Osteoporose
Synonyme: Osteoporosis, Knochenschwund
Englisch: osteoporosis
Definition
Als Osteoporose bezeichnet man eine Erkrankung des Skelettsystems, bei der die Remodellierung der Knochensubstanz gestört ist, sodass es zu einer pathologischen Mikroarchitektur der Knochen kommt. Die verminderte Knochendichte bei Osteoporose führt schließlich zu einer gesteigerten Frakturgefährdung.
Nomenklatur
Die sogenannte operationale Definition der WHO besagt, dass eine Osteoporose bei einem T-Score von ≤ - 2,5 Standardabweichungen im passenden klinischen Kontext vorliegt (siehe Abschnitt Diagnostik). Die Bezeichnung "Osteopenie" wird nicht einheitlich verwendet. Häufig wird sie als Vorstufe der Osteoporose gesehen (T-Score ≤ - 1 aber > -2,5). Teilweise wird sie auch als Überbegriff für eine Verringerung der Knochendichte verwendet. Hiervon abzugrenzen ist die Osteomalazie, die isolierte Reduktion der Knochenmineralisation ohne allgemeine Verminderung des Knochenvolumens. Sie entsteht meist durch einen Vitamin-D- oder Kalziummangel.
Epidemiologie
Die Angaben zur Prävalenz und Inzidenz variieren in der Literatur deutlich, je nachdem wie eine Osteoporose definiert wurde bzw. wie die Daten erhoben wurden. Die Prävalenz in Deutschland wird auf 6 % geschätzt. Frauen sind deutlich häufiger betroffen.
Die Prävalenz steigt mit dem Alter stark an. So liegt sie bei Personen < 45. Lebensjahr bei < 1 %. Bei über 50-jährigen Frauen steigt die Prävalenz auf ca. 23 %, bei Männern auf 7 %. Bei über 70-Jährigen liegt die Prävalenz bei 45 % (w) bzw. 17 % (m).
Osteoporose-typische Frakturen ("major osteoporotic fractures"), d.h. von Oberarm, Unterarm, Wirbelkörper und Hüfte, nehmen bei Frauen nach dem 50. und bei Männern nach dem 60. Lebensjahr deutlich zu. Das Lebenszeitrisiko für Frakturen beträgt bei Frauen nach dem 50. Lebensjahr 33 %, bei Männern bei 20 %.
Ätiologie
Im Laufe des Lebens ist die Knochendichte ständigen Veränderungen ausgesetzt. Während die Knochenmasse zunächst beim wachsenden Menschen in Kindheit, Jugend und frühem Erwachsenenalter zunimmt, wird um das dreißigste Lebensjahr herum ein Maximum erreicht. Dies bezeichnet man als "peak bone mass". Diese Spitzenwerte liegen bei Männern durchschnittlich höher als bei Frauen. Bei beiden Geschlechtern kommt es im Laufe der weiteren Lebensjahre zu einem kontinuierlichen Rückgang der Knochenmasse.
Dem Verlust an Knochenmasse liegt ein Missverhältnis zwischen Knochenaufbau (Osteogenese) durch Osteoblasten und Knochenabbau (Osteolyse) durch Osteoklasten zugrunde. Es wird mehr Knochenmasse durch die Osteoklasten abgebaut, als durch die Osteoblasten neu gebildet werden kann. Die relative Aktivität von Osteoklasten und Osteoblasten wird bestimmt durch parakrine Faktoren (v.a. Osteoprotegerin-RANK-Liganden-Quotient), die ihrerseits durch zahlreiche endokrine Faktoren, u.a. Glukokortikoide, Östrogene und Jodothyronine gesteuert werden.
Häufig wird zwischen einer primären und sekundären Form unterschieden. Risikofaktoren stellen meist Aspekte dar, welche die Frakturwahrscheinlichkeit bei einer bereits vorhandenen Osteoporose weiter erhöht. Die Unterscheidung zwischen Risikofaktoren für osteoporotische Frakturen und den Ursachen einer sekundären Osteoporose ist in der Literatur nicht einheitlich.
Primäre Osteoporose
Die primäre Osteoporose macht ca. 60 % der Fälle aus. Sie ist definiert als Verlust der Knochendichte, wobei die Geschwindigkeit des Verlusts von verschiedenen Risikofaktoren abhängig ist. Pathogenetisch spielen verschiedene Faktoren eine Rolle:
- abnehmende Akvitität der Osteoblasten und zunehmende Zahl und Aktivität der Osteoklasten mit zunehmendem Alter, vermutlich über erhöhte systemische Entzündungsfaktoren (z.B. IL-1, TNF)
- Calcium- und Vitamin-D-Mangel im Alter
- erhöhte Akkumulation freier Radikale (oxidativer Stress)
- veränderte Sexualhormone: Abnahme von Östrogen und Zunahme von FSH
- Genetische Faktoren
Man unterscheidet weiterhin zwischen:
- Typ I: postmenopausale Osteoporose
- Typ II: senile Osteoporose
- idiopathische juvenile Osteoporose: sehr seltene Form bei jungen Menschen zwischen 8 und 13 Jahren. Spontanes Sistieren nach der Pubertät.
Sekundäre Osteoporose
Die sekundäre Osteoporose ist direkte Folge einer anderen Erkrankung oder Behandlung. Sie macht ca. 40 % der Fälle aus. Ursächlich sind:
- Endokrine Störungen: Diabetes mellitus, Hypogonadismus, Hyperthyreose, Cushing-Syndrom, Hyperparathyreoidismus
- Chronische Entzündungen: Rheumatoide Arthritis, COPD, Spondylitis ankylosans, systemischer Lupus erythematodes (SLE)
- Chronische Nierenerkrankung (CKD)
- Neuromuskuläre Erkrankungen: infantile Zerebralparese, Spina bifida, progressive Muskeldystrophien, multiple Sklerose, Morbus Parkinson, Schlaganfall
- Gastrointestinale Erkrankungen: Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa), Malabsorptionsyndrome (u.a. Zöliakie), chronische Lebererkrankungen
- Fehlernährung: Anorexia nervosa, bariatrische Operationen
- Stoffwechselerkrankungen: Homocystinurie, Hypophosphatasie
- Tumorerkrankungen: Plasmozytome, Knochenmarkskarzinose, chronisch lymphatische Leukämie (CLL), andere lymphoproliferative und myeloproliferative Erkrankungen oder Vorstadien (z.B. monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz)
- Hereditäre Bindegewebserkrankungen: Marfan-Syndrom, Ehlers-Danlos-Syndrom, Osteogenesis imperfecta, Geroderma osteodysplastica,
- Medikamente: z.B. Glukokortikoide, SSRI, Antiepileptika, Protonenpumpenhemmer[1], Aromatasehemmer (z.B. Anastrozol, Letrozol, Exemestan), Colestyramin, Heparin, Resorptionshemmende Medikamente (Laxantien, Austauscherharze)
- andere Erkrankungen: Z.n. Transplantation, HIV, CRPS, zystische Fibrose, Snyder-Robinson-Syndrom, Klinefelter-Syndrom
Risikofaktoren für osteoporotische Frakturen
Es existieren eine Vielzahl an Risikofaktoren, die zu einem signifikant eröhten relativen Frakturrisiko für osteoporose-typischen Frakturen (Major Osteoporotic Fractures) führen, z.B.:
- Höheres Alter: Verschlechterung biomechanischer Faktoren der Knochenarchitektur und der Knochenqualität mit dem Alter. Alter als Risikofaktor ist unabhängig von der Knochendichte und von klinischen Risikofaktoren (z.B. Immobilisation oder multiple Stürze).
- Weibliches Geschlecht: Frauen haben ein höheres Risiko, Frakturen (distaler Radius, Hüfte oder vertebral) zu erleiden, als Männer.
- Vorherige Fraktur: Beispielsweise ist eine proximale Femurfraktur ein Risikofaktor für zukünftige Wirbelkörper- oder Schenkelhalsfrakturen. Das Risiko ist insbesondere im ersten Jahr deutlich erhöht.
- Proximale Femurfraktur der Eltern
- Stürze: erhöhen unabhängig vom Alter und der zugrundeliegenden Knochendichte das Frakturrisiko. Erhöhtes Risiko von Hüftfrakturen ab dem zweiten Sturz innerhalb von 12 Monaten.
- Immobilität bzw. Notwendigkeit einer Gehhilfe
- Frailty-Syndrom
- niedriger BMI
- Alkoholkonsum (ab 50 g/d oder alkoholische Lebererkrankung)
- Rauchen (> 10 Zigaretten/Tag)
- Chronische Hyponatriämie
- Herzinsuffizienz
- Neurologische und psychiatrische Erkrankungen: Epilepsie, Morbus Alzheimer und Demenzen, Depression, Schizophrenie
Weiterhin lassen alle oben angeführten Ursachen für eine sekundäre Osteoporose ebenfalls als Risikofaktoren für osteoporotische Frakturen verstehen.
Symptome
Die Osteoporose verläuft zunächst völlig symptomlos und macht sich erst in fortgeschrittenen Krankheitsstadien durch osteoporotische Frakturen bemerkbar. Zu den typischen Insuffizienzfrakturen zählen:
- Schenkelhalsfraktur
- subkapitale Humerusfraktur
- distale Radiusfraktur
- Wirbelkörpersinterungen
Folge von Wirbelkörpersinterungen können eine Kyphosierung ("Rundrücken") und Verminderung der Körperhöhe sein. Die charakteristischen Hautfalten des Rückens durch die abnehmende Körpergröße werden auch als Tannenbaumphänomen bezeichnet. Durch die veränderte Statik kommt es zu diffusen Schmerzen und Muskelverhärtungen. Weiterhin ist die Frakturheilung bei Osteoporose verzögert.
Diagnose
Aufgrund des langjährig asymptomatischen Verlaufs ist ein frühzeitiges Screening sinnvoll. Eine Basisdiagnostik sollte insbesondere bei folgenden Personengruppen erfolgen:
- Hinweise auf sekundäre Osteoporose
- Insuffizienzfraktur
- Personen > 70 Jahre
- Personen > 50 Jahre und postmenopausale Frauen < 50 Jahre bei relevanter Frakturrisikokonstellation (s.u.)
- Personen < 50 Jahre bei bestimmten Risikofaktoren (z.B. axiale Spondylarthritis, Morbus Crohn, Colitis ulcerosa, SLE, Aromatasehemmer, HIV).
Da ein flächendeckendes Screening aktuell (2025) kaum umsetzbar ist, sollte der Fokus auf Personen mit erhöhtem Frakturrisiko gelegt werden ("Case Finding").
Basisdiagnostik
Die Basisdiagnostik umfasst:
- Anamnese mit Fokus auf Risikofaktoren und Ursachen einer sekundären Osteoporose sowie Frakturen nach Bagatelltraumen in der Vorgeschichte
- körperliche Untersuchung: mit Fokus auf osteoporose-typischen Frakturen
- akut: Rückenschmerzen, Klopfschmerzen über der Wirbelsäule
- chronisch: Verringerung der Körpergröße, Tannenbaumphänomen, Rippen-Becken-Abstand < 2 cm
- Ermittlung des Sturzrisikos: z.B. Tinetti-Test, Timed "Up and Go"-Test
- Basislabor
- Osteodensitometrie mittels DXA
Basislabor
Das Basislabor umfasst:
- Blutbild: z.B. Hinweise auf entzündliche oder maligne Erkrankungen als Ursache einer sekundären Osteoporose.
- Serum-Eiweißelektrophorese: Ausschluss eines MGUS oder eines Multiplen Myeloms.
- BSG und CRP: Hinweise auf entzündliche bzw. rheumatische Erkrankungen
- Serumkalzium: erhöht z.B. bei primärem Hyperparathyreoidismus. Eine Hypokalziämie hingegen tritt bei einem sekundären Hyperparathyreoidismus oder einer Malabsorption auf und gilt als Kontraindikation für mehrere Osteoporosemedikamente.
- Serumphosphat: Erhöhte Spiegel treten bei einer Niereninsuffizienz sowie bei einem renalen Hyperparathyreoidismus auf. Ein niedriger Serumphosphatspiegel kann im Rahmen einer Malabsorption auftreten.
- Serumnatrium: Ein niedriger Serumnatrium-Spiegel erhöht das Risiko für Frakturen.
- Alkalische Phosphatase: Marker für Knochenumbaurate. Bei primärer Osteoporose meist normal. Erhöht z.B. bei Osteomalazie, erniedrigt z.B. bei einer Hypophosphatämie erniedrigt sein.
- Gamma-GT: Erhöhung zeigt eine hepatische Ursache einer AP-Erhöhung an. Weiterhin erhöht bei Zöliakie oder Alkoholabusus.
- GFR: Ausschluss einer renalen Osteopathie. Erniedrigte GFR außerdem Kontraindikation für einige Osteoporosemedikamente.
- TSH: Hinweis auf Hypothyreose
- PTH
- ggf. 25-Hydroxy-Vitamin-D3: In einigen Fällen bietet sich eine Bestimmung des Vitamin-D3-Spiegels an, um einen Vitamin-D-Mangel auszuschließen.
- ggf. Testosteron bei Männern
- Urin: ggf. Cadmium bei V.a. erhöhte Exposition
Bei Hinweisen, die auf eine sekundäre Osteoporose deuten, sollten im Anschluss weitere labormedizinische Tests durchgeführt werden, um die genaue Ursache festzustellen.
Osteodensitometrie
Die Osteodensitometrie sollte mittels einer Dual-Röntgen-Absorptiometrie (DXA) erfolgen. Dabei wird gemessen, wie stark die ionisierende Strahlung beim Durchdringen des Gewebes abgeschwächt wird. Es wird dabei die Knochenflächendichte in g/cm2 gemessen. Dabei werden zwei Messorte (LWK 1 bis 4 und Femur beidseits) beurteilt. Hieraus wird der T-Score berechnet, die Abweichung (in Standardabweichungen) der gemessenen Knochenflächendichte vom Referenzwert einer gesunden Kohorte um das 30. Lebensjahr. Weitere optionale Messwerte sind:
- Trabecular Bone Score (TBS): Index aus DXA-Messwerten der LWS. Er gibt Hinweise auf die Mikroarchitektur des Knochens.
- Z-Score: Abweichung der Knochenflächendichte von der einer altersgleichen Referenzgruppe.
Für die Bewertung der Frakturvorhersage ist der niedrigste gemessene Wert maßgeblich.
Grad | Klassifikation | T-Score [SD] |
---|---|---|
Normal | ≥ - 1 | |
0 | Osteopenie | - 1,0 bis - 2,5 |
1 | Osteoporose | ≤ - 2,5 |
2 | Manifeste Osteoporose | ≤ - 2,5 und 1-3 Wirbelkörperfrakturen (ohne adäquates Trauma) |
3 | Fortgeschrittene Osteoporose | ≤ - 2,5 und multiple Wirbelkörperfrakturen sowie extraspinale Frakturen |
Je nach T-Score und Abstand zur Therapieschwelle, erfolgt eine Verlaufskontrolle:
- T-Score 0,5 über Therapieschwelle: nach 12 Monaten
- T-Score 1 über Therapieschwelle: nach 2 Jahren
- T-Score > 1 nach Therapieschwelle: > 5 Jahre
Grundsätzlich kann die Knochendichte auch mittels quantitativen Ultraschall- oder Computertomographiemessungen (qCT) bestimmt werden.
Weiterführende Bildgebung
Bei V.a. Frakturen oder zum Ausschluss von Differenzialdiagnosen können zusätzlich konventionelle Röntgenaufnahmen in 2 Ebenen angefertigt werden. Typische Befunde bei Osteoporose sind:
- Aufhellung der Knochenstruktur durch vermehrte Strahlentransparenz (ab Mineralsalzverlust von ca. 30 % erkennbar)
- Verschmälerung und zahlenmäßige Reduktion der Spongiosabälkchen außerhalb der Zug- und Drucklinien (Spongiolyse)
- Wirbelkörper: Rarefizierung der horizontalen Trabekel, zunächst Betonung der Kortikalis (Rahmenwirbel), zunehmende Bikonkavität der Grund- und Deckplatten, Frakturen (Fischwirbel, Keilwirbel, Plattwirbel)
- Röhrenknochen: endostale Resorption (Verbreiterung des Markraums, Ausdünnung der Kortikalis), weniger und dünnere Trabekel
CT, MRT und Knochenszintigraphie kommen in bestimmten Fällen zur differentialdiagnostischen Abklärung zum Einsatz.
Risikomodelle
Es existieren verschiedene Modelle zur Abschätzung des individuellen Frakturrisikos:
- DVO-Frakturrisiko-Score[2]: Berechnung des 3-Jahres-Frakturrisikos basierend auf deutschen Referenzdaten und 33 validierten Risikofaktoren.
- FRAX-Score[3]: Abschätzung des absoluten 10-Jahres-Risikos für osteoporose-typische Frakturen basierend auf epidemiologischen Datensätzen und 9 validierten Risikofaktoren.
Differentialdiagnosen
Differentialdiagnostisch müssen andere Erkrankungen, die mit reduzierter Knochendichte einhergehen, ausgeschlossen werden. Dazu zählen:
- Osteomalazie: selten Frakturen
- Hyperparathyreoidismus und renale Osteopathie: gastrointestinale Beschwerden, Muskelschwäche, Nephrolithiasis, Depressionen
- maligne Knochentumore oder Knochenmetastasen
- Multiples Myelom
- Hämangiom
- Spondylodiszitis
Therapie
Basistherapie
Die Basistherapie der Osteoporose hat das Ziel, die Knochenstabilität zu erhöhen und das Frakturrisiko zu reduzieren. Dazu zählen:
- Maßnahmen zur Steigerung der körperlichen Aktivität: Mobilisation, Physiotherapie, Gleichgewichts- und Koordinationstraining, Vermeiden einer Immobilisation)
- Verzicht auf Alkohol und Nikotin
- ausreichende Zufuhr von Calcium und Vitamin D3:
- Bei Patienten mit Risikofaktoren für Osteoporose oder Osteoporose ohne medikamentöse Therapie erfolgt die Gabe von Vitamin D3 (1.000 IE/d p.o.). Eine Substitution von Kalzium (z.B. 1.000 mg/d p.o.) erfolgt nur, wenn die nutritive Zufuhr von 1.000 - 1.500 mg/d nicht erreicht wird.
- Bei Patienten mit medikamentöser Osteoporosetherapie immer Supplementation von Calcium und Vitamin D3
- Eiweißreiche Ernährung (> 1,0 g/kgKG/d) bei erhöhtem Frakturrisiko und > 65. Lebensjahr
- ausreichende Zufuhr von Vitamin K (1,0 µg/kgKG/d): Supplementation nur bei Mangel
- Körpergewicht im Normalbereich (BMI ≥ 20 kg/m2).
Weitere Maßnahmen sind:
- Prüfung der Medikamente
- Einsatz von Hilfsmitteln (z.B. Rollator, Hüftprotektor)
- Überprüfung der Sehkraft und der Umgebung
Daneben profitieren die Patienten von einer adäquaten Schmerzbehandlung. In seltenen Fällen muss eine operative Stabilisierung des Skelettsystems durchgeführt werden.
Medikamentöse Therapie
Indikationen
Schwellenwerte für eine medikamentöse Therapie bezogen auf das 3-Jahres-Risiko für Schenkelhals- und Wirbelkörperfrakturen gemäß DVO-Rechner sind:
- 3 - 5 %: ggf. Einleitung bei starken oder irreversiblen Risikofaktoren oder sehr hohem Risiko für unmittelbar bevorstehende Fraktur
- > 5 %: medikamentöser Therapiebeginn (Therapieschwelle)
- > 10 %: Therapie mit osteoanabolen Substanzen (s.u.)
Weitere Indikationen sind:
- Insuffizienzfraktur (niedrig-/atraumatische Wirbelkörperfraktur und/oder proximale Femurfraktur)
- Postmenopausale Frauen sowie Männer unter Glukokortikoidtherapie ab 7,5 mg Prednisolon-Äquivalent
- wenn (geplante) Therapiedauer mindestens 3 Monate und T-Score ≤ - 1,5
- wenn bereits niedrigtraumatische Wirbelkörperfraktur vorliegt
- vorhandenes immenentes Frakturrisiko:
- Hüftfraktur und/oder Wirbelkörperfraktur im letzten Jahr
- Glukokortikoidtherapie ab 5 mg/d im letzten Jahr
- mindestens 2 Sturzereignisse im letzten Jahr
- altersabhängiges Erreichen des 3%-Schwellenwerts nach DVO-Rechner: 80 Jahre (w) bzw. 90 Jahre (m)
- altersabhängiges Erreichen des 5%-Schwellenwerts nach DVO-Rechner in Abhängigkeit vom T-Score[4]
Wirkstoffe
Bei der Osteoporose kommen verschiedene Wirkstoffe zum Einsatz. Nach Wirkmechanismus unterscheidet man:
- Antiresorptive Wirkstoffe: Minderung des Knochenabbaus, meist durch Hemmung der Osteoklasten
- Osteoanabole Wirkstoffe: Aufbau von Knochengewebe, meist durch Aktivierung von Osteoblasten
- Biologikum: Romosozumab (humanisierter monoklonaler IgG2-Antikörper insbesondere gegen Sclerotin; wirkt auch antiresorptiv)
- PTH-Analoga: Teriparatid, Abaloparatid
Alle genannten Medikamente sind zur Therapie bei postmenopausalen Frauen zugelassen. Bei Männern sind Alendronat, Risedronat, Zoledronat, Denosumab und Teriparatid zugelassen. Unter Langzeittherapie mit systemischen Glukokortikoiden sollte bevorzugt Teriparatid eingesetzt werden.
Östrogene kommen nur bei postmenopausalen Frauen mit hohem Frakturrisiko und Unverträglichkeit bzw. Kontraindikation gegenüber anderen Medikamenten zum Einsatz.
Durchführung
Vor Beginn einer medikamentösen Therapie sollten folgende Maßnahmen erfolgen:
- Kontrolle der GFR und des Serumcalciums: GFR < 35 ml/min und Hypokalzämie sind Kontraindikationen für antiresorptive Medikamente
- ggf. zahnärztliche Vorstellung: Risiko von Kieferosteonekrosen unter Bisphosphonaten, Denosumab und Romosozumab
- Substitution von Calcium und Vitamin D sicherstellen
Die medikamentöse Therapie sollte in der Regel sofort nach Indikationsstellung erfolgen. Eine Ausnahme stellt eine operativ versorgte proximale Femurfraktur dar, bei der Zoledronat erst 2 Wochen postoperativ eingeleitet werden sollte. Die Therapiedauer beträgt ca. 3 bis 5 Jahre, je nach Frakturrisiko:
- Aldendronat, Denosumab: ggf. Verlängerung auf 10 Jahre
- Zoledronat: ggf. Verlängerung auf 6 Jahre
- Romosozumab: 12 Monate
- Teriparatid: 24 Monate (gesamte Lebenszeit)
Klinische Verlaufskontrollen sollten zunächst alle 3 bis 6 Monate erfolgen. Dabei können auch Knochenumbaumarker wie AP, Prokollagen-Typ-1-N-terminales Propeptid (P1NP) oder C-terminales quervernetztes Telopeptid (beta-CTX) bestimmt werden. Eine DXA-Verlaufskontrolle kann innerhalb von 5 Jahren nach Beginn oder Wechsel einer Therapie erfolgen. An ein Therapieversagen ist bei Auftreten von mindestens 2 osteoporotischen Frakturen innerhalb von 3 Jahren oder bei Abfall der Knochendichte um mindestens 5 % zu denken. Fällt das 3-Jahres-Frakturrisiko unterhalb der Therapieschwelle, wird eine Therapiepause empfohlen.
Prophylaxe
Die Osteoporoseprophylaxe umfasst Maßnahmen für eine Verbesserung der Knochenstabilität und eine Reduktion des Frakturrisikos. Sie entspricht im Endeffekt der Basistherapie der Osteoporose.
Leitlinien
- AWML S3-Leitlinie Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und bei Männern ab dem 50. Lebensjahr, Stand 2023
- Thomasius F et al. Diagnostik und Therapie der Osteoporose, Dtsch Arztebl Int 2025
Quiz
Quellen
- ↑ Desai BV, Qadri MN, Vyas BA. Proton pump inhibitors and osteoporosis risk: exploring the role of TRPM7 channel. Eur J Clin Pharmacol. 2022
- ↑ DVO Risikoscore App
- ↑ FRAX-Score
- ↑ Tabelle S3-Leitlinie
Bildquelle
- Bildquelle für Flexikon-Quiz: © Brett Sayles / Pexels
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 16.04.2021
- MSD Manual - Osteoporose (Version Fachpersonal), abgerufen am 15.05.2022
- MSD Manual - Osteoporose (Version Patienten), abgerufen am 15.05.2022