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Ehlers-Danlos-Syndrom

nach den Dermatologen Edvard Ehlers (1863-1937) und Henry Alexandré Danlos (1844-1912)
Englisch: Ehlers-Danlos syndrome

1. Definition

Unter dem Ehler-Danlos-Syndrom, kurz EDS, versteht man eine heterogene Gruppe von Bindegewebsstörungen, die z.B. durch Hypermobilität der Gelenke, eine überdehnbare Haut und instabile Gewebe gekennzeichnet sind.

2. Epidemiologie

Beim Ehlers-Danlos-Syndrom handelt es sich um eine seltene Erkrankung. Man schätzt die Häufigkeit auf 1:5.000 bis 1:10.000 ein. Das Ehler-Danlos-Syndrom tritt bei beiden Geschlechtern in etwa gleich häufig auf.

3. Ätiopathogenese

Die Erkrankung beruht auf verschiedenen genetischen Defekten, die sich u.a. auf die Kollagensynthese auswirken. Nach der EDS-Klassifikation von 2017 werden 13 klinisch, genetisch und molekularbiologisch unterschiedliche Formen unterschieden (siehe unten).[1] Die Subtypen cEDS, cIEDS und cvEDS machen mehr als 80 % aller Fälle aus. Nur wenige Familien sind von den Subtypen vEDS, aEDS, dEDS und kEDS (früher Typ IV bis VII) betroffen. In Einzelfällen kommt es zum Auftreten der anderen Subtypen.

Bei den verschiedenen Formen des Ehlers-Danlos-Syndroms konnten Defekte verschiedener Gene nachgewiesen werden. Betroffen sind Gene, die für Faserproteine kodieren (z.B. COL1A1, COL1A2 und TNXB), oder Enzym-kodierende Gene (z.B. ADAMTS2 und PLOD1). Mutationen dieser Gene verändern die Synthese und Verarbeitung des Kollagens oder von Proteinen, die mit Kollagen interagieren. Sie führen so zu klinisch relevanten Strukturveränderungen.

Der Vererbungsmodus hängt vom genauen Typ des EDS ab. Die meisten Formen werden autosomal-dominant vererbt, d.h. nur eins der Allele muss verändert sein, um die Krankheit zum Ausbruch zu bringen. Einige Formen werden jedoch auch autosomal-rezessiv vererbt. Hier müssen beide Allele verändert sein, damit ein EDS in Erscheinung tritt.

4. Einteilung

4.1. EDS-Klassifikation von 2017

2017 wurden die Diagnosekriterien des Ehlers-Danlos-Syndroms umfassend überarbeitet und 13 Subtypen definiert. Die EDS-Klassifikation ersetzt die veraltete Villefranche-Klassifikation (s.u.).[1] Folgende Subtypen werden unterschieden:

Subtyp Synonyme Erbgang Protein (Gen)
Klassisches EDS cEDS, früher Typ I autosomal-dominant Kollagen V (COL5A1), seltener Kollagen I ( COL1A1)
Classical-like EDS clEDS, früher Typ II autosomal-rezessiv Tenascin X (TNXB)
Kardiovalvuläres EDS cvEDS autosomal-rezessiv Kollagen I (COL1A2)
Vaskuläres EDS vEDS, früher Typ IV autosomal-dominant Kollagen III (COL3A1), seltener Kollagen I (COL1A1)
Hypermobiles EDS hEDS, früher Typ III autosomal-dominant unbekannt
Arthrochalasisches EDS aEDS, früher Typ VII A/B autosomal-dominant Kollagen I (COL1A1, COL1A2)
Dermatosparaktisches EDS dEDS, früher Typ VII C autosomal-rezessiv P1NP (ADAMTS2)
Kyphoskoliotisches EDS kEDS, früher Typ VI autosomal-rezessiv PLOD1 (PLOD1), FKBP22 (FKBP14)
Brittle-Cornea-Syndrom BCS autosomal-rezessiv Zinkfingerprotein 469 (ZNF469), PRDM5 (PRDM5)
Spondylodysplastisches EDS spEDS autosomal-rezessiv β1,4-Galactosyltransferase 6 (B4GALT6), β1,4-Galactosyltransferase7 (B4GALT7), ZIP13 (SLC39A13)
Muskulokontrakturelles EDS mcEDS autosomal-rezessiv Dermatan-4O-Sulfotransferase-1 (CHST14), Dermatansulfat-Epimerase (DSE)
Myopathisches EDS mEDS autosomal-rezessiv oder -dominant Kollagen XII (COL12A1)
Parodontales EDS pEDS autosomal-dominant C1s (C1S) und C1r (C1R)

4.2. Villefranche-Klassifikation von 1997

Die klassische Villefranche-Klassifikation ist nicht mehr aktuell, wird teilweise aber noch verwendet. Sie unterscheidet 6 Haupttypen des EDS:[2]

  • Klassischer Typ (Typ I und II): Autosomal-dominant vererbliche Gendefekte von COL5A1 oder COL5A2. Charakteristisch sind die stark überdehnbare, leicht verletzbare Haut. Die Gelenke sind überbeweglich, aber nicht so ausgeprägt wie beim hypermobilen Typ. Der Bewegungsapparat fällt durch Muskelhypotonie und Subluxation auf. Es besteht Blutungsneigung.
  • Hypermobiler Typ (Typ III): Wird meist autosomal-dominant vererbt. Ursächlich ist in etwa 10 % der Fälle eine Mutation im TNXB-Gen. Die Haut ist nur gering beteiligt, es fällt aber eine ausgeprägte Hypermobilität der Gelenke auf. Daher haben viele Patienten aufgrund der unphysiologischen Beanspruchung der Gelenke chronische Schmerzen und Arthrosen. Neben der Hämatomneigung ist eine leicht verlängerte Blutungszeit auffällig.
  • Vaskulärer Typ (Typ IV): Gendefekt von COL3A1 mit autosomal-dominantem Erbgang, bei dem die Gefäßproblematik am stärksten ausgeprägt ist. Bei diesen Patienten kommen häufig lebensbedrohliche Komplikationen wie Organrupturen und Aneursymen vor.
  • Kyphoskoliotischer Typ (Typ VI): Gendefekt von PLOD1 mit Lysylhydroxylasemangel. Die Mutation wird autosomal-rezessiv vererbt. Schon bei Geburt bestehen eine starke Muskelhypotonie und eine progressive Skoliose. Die Gelenke sind hypermobil, die Haut ist brüchig und neigt zu atrophischen Narben. Am Auge kann eine Mikrokornea vorliegen.
  • Arthrochalasischer Typ (Typ VII A/B): Bei diesem Typ liegt eine Mutation auf dem Exon 6 von COL1A1 oder COL1A2 vor. Die Mutation ist autosomal-dominant vererblich und führt zu einer Störung des Prokollagens vom Typ I. Es besteht eine starke Hypermobillität der Gelenke mit häufigen Subluxationen. Kongenital liegt oft eine bilaterale Hüftluxation vor. Weiterhin fallen Muskelhypotonie und Kyphoskoliose auf. Die Haut zeigt atrophische Narben und Hautbrüchigkeit. Wie bei anderen Formen häufig Blutungsneigung.
  • Dermatosparaktischer Typ (Typ VII C): Diese autosomal-dominant vererbte Form beruht auf einem Gendefekt von ADAMTS2 mit konsekutivem Mangel an P1NP. Klinisch besteht eine starke Hautbrüchigkeit mit schlaffer und teigiger Haut. Hämatologisch kommt es zur Blutungsneigung. Die Patienten sind von kurzer Statur, ihre Augen haben eine blaue Sklera.

5. Klinik

Die bindegewebsreichen Strukturen von Haut, Blutgefäßen und Gelenken sind aufgrund der Störung der Kollagensynthese ungenügend ausgebildet, was zu einer fehlenden Festigkeit, einer Überdehnbarkeit des Bindegewebes und zu einem leichten Zerreißen der betroffenen Strukturen, insbesondere der Blutgefäße, führen kann. Auch Darmrupturen, Hernien, Verkrümmungen der Wirbelsäule und rezidivierende Pneumothoraces sind möglich.

5.1. Haut

Bei Patienten, die vom Ehlers-Danlos-Syndrom betroffen sind, kann die Haut am Hals, im Gesicht und an den Gelenken bis zu mehreren Zentimetern abgehoben werden und schnellt nach Loslassen wieder zurück, was auch als Cutis hyperelastica bezeichnet wird. Weiterhin kommt es zu einer verzögerten Wundheilung, wobei Wundränder auseinander klaffen und atrophische, minderwertige Narben entstehen. Die Ausbildung von hypertrophischen Narbenarealen, die über keinerlei Festigkeit verfügen, ist möglich.

5.2. Gelenke

An den Gelenken zeigt sich eine Überbeweglichkeit ohne Festigkeit. Die Gelenke können überstreckt werden und andere bizarre Bewegungen ausführen, was auch zu dem Begriff Schlangenmenschen geführt hat. Luxationen und Fehlstellungen sind häufig, gelegentlich auch im Bereich der Wirbelsäule (z.B. atlantoaxiale Subluxation).

5.3. Gefäße

Die leichte Zerreißbarkeit von Gefäßen manifestiert sich an kleineren Gefäßen durch Ekchymosen und an größeren Gefäßen durch ausgeprägte Blutungen, die vor allem durch Schwangerschaft und Geburt sowie sportliche Betätigung und Traumen ausgelöst werden.

6. Diagnostik

Die Diagnose wird meist klinisch gestellt, wobei die positive Familienanamnese wegweisend ist. Als weitere diagnostische Maßnahmen kommen in Betracht:

Die Differenzierung in die verschiedenen EDS-Typen erfolgt molekularbiologisch mittels DNA-Amplifikation und anschließender Sequenzanalyse der DNA mit Nachweis von Mutationen der relevanten Gene.

7. Therapie

Aktuell (2024) existiert keine kausale Therapie. Die Behandlung ist daher rein symptomatisch und präventiv. Den betroffenen Patienten wird empfohlen, auf ausgeprägte Belastungen der Gelenke zu verzichten. Da die Wundheilung gestört ist, kommt der Prävention von Traumata eine wichtige Rolle zu. Ebenso sind Operationsindikationen zurückhaltend zu stellen. Schwangerschaften können das Blutungsrisiko erhöhen. Patienten sollten daher eine ausführliche Beratung in Anspruch nehmen und über die Risiken aufgeklärt werden.

8. Prognose

Es handelt sich um eine chronische Erkrankung, die progredient verläuft. Die Lebensqualität der betroffenen Patienten ist häufig eingeschränkt.

9. Weblinks

10. Einzelnachweis

  1. 1,0 1,1 Malfait et al. The 2017 international classification of the Ehlers–Danlos syndromes American Journal of Medical Genetics, 2017
  2. Beighton et al.: "Ehlers-Danlos syndromes: Revised nosology, Villefranche, 1997" American Journal of Medical Genetics, 1999.

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