Zervixinsuffizienz
Englisch: cervical insufficiency
Definition
Bei einer Zervixinsuffizienz kommt es während der Schwangerschaft zur wiederkehrenden schmerzlosen Erweiterung des Gebärmutterhalses (Cervix uteri) im 2. Trimester ohne Wehentätigkeit. Es liegt eine Verkürzung des Gebärmutterhalses auf weniger als 2,5 cm bei gleichzeitiger Eröffnung und Erweichung des Muttermundes vor. Unbemerkt kann die Zervixinsuffizienz zu einem Verlust der Schwangerschaft führen.
Ätiologie
Es wird eine multifaktorielle Genese vermutet, die Infektionen sowie immunologische und mechanische Ursachen umfasst. Aufsteigende Infektionen mit beta-hämolysierenden Streptokokken, Chlamydien, Ureaplasmen, Gardnerellen oder anderen Keimen spielen dabei - bedingt durch die mit der Infektion verbundene Ausschüttung von Entzündungsmediatoren (z.B. Prostaglandinen) - eine wichtige Rolle.
Die reine isthmozervikale Insuffizienz ist heute (2022) selten. Sie wurde früher vor allem nach Schwangerschaftsabbrüchen beobachtet. Durch die mechanische Traumatisierung der Zervix kam es zur Schädigung des zervikalen Verschlussmechanismus. Die Möglichkeit zum frühzeitigen medikamentösen Schwangerschaftsabbruch sowie die Anwendung von Prostaglandinen zur Dilatation der Zervix haben dazu beigetragen, dass die isthmozervikale Insuffizienz kaum noch beobachtet wird.
Pathophysiologie
Auslösend ist ein erhöhter intrauteriner Druck (IUP), der auf eine strukturell geschwächte Zervix trifft. Es kommt zu einer verfrühten Dissoziation der zervikalen Kollagenstruktur. In der Folge ist die Zervix dem erhöhten Druck nicht mehr gewachsen und weitet sich auf.
Risikofaktoren
Es erhöhtes Risiko besteht nach vorangegangenen operativen Eingriffen wie einer Konisation sowie nach mechanischer Zervixdilatation im Rahmen gynäkologischer Eingriffe. Auch eine Verletzung der Cervix uteri in vorangegangenen Schwangerschaften sowie angeborene Uterusanomalien können eine Zervixinsuffizienz nach sich ziehen.
Ein weiterer Risikofaktor sind Mehrlingsschwangerschaften.
Symptomatik
Patientinnen mit Zervixinsuffizienz in der aktuellen Schwangerschaft sind meist asymptomatisch. Es können milde Symptome bestehen, wie z. B:
- Druck im Becken bzw. in der Vagina.
- menstruationsähnliche Krämpfe und/oder Rückenschmerzen
- Veränderungen des vaginalen Ausflusses.
Die Symptome beginnen in der Regel zwischen der 14. und 20. SSW.
Komplikationen
Die Zervixinsuffizienz kann zum Verlust des Fetus (Fehlgeburt) oder zu einer sehr unreifen Frühgeburt führen.
Diagnostik
Die Diagnose der Zervixinsuffizienz wird aufgrund einer typischen geburtshilflichen Anamnese in Kombination mit transvaginaler Ultraschallmessung der Zervixlänge gestellt. Eine sonographische Zervixlänge von ≤ 25 mm vor der 34+0 SSW gilt als verkürzt. Die alleinige körperliche Untersuchung mit Inspektion und Palpation ist nur für die Diagnose einer Zervixinsuffizienz bei Patientinnen mit fortgeschrittener Zervixdilatation ausreichend.
Wehen sollten durch eine Tokodynamometrie ausgeschlossen werden.
Therapie
Cerclage
Bei Frauen mit Zustand nach Frühgeburt und Verkürzung der Zervixlänge auf weniger als 25 mm vor der 24+0 SSW wird versucht, die insuffiziente Zervix durch eine Cerclage zu stabilisieren. Eine prophylaktische oder elektive Cerclage bei Vorliegen von Risikofaktoren oder bei Cerclage in einer vorausgegangenen Schwangerschaft ist nicht generell indiziert. Eine Notfall-Cerclage kann in geeigneten Fällen zu einer wertvollen Schwangerschaftsverlängerung führen.
Nicht-chirurgische Maßnahmen
Zu nicht-chirurgischen Maßnahmen gehören v.a. die Bettruhe. Sie kommt bei fortgeschrittenen Zervixveränderungen zum Einsatz, ggf. in Kombination mit der Gabe von Antibiotika und Indometacin. Des Weiteren ist die Verwendung von Pessaren möglich, welche die Achse des Zervikalkanals relativ zur Vaginalachse verändern.
Quellen
- Sk2 Leitlinie "Prävention und Therapie der Frühgeburt" von 2020
- ACOG Practice Bulletin No.142: Cerclage for the management of cervical insufficiency.
- Die Geburtshilfe, Schneider, 2016
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