommen. Immunhistochemisch sind sie positiv für B-Zell-Marker (CD20, CD79A). Falls eine interstitielle Komponente vorliegt, ist sie positiv für T-Zell-Marker (CD3, CD5). Bcl-2 ist negativ in den Keimzentren aber positiv in den interstitiellen T-Zellen.
Durch Obstruktion der Atemwege kann es zu einer Pneumonie, einer organisierenden Pneumonie und neutrophilen Exsudaten im Lumen der Bronchiolen kommen.
Die follikuläre Brochiolitis ähnelt der lymphozytären interstitiellen Pneumonie (LIP). Hier ist die lymphozytäre Infiltration entlang der Alveolarsepten und des Interstitiums jedoch deutlich ausgeprägter.
Differenzialdiagnosen
Insbesondere bei zentrilobulären Mikronoduli bei Patienten mit Kollagenosen ohne Infektzeichen sollte an eine follikuläre Bronchiolitis gedacht werden. Differenzialdiagnosen sind:
- LIP: zentrilobuläre Noduli und Milchglastrübungen mit eher diffuser Beteiligung des Interstitiums. Lungenzysten sind häufiger und die zentrilobulären Noduli sind eher diffus verteilt. Beide Erkrankungen können auch gleichzeitig vorkommen. Die Differenzierung ist nur histologisch möglich.
- respiratorische Bronchiolitis und RB-ILD: zentrilobuläre Noduli unnd Milchglastrübungen, insbesondere im Oberlappen. Retikuläre Verdichtungen und periphere Bronchialwandverdickungen bei RB-ILD. Nikotinabusus.
- Aspirationsbronchiolitis: zentrilobuläre Mikronoduli mit Tree-in-Bud-Muster, Bronchiektasen, entsprechende Risikofaktoren (z.B. Achalasie, neurologische Störungen)
- Hypersensitivitätspneumonitis: Milchglastrübungen, unscharf begrenzte, zentrilobuläre Milchglasherde, Mosaikmuster und Air Trapping mit Head-Cheese-Zeichen, Bronchial- und bronchioläre Wandverdickungen, Zysten. Bei Cluster 2 retikuläre Verdichtungen insbesondere im Oberlappen.
- pulmonale Langerhanszellhistiozytose: irreguläre, sternförmige Noduli, betont im Oberlappen. Die Noduli neigen zur Kavitätenbildung. Bizarr geformte Zysten mit nodulärer Wand. Nikotinabusus.
- virale Bronchiolitis: zentrilobuläre Mikronoduli, Konsolidierungen und Zeichen eines akuten Atemwegsinfekts
- diffuse Panbronchiolitis: Tree-in-Bud-Muster, Bronchiektasen und Bronchiolektasen insbesondere in den basalen und peripheren Lungenarealen, schwere Pansinusitis, asiatische Herkunft (v.a. Korea und Japan)
- konstriktive Bronchiolitis: Bronchiektasen, Mosaikmuster, Air Trapping und nur gelegetlich zentrilobuläre Mikronoduli
Therapie
Bei idiopathischer follikulärer Bronchiolitis kommen Glukokortikoide, Bronchodilatatoren und Makrolid-Antibiotika zum Einsatz. In anderen Fällen steht die Behandlung der Grunderkrankung im Vordergrund.
Literatur
- Aerni MR et al. Follicular bronchiolitis in surgical lung biopsies: clinical implications in 12 patients. Respir Med. 2008
- Carrillo J et al. Lymphoproliferative lung disorders: a radiologic-pathologic overview. Part I: Reactive disorders. Semin Ultrasound CT MR. 2013
- Tashtoush B et al. Follicular Bronchiolitis: A Literature Review. J Clin Diagn Res. 2015