Wirbelkörperfraktur
Synonym: Wirbelbruch
Definition
Wirbelkörperfrakturen sind Brüche (Frakturen) der Wirbelkörper.
Ursachen
Da es sich bei gesunden Wirbelkörpern um sehr kompakte, stabile Knochen handelt, ist eine starke Gewalteinwirkung notwendig, um eine Fraktur herbeizuführen. Durch Osteoporose, Tumorerkrankungen oder rheumatische Erkrankungen in der Knochenstruktur geschwächte Wirbelkörper können bereits durch geringe Kräfte frakturieren.
Symptome
- Schmerzen
- Schwellung
- paravertebrale Hämatome
- Stufen und Unterbrechungen der Dornfortsätze
Bei Frakturen, die das Rückenmark in Mitleidenschaft ziehen, kann es zu Lähmungen und Parästhesien, sowie einer Harn- und Stuhlinkontinenz kommen.
Diagnostik
Klassifikation
Wirbelkörperfrakturen können nach unterschiedlichen Kriterien eingeteilt werden.
... nach dem Drei-Säulen-Modell von Denis
Zur näheren Beschreibung der an einer Fraktur beteiligten Strukturen, wird die Wirbelsäule nach Denis in drei Säulen unterteilt:
- Ventrale Säule: anteriores Längsband (Ligamentum longitudinale anterius) und die vorderen zwei Drittel der Wirbelkörper und Bandscheiben
- Mittlere Säule: hintere Drittel der Wirbelkörper und Bandscheiben und das posteriore Längsband (Ligamentum longitudinale posterius)
- Dorsale Säule: Wirbelbögen und -fortsätze sowie dorsaler Bandapparat (Ligamentum supraspinale, Ligamenta interspinalia, Ligamenta flava)
Liegt ausschließlich eine Verletzung der ventralen Säule vor, wird diese als stabile Fraktur eingeteilt. Ein gesteigertes Instabilitätsrisiko besteht bei Verletzungen der mittleren oder dorsalen Säule. Verletzungen unter Beteiligung von mindestens zwei Säulen werden als instabile Frakturen eingestuft.
... nach der AO-Klassifikation
Die AO-Klassifikation der Wirbelsäule ist ein weiteres System zur Beschreibung der Lokalisation und Beschaffenheit von Frakturen, das im klinischen Alltag Anwendung findet. Sie teilt die Wirbelkörperfrakturen in drei Grundtypen mit weiteren Subtypen ein:
- Typ A: Kompressionsfrakturen
- Nicht-tragende Kompressionsverletzung des Wirbelkörpers (ohne Beteiligung der Hinterkante)
- A0: Kleinere nicht-tragende Frakturen (Querfortsatzfrakturen)
- A1: Impaktionsbrüche (Keilfrakturen)
- A2: Spaltungsbrüche
- Berstungsfrakturen (mit Beteiligung der Wirbelkörperhinterkante)
- A3: Unvollständige Berstungsfraktur
- A4: Vollständige Berstungsfraktur
- Nicht-tragende Kompressionsverletzung des Wirbelkörpers (ohne Beteiligung der Hinterkante)
- Typ B: Distraktionsverletzungen
- B1: Transossäre Spaltungsfraktur (Chance-Fraktur)
- B2: Zerreißung des dorsalen Längsbands und inkompletter Berstungsbruch
- B3: Extensionsverletzungen mit Destruktion der Bandscheibe, mit Zerreißung des vorderen Längsbands
- Typ C: Dislokationsverletzung mit Translation und Beteiligung aller drei Säulen
Therapie
Wirbelkörperfrakturen mit neurologischen Ausfällen müssen sofort operativ stabilisiert werden, wobei ein Dekompression der eingeengten Rückenmarks- und Nervenstrukturen durchgeführt wird.
Bei Wirbelkörperfrakturen ohne neurologische Einschränkung entscheidet der Grad der Instabilität, ob eine konservative oder operative Behandlung erfolgen sollte. Mitverletzungen von Bandscheiben, Kapseln oder des Bandapparat sind wichtige Kriterien.
Osteoporotische Kompressionsfrakturen können in der Regel über einen kleinen Hautschnitt unter Verwendung eines Systems der Wirbelkörperaufrichtung mit anschließender Auffüllung des Defektes durch einen speziellen Knochenzement stabilisiert werden (Kyphoplastie).
Operative Maßnahmen sind u.a.:
- Spondylodese, bei der zwei oder mehr Wirbelkörper zum Beispiel durch ein Fixateur interne versteift werden
- Ventrale Stabilisierung, z.B. mit einem Cage (füllt den Platz im Zwischenwirbelraum)
- Kyphoplastie: Hier wird der Wirbelkörper mittels eines expandierbaren Ballons aufgerichtet und stabilisiert.
Setzt die Therapie rasch ein, sind die Heilungschancen der Wirbelköperfraktur und ihrer Begleiterscheinungen gut.
Prävention
- Tragen von speziellen Protektoren bei Sportarten mit erhöhter Verletzungsgefahr
Quellen
- AWMF online – Verletungen der thorakolumbalen Wirbelsäule. DGU-Leitlinie. 2018
- Rheinhold et al. AO spine injury classification system: a revision proposal for the thoracic and lubar spine. European Spine Journal 22:2184-2201. 2013
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