Vaskuläres Ehlers-Danlos-Syndrom
Synonym: vEDS, EDS Typ IV (obsolet)
Englisch: vascular Ehlers-Danlos syndrome
Definition
Das vaskuläre Ehlers-Danlos-Syndrom, kurz vEDS, ist eine Unterform des Ehlers-Danlos-Syndroms, die sich vornehmlich an inneren Organen manifestiert und durch Defektmutationen im Gen für Kollagen III verursacht wird.
Epidemiologie
Ätiologie
Ursache der Erkrankung sind autosomal-dominant oder -rezessiv vererbbare Defekte in Genen für Prokollagenpeptide. Ein großer Anteil der Fälle entfällt auf de-novo-Mutationen.[3]
Der überwiegende Teil der Erkrankungen ist auf Defektmutationen im COL3A1-Gen zurückzuführen, das für die α1-Peptidketten des Kollagen III codiert.[4] Meist liegen Substitutionsmutationen mit Ersatz eines Glycins vor.[2]
Klinik
Das vEDS unterscheidet sich phänotypisch relativ stark von anderen Ehlers-Danlos-Subtypen. Betroffen sind neben der Haut vornehmlich innere Organe, insbesondere das Gefäßsystem, weswegen die Erkrankung zu schwerwiegenden Komplikationen führen kann. Möglich sind:[1][2]
- Gefäßkomplikationen
- Aneurysmata von Aorta oder großen Arterien
- Gefäßrupturen oder Dissektionen (mit oder ohne vorangegangenes Aneurysma)
- arteriovenöse Fistelbildung, z.B. Carotis-Sinus-cavernosus-Fistel
- Varikosis
- vaskuläre hämorrhagische Diathese mit Hauteinblutungen oder Petechien
- Organrupturen
- spontane Darmperforationen, insb. im Colon sigmoideum
- spontane Milz- oder Leberrupturen
- Uterusruptur in der Schwangerschaft
- Spontanpneumothorax
- Hauterscheinungen
- blasse, verletzliche Haut mit durchscheinenden Venen, insbesondere im Brust- und Bauchbereich
- bei Hautverletzungen Wundheilungsstörungen
- vorzeitige Hautalterung an den Händen (Akrogerie)
- Haarausfall
- Mitralprolaps
- spontane Myokardrupturen mit Hämatoperikard
- typische Facies (eingefallene Wangen, hervortretende Augen, schmale Lippen)
Eine Hyperelastizität der Haut, wie sie bei anderen EDS-Formen beobachtet wird, findet sich beim vEDS nicht. Die Gelenküberstreckbarkeit ist nur geringgradig ausgeprägt.[4]
Diagnostik
Bei der klinischen Untersuchung kann eine vaskuläre hämorrhagische Diathese mithilfe des Rumple-Leede-Tests nachgewiesen werden.
Die Diagnosestellung erfolgt molekulargenetisch, z.B. durch PCR-Amplifikation und nachfolgende Sequenzierung des COL3A1-Gen. Ferner ist eine MLPA, eine Variante der Multiplex-PCR, zur Erfassung von Gendeletionen sinnvoll.[5]
Therapie
Therapeutische oder präventive Maßnahmen mit zufriedenstellender Wirkung sind derzeit (2024) nicht verfügbar. Allgemeine Maßnahmen sind:
- regelmäßige Überwachung auf Organkomplikationen mittels Sonografie bzw. Echokardiografie
- strenge Blutdruckoptimierung
- Meiden von Sportarten mit isometrischer Muskelkontraktion oder Verletzungsrisiko
- humangenetische Beratung
Antikoagulantien, Thrombozytenaggregationshemmer und arterielle Gefäßpunktionen sind bei vEDS kontraindiziert. Die Indikation für chirurgische Verfahren aller Art ist ebenfalls zurückhaltend zu stellen, da hierbei die Gefahr von Organrupturen und Wundheilungsstörungen besteht. Falls gefäßchirurgische Eingriffe dennoch notwendig sein sollten, sind endovaskuläre Verfahren zu bevorzugen, da sie komplikationsärmer sind.[2]
In einigen kleinen Studien konnte eine geringgradig gefäßprotektive Wirkung des β1-Rezeptorantagonisten Celiprolol gezeigt werden.[6][7]
Prognose
Das vEDS ist der Ehlers-Danlos-Subtyp mit der schlechteste Prognose. Die mediane Lebenserwartung wird mit ca. 50 Jahren angegeben (mit hoher Spannweite).[2][4] Häufigste Todesursachen sind dabei Gefäßdissektionen und -rupturen.
Es besteht hinsichtlich der Prognose keine stringente Genotyp-Phänotyp-Korrelation. Innerhalb einer Familie mit derselben Genmutationen sind sehr unterschiedliche Überlebensdauern und Altersangaben für erste Organkomplikationen beschrieben worden.[1]
Leitlinie
- aktuell noch in Arbeit: S2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Ehlers-Danlos-Syndrome der Deutschen Gesellschaft für Humangenetik (Fertigstellung für 2025 geplant)
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Frank, Michael: "Ehlers-Danlos-Syndrom, vaskulärer Typ" auf OrphaNet, 2020.
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 Beridze und Frishman. Vascular Ehlers-Danlos syndrome: pathophysiology, diagnosis, and prevention and treatment of its complications. Cardiology in Review, 2012.
- ↑ Legrand et al., Frequency of de novo variants and parental mosaicism in vascular Ehlers-Danlos syndrome, Genet Med., 2019
- ↑ 4,0 4,1 4,2 Schaaf und Zschocke. Basiswissen Humangenetik. Kapitel 20.2.1 Ehlers-Danlos-Syndrom, S. 267ff.. 3. Auflage. Springer Verlag. 2018.
- ↑ Internetauftritt der Gemeinschaftspraxis für Humangenetik und Genetische Labore Peters/Kleie/Preusse, Hamburg. Analysenspektrum Molekulargenetik - Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS), vaskulär (COL3A1). Aufgerufen am 23.04.2024.
- ↑ Ong et al.: "Effect of celiprolol on prevention of cardiovascular events in vascular Ehlers-Danlos syndrome: a prospective randomised, open, blinded-endpoints trial" Lancet, 2010.
- ↑ Baderkhan et al: "Celiprolol Treatment in Patients with Vascular Ehlers-Danlos Syndrome" European Journal of Vascular & Endovascular Surgery, 2021.
um diese Funktion zu nutzen.