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Primärer Hyperparathyreoidismus

Synonym: pHPT
Englisch: primary hyperparathyroidism

1. Definition

Der primäre Hyperparathyreoidismus ist ein Form des Hyperparathyreoidismus, die auf einer primären Überfunktion der Nebenschilddrüsen beruht.

2. Ätiologie

Es gibt drei bekannte Gründe für einen primären Hyperparathyreoidismus:

Der primäre Hyperparathyreoidismus ist eine sporadisch auftretende Erkrankung, eine Minderheit der Fälle beruht auf einem MEN. Die Inzidenz liegt etwa bei einer Neuerkrankung auf 1.000 Einwohner. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.

In seltenen Fällen treten auch familiäre Häufungen auf. Hier liegen bestimmte Genmutationen zugrunde, welche die Entwicklung von Nebenschilddrüsenneoplasien begünstigen (z.B. CDC73-Mutation bei FIHP).

3. Pathogenese

Die Rückkopplung des ionisierten Blutkalziums auf die Produktion von Parathormon ist bei Vorliegen eines primären Hyperparathyreoidismus aufgehoben. Überschüssig produziertes Parathormon mobilisiert u.a. Kalzium aus dem Knochen und steigert dessen Resorption aus dem Darm. Eine Hyperkalzämie mit erhöhten Parathormonspiegeln entsteht.

4. Klinik

Seit der routinemäßigen Bestimmung des Serumkalziums sind fortgeschrittene Fälle eines primären Hyperparathyreoidismus selten. Daher entsprechen die klinischen Befunde von betroffenen Patienten in den seltensten Fällen dem Vollbild der im Folgenden beschriebenen Symptomatik. Dennoch ist eine Kenntnis der möglichen Veränderungen zur sicheren Diagnosestellung höchst nützlich.

4.1. Allgemein

Eine erhöhte Kalziumkonzentration im Blut fällt oft bei labormedizinischen Routineuntersuchungen auf. Bei näherem Hinterfragen kann anamnestisch oft eine Polyurie und Polydipsie festgestellt werden. Ein Teil der Patienten klagt über Muskelschwäche, Müdigkeit und Depressionen.

Der klassische Merkspruch für die klinische Symptomatik lautet "Stein-, Bein- und Magenpein". Der primäre Hyperparathyreoidismus verursacht charakteristische Beschwerden an den Knochen (Entkalkung), Nieren (Steine) und im Gastrointestinaltrakt.

4.2. Skelettsystem

Parathormon aktiviert Osteoklasten und Osteoblasten. Ein beschleunigter Knochenumbau führt zur Osteopenie. Patienten schildern Schmerzen des Bewegungsapparates. Im Röntgenbild können subperiostal lokalisierte Resorptionszonen erkannt werden. Typische Lokalisationen sind:

Die Finger können weiterhin auch Akroosteolysen aufweisen. In fortgeschrittenen Fällen entwickelt sich eine ausgeprägte Osteoporose, verbunden mit multiplen Zysten und (in Spätstadien) Knochendeformitäten. Der Schädel erscheint als sogenannter Pfeffer-Salz-Schädel.

Durch Einblutung in Bereichen des bindegewebig umgebauten Knochens entwickeln sich sogenannte "braune Tumore" (Osteodystrophia fibrosa cystica generalisata). In den Weichteilen und im Bereich des Gelenkknorpels (sowie in den Arterien) können Verkalkungen entstehen. Diese Chondrokalzinose sowie die bandförmigen Sklerosierungen im Bereich der Wirbelkörper ("rugger jersey spine") finden sich jedoch eher bei einem sekundären Hyperparathyreoidismus.

4.3. Nieren

Die Rückresorptionskapazität für Kalzium wird überschritten. Patienten mit primärem Hyperparathyreoidismus neigen daher zur Ausbildung von Nierensteinen. Schwere Fälle können bis zur Nephrokalzinose fortschreiten.

4.4. Gastrointestinaltrakt

Umstritten und pathophysiologisch nicht vollständig gesichert ist ein häufigeres Auftreten einer Pankreatitis, Gallensteinen, und Ulcera ventriculi bzw. duodeni.

5. Diagnose

5.1. Labor

Wegweisend ist die Kombination aus erhöhtem Kalzium und Parathormon. Ergänzend kann durch den erhöhten Knochenumsatz eine Erhöhung der alkalischen Phosphatase nachweisbar sein.

5.2. Adenomlokalisation

Die Abklärung der Ursache erfolgt in der Regel mit einer Sonographie des Halses. Dabei können Adenome lokalisiert werden. Eine Szintigraphie kann weitere Klarheit verschaffen.

5.3. Skelettveränderungen

Röntgenbilder von Fingerknochen, Schädel, Rippen und Becken vermitteln einen Eindruck von der Beteiligung des Skelettsystems.

5.4. Beteiligung der Nieren

Die Nieren werden sonographisch auf das Vorliegen von Nierensteinen bzw. einer Nephrokalzinose untersucht.

6. Therapie

Die Therapie des primären Hyperparathyreoidismus ist operativ. Das genaue Vorgehen der Parathyroidektomie richtet sich nach der jeweils vorliegenden Ursache. Ziel ist immer die vollständige Entfernung des autonomen hormonproduzierenden Gewebes.

Nach Freilegung möglichst aller 4 Nebenschilddrüsen ist bei Vergrößerung einer Nebenschilddrüse das Vorliegen eines Adenoms anzunehmen. Dessen Entfernung unter Belassen der restlichen Drüsen reicht dann in der Regel aus.

Bei Vergrößerung aller 4 Nebenschilddrüsen ist eine Hyperplasie anzunehmen. In diesem Fall sollten 3 Nebenschilddrüsen komplett und die letzte bis auf einen kleinen Rest entfernt werden. Zur besseren Zugänglichkeit bei erneuten Eingriffen kann die verbleibende Nebenschilddrüse in den Oberarm transplantiert werden.

Bei einem Nebenschilddrüsenkarzinom ist zusätzlich zu der Entfernung der betroffenen Nebenschilddrüsen eine Mitnahme der gleichseitigen Schilddrüse im Sinne einer Resektion im Gesunden üblich.

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