Hyperparathyreoidismus
Abkürzung: HPT
Synonym: Hyperparathyreose
Englisch: hyperparathyreoidism
Definition
Der Hyperparathyreoidismus ist durch eine vermehrte Sekretion von Parathormon gekennzeichnet. Parathormon ist ein Hormon des Calciumstoffwechsels. Es wird in den Nebenschilddrüsen produziert. Eine verminderte Parathormon-Sekretion wird als Hypoparathyreoidismus bezeichnet.
Formen und Pathophysiologie
Es können fünf Formen des Hyperparathyreoidismus unterschieden werden. Beim sekundären Hyperparathyreoidismus ist der Regelkreis an der Niere oder im Gastrointestinaltrakt aufgetrennt, beim quartären Hyperparathyreoidismus stets an der Niere, bei der primären, tertiären oder quintären Form an der Stelle der Epithelkörperchen. Ferner existiert eine durch Parathormon-ähnliche Peptide ausgelöste unechte Form des Hyperparathyreoidismus. Entscheidend für die Entstehung quartärer und quintärer Formen ist die Tatsache, dass die Nebenschilddrüse beim Menschen in vierfacher Form vorkommt.
Primärer Hyperparathyreoidismus
Ein primärer Hyperparathyreoidismus entsteht durch eine Funktionsstörung der Nebenschilddrüse. Dabei ist der Regelkreis an den Nebenschilddrüsen aufgetrennt, so dass unabhängig von der Calciumkonzentration im Blut Parathormon in inadäquat hohen Mengen produziert wird. Meist liegt hierfür ein Nebenschilddrüsenadenom zugrunde, seltener eine Hyperplasie der Nebenschilddrüse. Ein hormonaktives Nebenschilddrüsenkarzinom kommt nur sporadisch vor.
Sekundärer Hyperparathyreoidismus
Ein sekundärer Hyperparathyreoidismus wird durch eine Hypokalzämie ausgelöst. Sie tritt beispielsweise im Rahmen einer chronischen Nierenerkrankung oder bei einer Malabsorption auf. Es kommt zu einer kompensatorisch erhöhten Produktion von Parathormon infolge eines erniedrigten Serum-Calciumspiegels.
Die Produktion des biologisch-aktiven Vitamin D3 (Calcitriol) ist in diesem Falle gestört, sei es durch die Nierenerkrankung oder durch die Malabsorption. Der erniedrigte Calcitriol-Spiegel führt zur Verminderung der enteralen Ca-Resorption, was die PTH-Sekretion ankurbelt und eine Hyperplasie aller Nebenschilddrüsen zur Folge hat. Darüber hinaus entfällt der hemmende Effekt von Calcitriol auf die PTH-Synthese. Langfristig erhöhte PTH-Spiegel führen am Knochen zu charakteristischen morphologischen Veränderungen (renale Osteopathie, da Ursache v.a. renal bedingt).
Ein sekundärer Hyperparathyreoidismus kann auch durch die eingeschränkte Hydroxylierung von Vitamin D3 bedingt sein, wie sie als Folge einer Leberfunktionsstörung (z.B. bei Leberinsuffizienz) auftreten kann. Zur Aktivierung von Vitamin D muss eine Hydroxylierung durch die in der Leber exprimierte 25-Hydroxylase erfolgen. Diese ist bei der Leberinsuffizienz vermindert.
Tertiärer Hyperparathyreoidismus
Selten kommt es auf dem Boden eines sekundären Hyperparathyreoidismus zur Entkopplung der Parathormon-Sekretion vom Blutcalciumspiegel. Diese Form wird als tertiärer Hyperparathyreoidismus bezeichnet.
Quartärer Hyperparathyreoidismus
Als quartärer Hyperparathyreoidismus wird ein sekundärer Hyperparathyreoidismus auf dem Boden einer Nierenschädigung, die ihrerseits durch einen primären Hyperparathyreoidismus zustande kam, bezeichnet. Der Regelkreis ist an der Niere aufgetrennt.
Darüber hinaus kann ein quartärer Hyperparathyreoidismus aus einem Hungry-Bone-Syndrom nach Parathyreoidektomie resultieren. In der gleichen Situation kann allerdings auch ein schlafendes Nebenschilddrüsenadenom bestehen, woraus mitunter differentialdiagnostische Probleme erwachsen.[1]
Quintärer Hyperparathyreoidismus
Bei dem sehr seltenen quintären Hyperparathyreoidismus handelt es sich um die Entkoppelung der Parathormonsekretion aus einem oder mehreren verbliebenen Epithelkörperchen nach einem langjährigen quartären Hyperparathyreoidismus, wobei der Regelkreis auf Seiten der Nebenschilddrüsen aufgetrennt ist. Auch hier ist die Möglichkeit eines schlafenden Nebenschilddrüsenadenoms zu bedenken[1].
Pseudohyperparathyreoidismus
Der Pseudohyperparathyreoidismus tritt als paraneoplastisches Syndrom auf. Dabei werden dem Parathormon ähnlich aufgebaute Peptide wie das Parathormon-verwandte Peptid (PTHrP) von neoplastischen Zellen produziert.
Therapie
Die Therapie richtet sich nach der Form des Hyperparathyreoidismus. Ein primärer, tertiärer und quintärer Hyperparathyreoidismus erfordern in der Regel ein operatives Vorgehen. Die kurze Halbwertszeit des Parathormon von 2 bis 5 Minuten ermöglicht es, während der Operation die vollständige und ausreichende Entfernung der Nebenschilddrüsen festzustellen. Beim sekundären und quartären Hyperparathyreoidismus steht zunächst die Behandlung der Grundkrankheit im Vordergrund (s. jeweilige Einzelartikel).
Literatur
- ↑ 1,0 1,1 Yavuz S, Simonds WF, Weinstein LS, Collins MT, Kebebew E, Nilubol N, Phan GQ, Libutti SK, Remaley AT, Van Deventer M, Marx SJ. Sleeping parathyroid tumor: rapid hyperfunction after removal of the dominant tumor. J Clin Endocrinol Metab. 2012 Jun;97(6):1834-41. doi: 10.1210/jc.2011-3030. Epub 2012 Apr 16. PMID 22508712