Ponatinib
Handelsname: Iclusig®
Synonym: AP24534
Englisch: ponatinib
Definition
Ponatinib ist ein antineoplastischer Arzneistoff aus der Gruppe der Tyrosinkinasehemmer, der bei chronischer myeloischer Leukämie (CML) eingesetzt wird. Er gehört zur Subgruppe der BCR-ABL-Inhibitoren.
Chemie
Ponatinib hat die Summenformel C29H27F3N6O. Das Molekulargewicht beträgt 533,22 g/mol.
Wirkmechanismus
Ponatinib richtet sich gegen das Genprodukt des BCR-ABL-Fusionsgens auf dem Philadelphia-Chromosom. Dabei handelt es sich um eine konstitutiv aktivierte Tyrosinkinase, die zur unkontrollierten und massiven Proliferation der Tumorzellen führt. Ponatinib hemmt das Enzym und führt so zum Abbruch der von ihm ausgelösten Signalkaskade. Dadurch kommt es zur Apoptose der Tumorzellen und zu einer Regression der Erkrankung.
Pharmakokinetik
Nach oraler Einnahme von Ponatinib wird die maximale Plasmakonzentration nach 4 Stunden erreicht. Fettreiche oder fettarme Mahlzeiten beeinflussen die Plasmakonzentration von Ponatinib nicht wesentlich. Der Wirkstoff wird im Blut zu über 99% an Plasmaproteine gebunden. Ponatinib wird durch Esterasen oder Amidasen verstoffwechselt und durch CYP3A4 zu einem N-Desmethyl-Metaboliten metabolisiert. Die Elimination des Wirkstoffs und seiner Metaboliten erfolgt in erster Linie über die Leber. Bei Gabe von 14C-markiertem Ponatinib finden sich über 87% der radioaktiven Dosis in den Fäzes, nur etwa 5% im Urin wieder. Die geschätzte Eliminationshalbwertszeit von Ponatinib beträgt rund 22 Stunden.[1]
Dosisanpassung
Bei der Gabe von Ponatinib an Patienten mit Leberfunktionsstörungen ist Vorsicht geboten. Bei einem deutlichen Anstieg der Transaminasen (> Faktor 3) kann eine Therapieunterbrechung mit anschließender Dosisreduktion oder ein Absetzen notwendig sein. Über den Einsatz von Ponatinib in Dosen über 30 mg bei Patienten mit einer Leberfunktionsstörung (Child-Pugh-Klassen A, B und C) liegen keine Untersuchungen vor.
Aufgrund der geringen renalen Ausscheidung ist bei leichten Nierenfunktionsstörungen keine Veränderung der systemischen Exposition gegenüber Ponatinib zu erwarten. Vorsicht ist geboten bei der Anwendung von Ponatinib bei Patienten mit einer geschätzten Kreatinin-Clearance von < 50 ml/min oder einem terminalen Nierenversagen
Indikation
- chronische myeloische Leukämie (CML) in der chronischen Phase, akzelerierten Phase oder Blastenkrise - bei Behandlungsresistenz oder Unverträglichkeit gegenüber Dasatinib bzw. Nilotinib, bei mangelnder Eignung von Imatinib oder bei Vorliegen einer T315I-Mutation
- Philadelphia-Chromosom-positive akute Lymphoblastenleukämie (Ph+ ALL) - bei Behandlungsresistenz oder Unverträglichkeit gegenüber Dasatinib, bei mangelnder Eignung von Imatinib oder bei Vorliegen einer T315I-Mutation
Darreichungsform
- Filmtabletten á 15, 30 und 45 mg Ponatinib
Dosierung
Die empfohlene Startdosis beträgt 45 mg Ponatinib oral einmal täglich.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
Wichtige mögliche Nebenwirkungen von Ponatinib sind Myelosuppression, Arterienverschlüsse, venöse Thromboembolien, Hypertonie, kongestive Herzinsuffizienz, Pankreatitis, Blutungen, Hepatitis-B-Reaktivierungen sowie das posteriore reversible Enzephalopathiesyndrom (PRES).
Folgende Nebenwirkungen traten unter Ponatinib sehr häufig (≥1/10) oder häufig (≥1/100, <1/10) auf:
- Infektionen: obere Atemwegsinfektion, Pneumonie, Sepsis, Follikulitis, Zellulitis
- Blutbildendes System: Anämie, Thrombozytopenie, Neutropenie, febrile Neutropenie, Leukopenie, Lymphopenie, Panzytopenie
- Stoffwechsel: Inappetenz, Dehydratation, Flüssigkeitsretention, Hypokalzämie, Hyperglykämie, Hyperurikämie, Hypophosphatämie, Hypertriglyceridämie, Hypokaliämie, Hyponatriämie
- Endokrines System: Hypothyreose
- Nervensystem: Kopfschmerzen, Schwindel, Schlaflosigkeit, Zerebrovaskuläre Ereignisse, transitorische ischämische Attacke (TIA), Hirninfarkt, periphere Neuropathie, Lethargie, Migräne, Hyperästhesie, Hypästhesie, Parästhesie
- Herz: Herzinsuffizienz, Myokardinfarkt, kardiale Stauungsinsuffizienz, koronare Herzkrankheit, Angina pectoris, akutes Koronarsyndrom, Perikarderguss, Vorhofflimmern, verminderte Ejektionsfraktion, Vorhofflattern
- Blutgefäße: Hypertonie, PAVK, periphere Ischämie, periphere Arterienstenose, Claudicatio intermittens, tiefe Venenthrombose, Flush
- Atemwege: Dyspnoe, Husten, Lungenembolie, Pleuraerguss, Epistaxis, Dysphonie, pulmonale Hypertonie
- Gastrointestinaltrakt: Erbrechen, Übelkeit, Diarrhö, Abdominalschmerzen, Obstipation, Pankreatitis, GERD, Stomatitis, Dyspepsie, Meteorismus, Mundtrockenheit, Magenblutung
- Haut: Alopezie, Pruritus, Exanthem, exfoliatives Exanthem, Erythem, Hyperhidrose, Petechien, Ekchymosen, exfoliative Dermatitis, Hyperkeratosen, Hyperpigmentierung
- Bewegungsapparat: Knochenschmerzen, Arthralgie, Myalgie, Gliederschmerzen, Rückenschmerzen, Muskelspasmen, Nackenschmerzen, Brustmuskelschmerzen
- Geschlechtsorgane: Erektile Dysfunktion
- Auge: Verschwommensehen, trockenes Auge, periorbitales Ödem, Lidödem, Konjunktivitis, Sehverschlechterung
- Allgemein: Gewichtsverlust, Nachtschweiß, Hitzewallungen, Abgeschlagenheit, Asthenie, peripheres Ödem, Fieber, Schmerzen, Schüttelfrost, grippaler Infekt
- Laborwertveränderungen: Amylase ↑, Lipase ↑, ALT ↑, AST ↑, Bilirubin ↑, alkalische Phosphatase ↑, gamma-GT ↑
Wechselwirkungen
Ponatinib wird über CYP3A4 metabolisiert. Die gleichzeitige Gabe mittelstarker und starker CYP3A4-Inhibitoren (z.B. Clarithromycin, Ritonavir, Telithromycin, Ketoconazol, Grapefruitsaft u.v.a.) und -Induktoren (z.B. Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin, Rifampicin und Johanniskraut u.v.a.) kann den Plasmaspiegel von Ponatinib signifikant erhöhen bzw. vermindern.
Ponatinib ist ein Inhibitor von P-Glykoprotein (P-gp) und Breast Cancer Resistance Protein (BCRP). Daher kann Ponatinib die Plasmakonzentrationen von gleichzeitig angewendeten Substraten von P-gp (z.B. Digoxin, Dabigatran, Colchicin, Pravastatin) oder BCRP (z.B. Methotrexat, Rosuvastatin, Sulfasalazin) erhöhen und somit ihre therapeutischen Wirkungen und Nebenwirkungen verstärken. Die gemeinsame Gabe von Ponatinib mit diesen Substanzen erfordert eine engmaschige klinische Überwachung.
Die gleichzeitige Anwendung von Ponatinib und Gerinnungshemmern bei Patienten, die ein erhöhtes Risiko für Blutungen aufweisen, muss vorsichtig erfolgen.
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff
- Schwangerschaft und Stillzeit
Zulassung
Ponatinib wurde 2012 von der FDA und 2013 der EMA zur Behandlung von Patienten mit chronischer myeloischer Leukämie (CML) oder BCR-ABL-positiver akuter lymphatischer Leukämie (ALL) zugelassen. Hersteller ist das Pharmaunternehmen Ariad Pharmaceuticals.
Zusatznutzen
Die Bewertung des Zusatznutzens von Ponatinib für die Indikationen CML und Ph+ AML wurde vom G-BA auf der Grundlage der vom IQWiG gesichteten Daten wie folgt festgelegt:[2]
- Nicht quantifizierbarer Zusatznutzen
Kosten
Die Jahrestherapiekosten von Ponatinib betragen rund 85.000 €.[2]
Quellen
- ↑ Fachinformation Ponatinib
- ↑ 2,0 2,1 Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL): Anlage XII - Beschlüsse über die Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen nach § 35a SGB V – Ponatinib vom 23. Januar 2014, BAnz AT 27.02.2014 B2, abgerufen am 1.11.2018
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