Klassisches Ehlers-Danlos-Syndrom
Synonym: EDS Typ I und II (obsolet)
Englisch: classical Ehlers-Danlos syndrome, cEDS
Definition
Das klassische Ehlers-Danlos-Syndrom, kurz cEDS, ist eine der häufigsten Unterformen des Ehlers-Danlos-Syndroms. Sie manifestiert sich vornehmlich an der Haut und am Bewegungsapparat. Meist liegt eine Störung des Kollagen V zugrunde.
Hintergrund
Allgemein handelt es sich beim Ehlers-Danlos-Syndrom um eine Gruppe von Erkrankungen des Bindegewebes, die durch eine übermäßige Dehnbarkeit der Haut, der Gelenke und damit verbundene Komplikationen gekennzeichnet sind.
In der mittlerweile obsoleten Villefranche-Klassifikation des EDS wurde der klassische Typ in eine schwere (Typ I, gravis) und eine leichtere (Typ II, mitis) Verlaufsform unterteilt.[1][2]
Ätiologie
Ursache des klassischen Ehlers-Danlos-Syndroms sind autosomal-dominant vererbte Gendefekte für Prokollagenpeptide. In den meisten Fällen ist die Erkrankung auf Defektmutationen in den Genen COL5A1 (Typ 1) oder COL5A2 (Typ 2) zurückzuführen, die für die Peptide des Kollagen V kodieren. Seltener ist eine Substitutionsmutation im COL1A1-Gen (p.Arg312Cys) ursächlich.[3][4]
Klinik
Klinische Symptome liegen oft bereits bei Geburt vor oder treten in der Kindheit auf. Betroffen ist vor allem die Haut und der Bewegungsapparat. Mögliche Symptome sind u.a.:
- stark elastische, überdehnbare, "teigige" und leicht verletzliche Haut
- Hauterschlaffung (Dermatochalasis), insbesondere Blepharochalasis
- Epikanthusfalten
- bei Hautverletzungen Wundheilungsstörungen mit Bildung von atrophem Narbengewebe, das optisch an Zigarettenpapier erinnert
- gelegentlich noduläre Hautveränderungen (molluskoide Pseudotumoren, subkutane Sphäroide)
- überstreckbare Gelenke (weniger ausgeprägt als beim hypermobilen EDS), häufig Luxationen oder Subluxationen (oft in Ellbogen-, Knie-, Kiefergelenk) sowie Gelenkschmerzen und Gelenkinstabilität mit Gelenkschwellungen
- allgemeine Muskelhypotonie, teils Neigung zu Muskelkrämpfen
Durch Muskelhypotonie und Gelenkhypermobilität kommt es bei Kindern mit cEDS teils zu einer verzögerten Entwicklung der Motorik. Häufige (Sub-)Luxationen können im Verlauf der Erkrankung außerdem zu sekundären Gelenkschäden führen.
Die weiteren Symptome können variieren. Möglich sind:
- Fatigue
- vaskuläre hämorrhagische Diathese
- Leisten- oder Nabelhernien
- Mitralprolaps
- Anal-, Rektum oder Uterusprolaps
- gelegentlich Aortenektasie oder -aneurysma, Rupturen sind im Vergleich zu anderen EDS-Formen eher selten
Bei Austragen von Schwangerschaften sind sowohl kindliche (Frühgeburtlichkeit durch Zervixinsuffizienz) als auch mütterliche Komplikationen (Geburtsverletzungen, Uterus-/Blasenprolaps nach Geburt) möglich.
Diagnostik
Zu den klinischen Diagnosekriterien gehören eine Überdehnbarkeit der Haut und typische Narbenbildung sowie entweder eine Hypermobilität der Gelenke, oder das Vorliegen von mindestens 3 der folgenden Zeichen:[2]
- Hämatomneigung
- leicht verwundbare Haut
- weiche, teigige Haut
- molluskoide Pseudotumoren
- subkutane Sphäroide
- Hernien
- Epikanthusfalten
- Komplikationen durch Gelenkhypermobilität
- positive Familienanamnese
Die Gelenkhypermobilität wird mit dem Score nach Beighton und Wolf objektiviert. Zum Nachweise einer vaskulären hämorrhagischen Diathese kann ein Rumpel-Leede-Test durchgeführt werden.
Die definitive Diagnosestellung erfolgt durch molekulargenetische Verfahren, z.B. durch PCR-Amplifikation mit nachfolgender Sequenzierung der betreffenden Gene sowie durch MLPA zur Feststellung einer Deletion.[5]
Ergänzend ist eine Hautbiopsie mit anschließender elektronenmikroskopischer Untersuchung der Kollagenstruktur möglich.
Therapie
Die Therapie ist supportiv und präventiv ausgerichtet. Eine Heilung ist zur Zeit (2024) nicht möglich. Sinnvolle Maßnahmen sind:
- Vermeidung von Traumata und Überdehnung
- Nähen von offenen Wunden zur Unterstützung der Wundheilung
- Physiotherapie bei motorischer Entwicklungsverzögerung oder Muskelhypotonie
- Analgesie bei Gelenkschmerzen
- regelmäßige sonografische Untersuchung zur Diagnose einer Mitralklappendysfunktion oder Erweiterung der Aorta
- engmaschige Überwachung im Falle einer Schwangerschaft
Darüber hinaus ist eine humangenetische Beratung sinnvoll.
Leitlinie
- S2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Ehlers-Danlos-Syndrome der Deutschen Gesellschaft für Humangenetik (Fertigstellung für 2025 geplant)
Literatur
- omim.org – EHLERS-DANLOS SYNDROME, CLASSIC TYPE, 1; EDSCL1, abgerufen am 29.04.2024
- omim.org – EHLERS-DANLOS SYNDROME, CLASSIC TYPE, 2; EDSCL2, abgerufen am 29.04.2024
Quellen
- ↑ Beighton et al.: "Ehlers-Danlos syndromes: Revised nosology, Villefranche, 1997" American Journal of Medical Genetics, 1999.
- ↑ 2,0 2,1 Malfait et al.: "The 2017 international classification of the Ehlers–Danlos syndromes" American Journal of Medical Genetics, 2017.
- ↑ 3,0 3,1 Orphanet – Classical Ehlers-Danlos syndrome, abgerufen am 26.04.2024
- ↑ Schaaf und Zschocke. Basiswissen Humangenetik. Kapitel 20.2.1 Ehlers-Danlos-Syndrom, S. 267ff.. 3. Auflage. Springer Verlag. 2018.
- ↑ Internetauftritt der Labormedizin des MVZ Dr. Eberhard und Partner Dortmund: "Ehlers-Danlos-Syndrom, klassisches". Aufgerufen am 23.04.2024